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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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daß Engel um den bedrohten Menschen mitten in ihren Freuden wachen, wie die Mutter unter ihren Freuden und Geschäften ihre Kinder hütet. O! ihr unbekannten Unsterblichen! schließet euch ein einziger Himmel ein? – Dauert euch nie der wehrlose Erdensohn? – Solltet ihr größere Tränen abzutrocknen haben als unsre? – Ach, wenn der Schöpfer seine Liebe so in euch wie in uns gelegt hat, so sinkt ihr gewiß auf diese Erde und tröstet das umstürmte Herz unter dem Monde, fliegt um die gedrückte Seele, deckt eure Hand auf die versiegende Wunde und denkt an die armen Menschen!
    Und wenn hienieden ein Geist geht, der euch einmal gleichen wird, könnt ihr euren Bruder vergessen? – Engel der Freude! sei mit meinem und deinem Freunde , wenn die Sonne kommt, und laß Ihn schöne fromme Morgen angrünen! Sei mit Ihm, wenn sie höher geht und wenn Ihn die Arbeit drückt! – O nimm den entfernten Seufzer einer Freundin und kühle damit Seinen! Sei mit Ihm, wenn die Sonne weicht, und richte Sein Auge auf den im weißen Trauergewand aufsteigenden Mond und auf den weiten Himmel, worin der Mond und du gehen! –
    Engel der Tränen und der Geduld! Du, der du öfter um den Menschen bist! Ach, vergesse mein Herz und mein Auge und laß sie bluten – sie tun es doch gern –; aber stille, wie der Tod, das Herz und das Auge meines Freundes und zeig ihnen auf der Erde nichts als den Himmel jenseits der Erde. – Ach, Engel der Tränen und der Geduld! Du kennst das Auge und das Herz, das sich für Ihn ergießet, du wirst Seine Seele vor sie bringen, wie man Blumen in den Sommerregen stellet! Aber tu es nicht, wenn es Ihn zu traurig macht! O Engel der Geduld! ich liebe dich, ich kenne dich! ich werde in deinen Armen sterben!
    Engel der Freundschaft! – vielleicht bist du der vorige Engel?…. ach!…. Dein himmlischer Flügel hülle Sein Herz ein und wärm’ es schöner, als die Menschen können – ach, du würdest auf einer andern Erde und ich auf dieser weinen, wenn an einem kalten Herzen Sein heißes, wie am gefrierenden Eisen die warme Hand, anklebte und blutig abrisse!…. O bedeck Ihn; aber wenn du es nicht kannst, so sag mir Seinen Jammer nicht!
    O ihr immer Glücklichen in andern Welten! euch stirbt nichts, ihr verliert nichts und habt alles! – Was ihr liebt, drückt ihr an eine ewige Brust, was ihr habt, haltet ihr in ewigen Händen. – Könnt ihrs denn fühlen in euren glänzenden Höhen droben, in eurem ewigen Seelenbunde, daß die Menschen hienieden getrennt werden, daß wir einander nur aus Särgen, eh’ sie untersinken, die Hände reichen, ach, daß der Tod nicht das einzige, nicht das Schmerzhafteste ist, was Menschen scheidet? – Eh’ er uns auseinandernimmt, so drängt sich noch manche kältere Hand herein und spaltet Seele von Seele – – dann fließet ja auch das Auge, und das Herz fällt klagend zu, ebensogut als hätte der Tod zertrennt, wie in der völligen Sonnenfinsternis so gut wie in der längern Nacht der Tau sinkt, die Nachtigall klagt, die Blume zuquillt!
    – Alles Gute, alles Schöne, alles, was den Menschen beglückt und erhebt, sei mit meinem Freunde; und alle meine Wünsche vereinigt mein stilles Gebet.
     
     
    *
     
    Ich tue sie alle mit, nicht bloß für Gustav, sondern für jeden Guten, den ich kenne, und für die andern auch.«
    *     *
    Ob es gleich schon eilf Uhr nachts ist: so muß ich dem Leser doch etwas Melancholisch-Schönes melden, das eben vorüberzog. Ein singendes Wesen schwebte durch unser Tal, aber von Blättern und Dämmerung verdeckt, weil der Mond noch nicht auf war. Es sang schöner, als ich noch hörte:
– – Niemand, nirgends, nie.
– – Die Träne, die fällt.
– – Der Engel, der leuchtet.
– – Es schweigt.
– – Es leidet.
– – Es hofft.
– – Ich und Du!
    Offenbar fehlet jeder Zeile die Hälfte, und jeder Antwort die Frage. Es fiel mir schon einige Male ein, daß der Genius, der unsern Freund unter der Erde erzog, ihm beim Abschiede Fragen und Dissonanzen dagelassen, deren Antworten und Auflösungen er mitgenommen; ich denk’, ich hab’ es dem Leser auch gesagt. Ich wollte, Gustav wäre da. Aber ich habe nicht den Mut, mir die Freude auszudenken, daß auch der Genius sich in unsre Freuden-Girlande zu Lilienbad eindränge! – Ich höre noch immer die gezognen Flötentöne aus diesem unbekannten Busen hinter den Blüten klagen; aber sie machen mich traurig. Hier liegen die ewig schlafenden Blumen, die ich heute auf dem Steige unsrer

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