Saemtliche Werke von Jean Paul
selber einer von gewissen witzigen Autoren bin. In Deutschland kann kein großer Autor eine neue Fackel anbrennen und sie solange in die Welt hinaushalten, bis er müde ist und das Stümpchen wegwirft, ohne daß die kleinen darüber herfallen und mit dem Endchen Licht noch halbe Jahre herumlaufen und herumleuchten. So liefen mir (und andern) in Regensburg tausendmal die Buben nach und hatten Überbleibsel von Wachsfackeln, die das Gesandten -Personale weggeworfen hatte, in Händen und wollten mich bis zu meinem Hauswirt leuchten für wenige Kreuzer…. Stultis sat!
– Viktor eilte am Morgen ins Schloß. Er bekam einen kaufmännischen Anzug und die Bude. Um zehn Uhr fiel die »Übergabe« der Prinzessin vor. Die drei Zimmer, worin sie vorgehen sollte, lagen mit ihren Flügeltüren seinem Kaufladen entgegen. Er hatte die Prinzessin noch nie gesehen – außer die ganze Nacht in jedem Traum – und konnte alles kaum erwarten…
Und der Leser auch: schneuzt er nicht jetzt Licht und Nase – füllt Pfeife und Glas – ändert die Stellung, wenn er auf einem sogenannten Lese-Esel reitet – drückt das Buch glatt auseinander und sagt mit ungemeinem Vergnügen: »Auf die Beschreibung spitz’ ich mich gewissermaßen«? – Ich wahrlich nicht; mir ist, als sollt’ ich arkebusiert werden. Wahrhaftig! ein Infanterist, der mitten im Winter Sturm läuft gegen eine feindliche Mauer vom dicksten Papier in einer Oper, hat seinen Himmel auf der Erde, mit einem Berghauptmann meines Gelichters verglichen.
Denn einer, der Kaffee trinkt und eine Beschreibung von irgendeinem Schulaktus des Hofs machen will – z. B. von einem Courtag – von einer Vermählung (im Grunde von den Vorerinnerungen dazu) – von einer Übergabe –, ein solcher Trinker macht sich anheischig, Auftritte, deren Würde so äußerst fein und flüchtig ist, daß der geringste falsche Nebenzug und Halbschatten sie völlig lächerlich macht – daher auch Zuschauer wegen solcher dazugedachter Nebenstriche über sie in natura lachen – er macht sich anheischig, sag’ ich, solche ans Komische grenzende Aufzüge so wiederzugeben, daß der Leser die Würde merkt und so wenig dabei lachen kann, als spielte er selber mit. Es ist wahr, ich darf ein wenig auf mich bauen, oder vielmehr darauf bauen, daß ich selber an Höfen gewesen und den angeblichen Klaviermeister gemacht (ob dieser eine Maske höherer Würden war oder nicht, lass’ ich hier unentschieden); man sollte also von einem Vorzug, der mir fast vor der ganzen schreibenden Hanse zuteil geworden, und dem ich wirklich mein (von einigen) in der Hof-Scientia media entdecktes Übergewicht über die schriftstellerische so niedrige Schiffmannschaft gern verdanke, davon sollte man sich fast außerordentliche Dinge versprechen. – Man wird aber schlimm abfahren; denn ich war nicht einmal imstande, meinem Zögling Gustav den Krön-Prozeß in Frankfurt so ernsthaft vorzutragen, daß dieser aufhörte zu – lachen. So wußte auch Yorick niemals so zu schelten, daß seine Leute davonliefen, sondern sie mußten es für Spaß halten.
Mein Unglück wär’s gewesen, wenn ich die Übergabe der Prinzessin – anfangs dacht’ ich freilich, es wäre dann mehr Würde darin – unter dem Bilde einer mit einem Türspan besiegelten Haus-Übergabe an Gläubiger abgeschildert hätte, oder wie eine Übergabe eines Feudums durch investitura per zonam – oder per annulum – oder per baculum secularem . – – Ich bin aber zum Glück darauf gekommen, die Übergabe unter der poetischen Einkleidung einer historischen Benefizkomödie mit derjenigen Würde abzumalen, die Theater geben. Ich habe dazu soviel und mehr Einheit des Orts – (drei Zimmer) –, der Zeit – (den Vormittag) – und des Interesse – (den ganzen Spaß) – in Händen, als ich brauche. Und wenn ein Autor noch dazu – das tu’ ich – vorher die betrübtesten ernsten Werke durchlieset, Youngs Nachtgedanken – die akatholischen gravamina der Lutheraner – den dritten Band von Siegwart – seine eignen Liebebriefe; ferner wenn er sichs noch immer nicht getrauet, sondern gar vorher Homes und Beatties treffliche Beobachtungen über die Quellen des Komischen vor sich legt und durchgeht, um sogleich zu wissen, welchen komischen Quellen er auszuweichen habe: so kann ein solcher Autor schon ohne Besorgnis der Prahlerei seinen Lesern die Hoffnung machen und erfüllen, daß er, des Komischen sich so komisch erwehrend, vielleicht nicht ohne alle Züge des Erhabnen
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