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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Und als eine Welle in meinen Atem floß, so wollt’ in ihr meine Seele dahingegeben in ewige Ruhe auseinanderrinnen – weit gegen Westen erschütterte eine dunkle Kugel sich unter einem Gewitterguß und Sturm – von Osten her war auf meinen Boden ein Zodiakallicht wie ein Schatten hingeworfen….
    Ich wandte mich nach Osten, und ein ruhig-großer, in Tugend seliger, wie ein Mond aufgehender Engel lächelte mich an und fragte. »Kennst du mich? – Ich bin der Engel des Friedens und der Ruhe, und in deinem Sterben wirst du mich wiedersehen. Ich liebe und tröste euch Menschen und bin bei eurem großen Kummer. – Wenn er zu groß wird, wenn ihr euch auf dem harten Leben wundgelegen: so nehm’ ich die Seele mit ihren Wunden an mein Herz und trage sie aus eurer Kugel, die dort in Westen kämpft, und lege sie schlummernd auf die weiche Wolke des Todes nieder.«
    Ach! ich kenne einige schlafende Gestalten auf diesen Wolken!…
    »Alle diese Wolken ziehen mit ihren Schläfern nach Morgen – und sobald der große gute Gott aufgeht in der Gestalt der Sonne: so wachen sie alle auf und leben und jauchzen ewig.«
    O siehe! die Wolken gen Osten glühen höher und drängen sich in ein Glut-Meer zusammen – die steigende Sonne nahet sich – alle Schlummernden lächeln lebendiger aus dem seligen Traum dem Wachen entgegen –
    O ihr ewig geliebten kenntlichen Gestalten! wenn ich in eure großen himmeltrunknen Augen wieder werde schauen können….
    Ein Sonnenblitz schlug empor – Gott ruhte flammend vor der zweiten Welt – alle geschlossene Augen fuhren auf – –
    Ach! auch meine; nur die Erdensonne ging auf – ich klebte noch auf der streitenden Abend-Kugel – die kürzeste Nacht war über meinen Schlummer vorübergeeilet, als wäre sie die letzte des Lebens gewesen.
    Es sei! Aber heute richtet sich mein Geist auf mit seinen irdischen Kräften – ich erhebe meine Augen in die unendliche Welt über diesem Leben – mein an ein reineres Vaterland geknüpftes Erdenherz schlägt gegen deinen Sternenhimmel empor, Unendlicher, gegen das Sternenbild deiner grenzenlosen Gestalt, und ich werde groß und ewig durch deine Stimme in meinem edelsten Innern: du wirst nie vergehen. – –
    Und so wer mit mir sich einer Stunde erinnert, wo ihm der Engel des Friedens erschien und ihm teuere Seelen aus der irdischen Umarmung zog; ach, wer sich einer erinnert, wo er zu viel verlor – der bezwinge das Sehnen und sehe mit mir fest zu den Wolken auf und sage: Ruhet immerhin auf eurem Gewölke aus, ihr entrückten Geliebten! Ihr zählt die Jahrhunderte nicht, die zwischen eurem Abend und eurem Morgen verfließen, kein Stein liegt mehr auf eurem bedeckten Herzen als der Leichenstein, und dieser drücket nicht, und euer Ruhen störet nicht einmal ein Gedanke an uns….
    Tief im Menschen ruht etwas Unbezwingliches, das der Schmerz nur betäubt, nicht besiegt. – Darum dauert er ein Leben aus, wo der beste nur Laub statt Früchte trägt, darum wacht er fest die Nächte dieser westlichen Kugel hinaus, wo geliebte Menschen über die liebende Brust in ein weit entlegenes Leben wegziehen und dem jetzigen bloß das Nachtönen der Erinnerung hinterlassen, wie durch Islands schwarze Nächte Schwanen als Zugvögel mit den Tönen von Violinen fliegen – – Du aber, den die zwei schlafenden Gestalten geliebt und in dem sie mir ihren und meinen Freund zurückgelassen, du mein mit ewiger Hochachtung geliebter Christian Otto, bleibe hienieden bei mir!

HESPERUS ODER 45 HUNDPOSTTAGE

     
    Hesperus oder 45 Hundposttage ist Jean Pauls zweiter großer Roman, mit dem ihm 1795 der literarische Durchbruch gelang.
    Der Roman erzählt im Wesentlichen die Liebesgeschichte von Viktor und Klotilde, welche in verwirrende Nebenhandlungen verstrickt ist. Viktor, der junge Arzt und sogenannte ‚Held‘, begleitet seinen früheren Lehrer Emanuel über ein Jahr lang beim Sterben.
    Vor allem das weibliche Lesepublikum fand an dem lyrisch-empfindsamen Roman Gefallen. Das Werk zeichnet sich neben überschwänglichen Gefühlen vor allem auch durch Jean Pauls Enzyklopädistik aus; er zitiert darin Fachbegriffe aus den entlegensten Werken und Wissenschaften.

 

    Titelblatt des ersten Heftleins von 1795

Portrait des Dichters

Hesperus oder 45 Hundposttage
     
    Eine Lebensbeschreibung
     
    Motto
    Die Erde ist das Sackgäßchen in der großen Stadt Gottes – die dunkle Kammer voll umgekehrter und zusammengezogner Bilder aus einer schönern Welt – die Küste zur

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