Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
ich
Und seine Stücken werf ich in die Lüfte.
Es war kein Sterblicher, der dir erschienen,
Zeus selbst, der Donnergott, hat dich besucht.
Alkmene: Wer?
Jupiter: Jupiter.
Alkmene: Wer, Rasender, sagst du?
Jupiter: Er, Jupiter, sag ich.
Alkmene: Er, Jupiter?
Du wagst, Elender –?
Jupiter: Jupiter sagt ich,
Und wiederhols. Kein anderer, als er,
Ist in verfloßner Nacht erschienen dir.
Alkmene: Du zeihst, du wagst es, die Olympischen
Des Frevels, Gottvergeßner, der verübt ward?
Jupiter: Ich zeihe Frevels die Olympischen?
Laß solch ein Wort nicht, Unbesonnene,
Aus deinem Mund mich wieder hören.
Alkmene: Ich solch ein Wort nicht mehr –? Nicht Frevel wärs –?
Jupiter: Schweig, sag ich, ich befehls.
Alkmene: Verlorner Mensch!
Jupiter: Wenn du empfindlich für den Ruhm nicht bist,
Zu den Unsterblichen die Staffel zu ersteigen,
Bin ichs: und du vergönnst mir, es zu sein.
Wenn du Kallisto nicht, die herrliche,
Europa auch und Leda nicht beneidest,
Wohlan, ich sags, ich neide Tyndarus,
Und wünsche Söhne mir, wie Tyndariden.
Alkmene: Ob ich Kallisto auch beneid? Europa?
Die Frauen, die verherrlichten, in Hellas?
Die hohen Auserwählten Jupiters?
Bewohnerinnen ewgen Ätherreichs?
Jupiter: Gewiß! Was solltest du sie auch beneiden?
Du, die gesättigt völlig von dem Ruhm,
Den einen Sterblichen zu Füßen dir zu sehn.
Alkmene: Was das für unerhörte Reden sind!
Darf ich auch den Gedanken nur mir gönnen?
Würd ich vor solchem Glanze nicht versinken?
Würd ich, wär ers gewesen, noch das Leben
In diesem warmen Busen freudig fühlen?
Ich, solcher Gnad Unwürdg’? Ich, Sünderin?
Jupiter: Ob du der Gande wert, ob nicht, kömmt nicht
Zu prüfen dir zu. Du wirst über dich,
Wie er dich würdiget, ergehen lassen.
Du unternimmst, Kurzsichtge, ihn zu meistern,
Ihn, der der Menschen Herzen kennt?
Alkmene: Gut, gut, Amphitryon. Ich verstehe dich,
Und deine Großmut rührt mich bis zu Tränen,
Du hast dies Wort, ich weiß es, hingeworfen,
Mich zu zerstreun – doch meine Seele kehrt
Zu ihrem Schmerzgedanken wiederum zurück.
Geh du, mein lieber Liebling, geh, mein Alles,
Und find ein andres Weib dir, und sei glücklich,
Und laß des Lebens Tage mich durchweinen,
Daß ich dich nicht beglücken darf.
Jupiter: Mein teures Weib! Wie rührst du mich?
Sieh doch den Stein, den du in Händen hälst.
Alkmene: Ihr Himmlischen, schützt mich vor Wahn!
Jupiter: Ists nicht sein Nam? Und wars nicht gestern meiner?
Ist hier nicht Wunder alles, was sich zeigt?
Hielt ich nicht heut dies Diadem noch in
Versiegeltem Behältnis eingeschlossen?
Und da ichs öffne, dir den Schmuck zu reichen,
Find ich die leere Spur nicht in der Wolle?
Seh ichs nicht glänzend an der Brust dir schon?
Alkmene: So solls die Seele denken? Jupiter?
Der Götter ewger, und der Menschen, Vater?
Jupiter: Wer könnte dir die augenblickliche
Goldwaage der Empfindung so betrügen?
Wer so die Seele dir, die weibliche,
Die so vielgliedrig fühlend um sich greift,
So wie das Glockenspiel der Brust umgehn,
Das von dem Atem lispelnd schon erklingt?
Alkmene: Er selber! Er!
Jupiter: Nur die Allmächtgen mögen
So dreist, wie dieser Fremdling, dich besuchen,
Und solcher Nebenbuhler triumphier ich!
Gern mag ich sehn, wenn die Allwissenden
Den Weg zu deinem Herzen finden, gern,
Wenn die Allgegenwärtigen dir nahn:
Und müssen nicht sie selber noch, Geliebte,
Amphitryon sein, und seine Züge stehlen,
Wenn deine Seele sie empfangen soll?
Alkmene: Nun ja. Sie küßt ihn.
Jupiter: Du Himmlische.
Alkmene: Wie glücklich bin ich!
Und o wie gern, wie gern noch bin ich glücklich!
Wie gern will ich den Schmerz empfunden haben,
Den Jupiter mir zugefügt,
Bleibt mir nur alles freundlich wie es war.
Jupiter: Soll ich dir sagen, was ich denke?
Alkmene: Nun?
Jupiter: Und was, wenn Offenbarung uns nicht wird,
So gar geneigt zu glauben ich mich fühle?
Alkmene: Nun? Und? du machst mir bang –
Jupiter: Wie, wenn du seinen
Unwillen – du erschrickst dich nicht, gereizt?
Alkmene: Ihn? Ich? gereizt?
Jupiter: Ist er dier wohl vorhanden?
Nimmst du die Welt, sein großes Werk, wohl wahr?
Siehst du ihn in der Abendröte Schimmer,
Wenn sie durch schweigende Gebüsche fällt?
Hörst du ihn beim Gesäusel der Gewässer,
Und bei dem Schlag der üppgen Nachtigall?
Verkündet nicht umsonst der Berg ihn dir
Getürmt gen Himmel, nicht umsonst ihn
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