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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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blendenden und roten Vogelhäuschen betrieb eine flinke Frau gerade ihre wohlriechende Feldbäckerei; und zwei Kinderhemdchen hingen am Gartenzaun, und zwei standen an der Haustür, in welchen letzten zwei braune Kinder spielten und uns beobachteten – ihnen tat am heutigen Morgen nichts wohl als ihren entblößten Füßen die Sonne. O Natur! o Seligkeit! du suchest wie die Wohltätigkeit gern die Armut und das Verborgne auf!
    Das Klügste, was ich heute gesagt habe und vermutlich sagen werde, ist gewiß die Gras-Rede am Morgen neben dem Häuschen. Als ich so den stehenden Himmel, die Wind- und Blätterstille betrachtete, in der der steilrechte Flügel des Schmetterlings und das Härchen der Raupe unverbogen blieb: so sagt’ ich: »Wir und dieses Räupchen stehen unter und in drei allmächtigen Meeren, unter dem Luftmeer, unter dem Wassermeer und unter dem elektrischen Meere; gleichwohl sind die brausenden Wogen dieser Ozeane, diese Meilen-Wellen, die ein Land zerreißen können, so geglättet, so bezähmet, daß der heutige Sabbat-Tag herauskommt, wo den breiten Flügel des Schmetterlings kein Lüftchen ergreift oder um ein gefiedertes Stäubchen berupft und wo das Kind so ruhig zwischen den Elementen-Leviathans tändelt und lächelt. – Wenn dies kein unendlicher Genius bezwungen hat, wenn wir diesem Genius keine Zusammenordnung unsers künftigen Schicksals und unserer künftigen Welt zutrauen –«…
    O unendlicher Genius der Erde! an deinen Busen wollen wir unsre kindlichen Augen schmiegen, wenn sich der Sturm von der Kette losreißet – – an dein allmächtiges heißes Herz wollen wir zurücksinken, wenn uns der eiserne Tod einschläfert, indem er vorbeigeht! –
    So wandelten wir unschuldig-zufrieden, ohne Hastigkeit und Heftigkeit den Wellen zu, die an Fenks Landhaus spülten. Sonderbar ists, es gibt Tage, wo wir freiwillig unser stilles fort-vibrierendes Vergnügen von den äußern Gegenständen uns zureichen lassen (wodurch wir ungewöhnlich gegen echten Stoizismus verstoßen); – noch sonderbarer ists, daß manche Tage dieses wirklich tun. – – Ich meine das: ein gewisses leises wellen-glattes Zufriedensein – nicht verdient durch Tugend, nicht erkämpft durch Nachdenken – wird uns zuweilen von dem Tage, von der Stunde beschert, wo alle die jämmerlichen Kleinigkeiten und Fransen, woraus unser ebenso kleinliches als kleines Leben zusammengenäht ist, mit unsern Pulsen einstimmen und unserem Blute nicht entgegenfließen – z. B. wo (wie heute geschah) der Himmel unbewölkt, der Wind im Schlaf, der Fährmann, der nach Teidor bringt, bei der Hand, der Herr des Landhauses, Doktor Fenk, schon vor einer Stunde gegenwärtig, das Wasser eben, das Boot trocken, der Anlandung-Hafen tief und alles recht ist…. Wahrhaftig wir sind alle auf einen so närrischen Fuß gesetzt, daß es zu den Menschenfreuden , worüber der Zerbster Konsistorialrat Sintenis zwei Bändchen abgefasset, mit gerechnet werden kann – in Deutschland; aber in Italien und Polen weit weniger –, zuweilen einen oder den andern Floh zu greifen…… Will man also einen solchen paradiesischen Tag erleben: so muß nicht einmal eine Kleinigkeit, über die man in stoisch-energischen Stunden wegschreitet, im Wege liegen; so wie sich über die Sonne, wenn ein Brennspiegel sie herunterholen will, nicht das dünnste Wölkchen schieben darf…. Ich bin jetzt im Feuer und versichere, ich kann mir unmöglich etwas Närrischeres denken als unser Leben, unsere Erde, uns Menschen und unsre Bemerkung dieser Narrheit….
    Der indische Ozean war ein lärmender Marktplatz wie ein sinesischer Strom, überall bewegte sich auf ihm Freude, Leben und Glanz, von seiner Oberfläche bis zu seinem Grunde, wo die zweite Halbkugel des Himmels mit ihrer Sonne zitterte. Im Landhause waren die Wände weiß, weil für einen Menschen (sagte Fenk), welcher aus der in lauter Feuer und Lichtern stehenden Natur in eine enge Klause tritt, kein Kolorit dieser Klause hell genug sein könne, um einen traurigen beschränkten Eindruck abzuwenden.
    Alsdann ruhten wir aus, indem wir von einer beschatteten Grasbank der Insel zur andern gingen, von Birkenblättern und indischen Wellen angefächelt – dann musizierten – dann dinierten wir, erstlich am Tische eines Wirtes, der auf eine lustige Art fein und delikat zu sein weiß, zweitens vor den in alle Weltgegenden aufgeschlossenen Fenstern, die uns noch mehr in alle Strudel der freudigen Natur hineindrehten, als wären

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