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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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eingeimpften Wortgebüsches, keines Schaffens, nur des Impfens fähig und aus dem doppelten Amerika mehr neue Wörter als Waren abholend! –
    Das zweite, aber leichtere, was für diese dritte verbesserte Auflage des Hesperus geschehen, war natürlich, daß ich durch den ganzen Abendstern langsam hinging mit dem Jätemesser in der Hand und alles Genitiv- oder Es-Schmarotzer-Unkraut der Doppelwörter, wo ichs nur fand – und dies war leider schon auf dem Titelblatte der Hundposttage der Fall –, aufmerksam herausstach. Ich stand aber viel dabei aus; der alten Prozesse der überreichen Sprache mit sich selber haften zu viele auf ihren Gütern, und ich mußte daher manches eingenistete Es-Gesindel da lassen, wo es sich zu lange angesiedelt hatte und sich auf Zeugen und Ohren berief. Noch bis auf die Stunde dieser Vorrede wartet der Verfasser der Morgenblatt-Briefe über die Doppelwörter nicht etwan auf eine durchgreifende Prüfung (was wohl zu früh wäre), sondern vor allen Dingen auf eine umfassende Lesung derselben, welche freilich der zerteilende Archipelagus von auseinander liegenden Inselblättern so lange erschwert, als die Zeitschrift ihren Lesekreis noch nicht durchlaufen. Dann aber hoff’ ich vom Sprachforscher, wenn er sie vollständig im Hause vor seinem Richterstuhle hat, gründliche Widerlegung und Zustimmung.
    Endlich drittens wurde nach dem zweimaligen Verbessern von zwei Auflagen (denn die erste erhielt große Verbesserungen, und zwar vor ihrem Drucke) ein drittes vorgenommen, das gegen Härten, Dunkelheiten, Mißverstand und andere Überlängen und Überkürzen der Einkleidung loszugehen hatte.
    Aber Himmel, wie oft muß nicht ein Schreibmensch an sich bessern, der kaum über ein halbes Jahrhundert alt ist! Lebte er sich vollends in ein Methusalems-Jahrtausend hinein und schriebe dabei: der Methusalem bekäme so viele Bände von Verbesserungen nachzuschießen, daß das Werk selber ihnen nur als Vorwerk, Anhängsel oder Ergänzblatt beizugeben wäre.
    Seit mehren Jahren haßt der Verfasser in seinen ältern Werken einen Fehler in hohem Grade, den er bei Ernst Wagner, Fouqué und andern häufig wiederholt oder nachgeahmt angetroffen, nämlich den Fehler der eignen schriftstellerischen Austrommelsucht oder Vorsprecherei der Empfindungen, welche der Gegenstand haben und zeigen soll, aber nicht der Dichter. Z. B. »erhaben ruhig antwortete Dahore.« – Wozu erhaben beifügen, da es überflüssig, anmaßend und vorausnehmend ist, sobald die Antwort wirklich erhebt, oder, wenn sie es nicht tut, alles noch erbärmlicher ausfällt? Der Dichter, der auf diese Weise das Vor-Echo seiner Personen ist, nimmt sich einige neuere Trauerspieldichter wie Werner, Müllner u. a. zum Muster, welche für den Schauspieler bei jeder Rede die Buchbinder-Nachrichten vorsetzen: »mit rührendem Schmerze – mit einem Seufzer schmerzlicher Erinnerung – aus der Tiefe des Schmerzes herauf« – lauter Macht- oder Unmachtsprüche, die nur ein pantomimischer Tanz nötig hat und befolgen kann, die aber kein Stück von Shakespeare, von Schiller und Goethe braucht, weil ja die Rede selber reden lehrt.
    Übrigens hab’ ich jetzo, um ein Viertel-Jahrhundert älter und gealtert, nicht den Mut, dem ersten jugendlichen Ausströmen des Herzens ein anderes Bette und einen schwächern Fall und Zug zu geben. Der spätere Mensch hält zu leicht das Ändern am jüngern für ein Bessern desselben; aber wie kein Mensch den andern ersetzen kann, so kann auch nicht einmal derselbe Mensch sich in seinen verschiedenen Alterstufen vertreten, am wenigsten der Dichter. Die beste eheliche Liebe ist nicht das, was die jungfräuliche war; und so gibt es auch in der Begeisterung und in der Darstellung eine jungfräuliche Muse. Ach alles erste im Dichten wie Leben ist, was ihm auch sonst abgehe, so unschuldig und gut; und alle Blüten kommen so rein weiß auf die Welt, worin nachher »die Sonne«, wie Goethe schon von körperlichen Farben sagt, »kein Weißes duldet«. Darum sollen alle heiße Worte meiner Begeisterung für Emanuels Sterben und Viktors Lieben und Weinen und für Klotildens Schweigen und Leiden stets im Hesperus ungekühlt und unverändert stehen bleiben. Sogar das Jetzo soll dem Sonst nichts nehmen. Denn ob ich gleich seit 25 Jahren durch einige Nachahmungen und Nachspiele des Buchs ordentlich mich selber satt bekommen: so überwind’ ich doch den Überdruß an dieser Selbersattheit durch die Hoffnung, daß der schreibende

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