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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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gibt einen gewissen stechenden Blick, der weiche Empfindungen (wie der Sonnenblick das Alpen-Tierchen Sure) zersetzt und umbringt; die schönste Liebe schlägt ihre Blumenblätter zusammen vor dem Gegenstande selber; wie sollte sie den sengenden Hofblick ausdauern?
    Mit Einsicht ergreift hier der Lebensbeschreiber diese Gelegenheit, die Ehen der Großen mit zwei Worten zu loben; denn er kann sie mit den unschuldigen Blumen vergleichen. Wie Florens bunte Kinder bedecken Große ihre Liebe mit nichts – wie sie gatten sie sich, ohne sich zu kennen oder zu lieben – wie Blumen sorgen sie für ihre Kinder nicht – sondern brüten ihre Nachkommen mit der Teilnahme aus, womit es ein Brütofen in Ägypten tut. Ihre Liebe ist sogar eine dem Fenster angefrorne Blume, die in der Wärme zerrinnt. Unter allen chemischen und physiologischen Vereinigungen hat also bloß eine unter Großen das Gute, daß die Personen, die miteinander aufbrausen und Ringe wechseln, eine entsetzliche Kälte verbreiten: so findet man die nämliche Merkwürdigkeit und Kälte bloß bei der Vereinigung des mineralischen Laugensalzes und der Salpetersäure, und Herr de Morveau sagt aus Einfalt, es fall’ auf. – –
    Da Beata sich so sehr sehnte, ihren und meinen Helden zu sehen: so – ging sie, um ihren Wunsch zu verfehlen, einige Tage nach Maußenbach zu ihrer Mutter. Ich will ihr Schirmvogt sein und für sie reden. Sie tat es, weil sie ihm niemals anders aufstoßen wollte als von ungefähr; bei der Residentin aber wärs’ allemal mit Absicht gewesen. Sie tat es, weil sie sich gern selber kränkte und wie Sokrates den Becher der Freude erst weggoß, eh’ sie ihn ansetzte. Sie tat es, weswegen es selten eine täte – um ihrer Mutter um den Hals zu fallen und ihr alles zu sagen. Endlich tat sie es auch, um zu Hause das Porträt Gustavs, das der Alte versteigert hatte, aufzusuchen.
    Ich erfuhr alles schon am Tage ihrer Rückreise, da ich in Maußenbach als eine ganze adlige Rota anlangte, um eine arme Wirtin weniger zu bestrafen als zu befragen, weil sie – wie man in der Pariser Oper für wichtige Rollen die Spieler doppelt und dreifach in Bereitschaft hält – die erhebliche Rolle ihres Ehemannes anstatt mit einem Double sogar mit zwölf Leuten aus der Gegend vorsichtig besetzt hatte, damit fortgespielet würde, sooft er selber nicht da wäre. Und hier war es, wo ich abnehmen konnte, wie wenig mein Herr Gerichtprinzipal zum Ehebruch geneigt sei, sondern vielmehr zur Tugend; er war ordentlich froh, daß das ganze Flöz von eingepfarrten Ehebrechern gerade vor seinem Ufer vorbeikam und daß er das Werkzeug wurde, womit die Gerechtigkeit diese geheime Gesellschaft heimsuchte und auswichste. Daher suchte er in der Wirtin wie in Jöchers Gelehrten-Lexikon mit Lust nach den Namen wichtiger Autoren , und sie war seinem tugendhaften Ohr ein Homer, der die verwundeten Helden sämtlich bei Namen absingt; daher schenkte er ihr aus Mitleiden, weil sie gar nichts hatte, seine Geldstrafe ganz; aber die ehebrechende Union und Truppe wurde unter die Stampfmühle und in die Kelter gebracht, oder ihr Saugwerke und Pumpenstiefel angelegt. –
    Also in Maußenbach beim Auspressen des ehebrechenden Personale erzählte mir die Gerichtprinzipalin, was ihr die Tochter erzählet – um mich zu bitten, daß ich als voriger Mentor des Liebhabers das Paar auseinanderlenken sollte, weil ihr Mann die Liebe nicht litte. Ich konnte ihr nicht sagen, daß ich über der Biographie vom Paare und ihrer eignen wäre und daß die Liebe das Heftpflaster und der Tischlerleim sei, der die ganze Lebensbeschreibung und das Paar verkittete, und ohne welchen mein ganzes Buch in Stücken zerfiele, daß ich also die Jenaer Rezensenten beleidigen würde, wenn ich ihm seine Liebe nehmen wollte. – Aber so viel konnt’ ich ihr wohl sagen, es sei unmöglich, denn die Liebe eines solchen Paars sei feuerfest und wasserdicht. Ich kam ihr mit meinem Gefühl ein wenig einfältig vor; denn sie dachte an ihre eigne Erfahrung. Ich fügte verschlagnerweise hinzu: »das Falkenbergische Haus hebe sich seit einigen Jahren und tue hübsche Kapitalien aus.« Sie antwortete mir bloß darauf: »zum Glück erfahr’ es ihr Mann nie« (denn eine Menge Geheimnisse sagte sie allen Menschen, aber nicht ihrem Manne) – »denn der habe ihrer Beata schon eine ganz andre Partie zugedacht.« Mehr konnt’ ich nicht erforschen.
    – Aber eine hübsche Suppe wird da für den Helden nicht bloß, sondern auch für den

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