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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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voll Akteurs und Aktricen, die nun herausmüssen. An diesem Tage ist es, wo zwei Höfe wie zwei Heere einander in zwei Stuben gegenüber halten und sich gelassen auf die Minute rüsten, wo sie ausrücken und einander im Gesichte stehen, bis es endlich wirklich zu dem kommt, wozu es nach solchen Zurüstungen und in solcher Nähe ganz natürlich kommen muß, zum – Fortgehen. Der Kubikinhalt von No. 1 quillet der Fürstin nach, er besteht aus Italienern – in der nämlichen Minute richtet auch der Hofstaat aus der Kulisse No. 2 seine Marschroute ins Hauptquartier herein, er besteht aus Flachsenfingern. Jetzo stehen zwei Länder – eigentlich nur der aus ihnen abgezogene und abgedampfte Geist – sich einander ganz nahe, und es kömmt jetzt alles darauf an, daß der Seidenstrang, den ich im ersten Akt über die Stube gespannt, anfange zu wirken; denn die Grenzverrückung und Völkermischung zweier so naher Länder, Deutschlands und Welschlands, wäre in einem Zimmer fast so unvermeidlich wie in einer päpstlichen Gehirnkammer , hätten wir den Strang nicht – aber den haben wir, und dieser hält zwei zusammengerinnende Völkerschaften so gut auseinander, daß es nur Jammer und Schade ist – die Ehrlichkeit hat den größten –, daß die deutschen Kabinette keinen solchen Sperrstrick zwischen sich und die italienischen hingezogen haben; und kams denn nicht auf sie an, wo sie den Strick anlegen wollten, am Fußboden, oder an welschen Händen, oder an welschen Hälsen? –
    Wenn die englische allgemeine Weltgeschichte und ihr deutscher Auszug einmal die Zeit so nahe eingeholet haben, daß sie das Jahr dieser Übergabe vornehmen und erzählen und unter andern das bemerken können, daß die Prinzessin nach dem Eintritt sich setzte in den Samtsessel: so sollte die Weltgeschichte den Autor anführen, aus dem sie schöpft – mich…. Das war der zweite Akt, und er war sehr gut und nicht sowohl komisch als erhaben.
    Dritter Akt . Darin wird bloß gesprochen. Ein Hof ist das Parloir oder Sprachzimmer des Landes, die Minister und Gesandten sind Hörbrüder . Der flachsenfingische Sekretär las entfernt ein Instrument oder den Kaufbrief ihrer Vermählung vor. Darauf wurden Reden gelispelt – vom italienischen Minister zwei – vom flachsenfingischen (Schleunes) auch zwei – von der Braut keine, welches eine kürzere Art, nichts zu sagen, war als der Minister ihre. – –
    Da wahrlich jetzt dieser erhabne Akt aus wäre, wenn ich nichts sagte: so wird mir doch nach vielen Wochen einmal erlaubt sein, ein Extra-Blättchen zu erbetteln und anzuhenken und darin etwas zu sagen.
    Erbetteltes Extrablättchen über die größere Freiheit in Despotien
    Nicht nur in Gymnasien und Republiken, sondern auch (wie man auf der vorigen Seite sieht) in Monarchien werden Reden genug gehalten – ans Volk nicht, aber doch an dessen curatores absentis. Ebenso ist in Monarchien Freiheit genug, obgleich in Despotien deren noch mehr sein mag als in jenen und in Republiken. Ein wahrer despotischer Staat hat, wie ein erfrornes Faß Wein, nicht seinen (Freiheit-) Geist verloren, sondern ihn nur aus dem wässerigen Umkreis in einen Feuerpunkt gedrängt; in einem solchen glücklichen Staate ist die Freiheit bloß unter die wenigen, die dazu reif sind, unter den Sultan und seine Bassen, verteilt, und diese Göttin (die noch öfter als der Vogel Phönix abgebildet wird) hält sich für die Menge der Anbeter desto besser durch den Wert und Eifer derselben schadlos, da ihre wenigen Epopten oder Eingeweihten – die Bassen – ihren Einfluß in einem Maß genießen, dessen ein ganzes Volk nie habhaft wird. Die Freiheit wird gleich den Erbschaftmassen durch die Menge der Erbnehmer kleiner; und ich bin überzeugt, der wäre am meisten frei, der allein frei wäre. Eine Demokratie und ein Ölgemälde sind nur auf eine Leinwand ohne Knoten (Ungleichheiten) aufzutragen, aber eine Despotie ist eine erhobene Arbeit – oder noch sonderbarer: die despotische Freiheit wohnt wie Kanarienvögel nur in hohen Vogelbauern, die republikanische wie Emmerlinge nur in langen . –
    Ein Despot ist die praktische Vernunft eines ganzen Landes; die Untertanen sind ebenso viele dagegen kämpfende Triebe, die überwunden werden müssen. Ihm gehört daher die gesetzgebende Gewalt allein (die ausübende seinen Günstlingen); – schon bloße gescheite Männer (wie Solon, Lykurg) hatten die gesetzgebende Gewalt allein und waren die Magnetnadel , die das Staatschiff führte ;

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