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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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vereinigte auf ewig die Lippen, auf denen alle Erdenworte erloschen, die Herzen, die mit der schweren Wonne kämpften, die verwandten Seelen, die wie zwei hohe Flammen ineinanderschlugen….
    – Begehrt kein Landschaftstück der blühenden Welten von mir, über welche sie in jenem Augenblicke hinzogen, den kaum die Empfindung, geschweige die Sprache fasset. Ich könnte ebensogut einen Schattenriß, von der Sonne geben. – Nach jenem Augenblicke suchte Beata, deren Körper schon unter einer großen Träne wie ein Blümchen unter einem Gewittertropfen umsank, sich aufs Grab zu setzen; sie bog ihn sanft mit der einen Hand von sich, indem sie ihm die andre ließ. Hier schloß er seine weite Seele auf und sagte ihr alles, seine Geschichte und seinen Traum und seine Kämpfe. Nie war ein Mensch aufrichtiger in der Stunde seines Glücks als er; nie war die Liebe blöder nach der Minute der Umarmung als hier. Bei Beaten schwamm, wie allemal, das Freudenöl dünn auf dem Tränenwasser; ein vor ihr stehendes Leiden sah sie mit trocknen festen Blicken an, aber kein erinnertes und keine vor ihr stehende Freude. Sie hatte jetzo kaum den Mut zu reden, kaum den Mut, sich zu erinnern, kaum den Mut, entzückt zu sein. Zu ihm hob sie das scheue Auge nur hinauf, wenn der Mond, der über eine durchbrochne Treppe von Wolken stieg, hinter einem weißen Wölkchen verschattet stand. Aber als eine dickere Wolke den Mond-Torso begrub: so endigten beide den schönsten Tag ihres Lebens, und unter ihrer Trennung fühlten sie, daß es für sie keine andre gebe. –
    Im einsamen Zimmer konnte Beata nicht denken, nicht empfinden, nicht sich erinnern; sie erfuhr, was Freudentränen sind; sie ließ sie strömen, und als sie sie endlich stillen wollte, konnte sie nicht, und als der Schlaf kam, ihre Augen zu verschließen, lagen sie schon unter himmlischen Tropfen bedeckt. – –
    Ihr unschuldigen Seelen, zu euch kann ich besser wie zu Verstorbnen sagen: schlaft sanft! Gemeiniglich gefallen uns, nämlich mir und dem Leser, die Bravour- und Force-Rollen der Romanen-Liebhaber schlecht, weil entweder die eine Person nicht würdig ist, solche Lichtwolkenbrüche der Freude zu genießen, oder die andere, sie zu veranlassen; hier aber haben wir beide gegen nichts etwas…. Wollte nur der Himmel, ihr Liebenden, euer lahmer Lebensbeschreiber könnte seine Feder zu einem Blanchards-Flügel machen und euch damit aus den Grubenzimmerungen und Grubenwettern des Hofes in irgendeine freie Pappelinsel tragen, sie sei im Süd- oder im Mittelmeer! – Da ichs nicht kann, so denk’ ich mirs doch; und sooft ich nach Auenthal oder Scheerau gehe, so zeichne ich mir es aus, wie viel ich euch schenkte, wenn ihr in jenem Pappel- und Rosental, das ich in Wasser gefasset hätte, ohne den deutschen Winter, unter ewigen Blüten, ohne die Schneide-Gesichter der moralischen Febrikanten, ohne ein gefährlicheres Murmeln als das der Bäche, ohne festere Verstrickungen als die in verwachsenen Blumen und ohne den Einfluß härterer Sterne als der friedlichen am Himmel, in schuldloser Wonne und Ruhe Atem holen dürftet – nicht zwar immerfort, aber doch die paar Blumenmonate eurer ersten Liebe hindurch.
    Das ist aber unmenschlich schwer, und ich bin am wenigsten der Mann dazu. Ein solches Glück ist schwer zu steigern und eben darum schwer zu halten. Werde lieber hier ein Wort vom Glücke eines schreibseligen Kränklings vorzubringen erlaubt, der doch auch eines haben will und der eben der Beschreiber der vorigen Seligkeit selber ist, ich meine nämlich ein Wort von meiner kranken Persönlichkeit. Vom Kuhstall bin ich wieder herauf und von der Lungensucht glücklich genesen; nur der Schlagfluß setzet mir seitdem mit Symptomen zu und will mich erschlagen wie einen Maulwurf, gerade indem ich, wie letzter seinen Hügel, so den babylonischen Turm meines gelehrten Ruhms aufwerfe. Zum Glück geb’ ich mich gerade mit Hallers großer und kleiner Physiologie ab und mit Nikolais materia medica und mit allem Medizinischen, was ich geborgt bekomme, und kann also mit meinen medizinischen Kenntnissen auf den Schlagfluß ein tüchtiges Kartätschenfeuer geben. Das Feuer mach’ ich an meinen Füßen, indem ich das lange Bein in einen großen Pelzstiefel wie eine Vorhölle setze, und das zusammengegangne in ein Pelz-Schnürstiefelchen: ich habe die ältesten Mond-Doktores und Pestilenziarien auf meiner Seite, wenn ich mir einbilde, daß ich gleich einem Demokraten durch diese Stiefel – und

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