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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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das Register der Werke einschreibt, die wirklich auf dieser Erde und von einem hiesigen Menschen wären erzeugt worden«. Es war das erste öffentliche Bekenntnis zu Herder, als sein Stern bereits zu sinken begann, und es muß zu Ehren Jean Pauls wie Herders gleich hier vorausgenommen werden, daß auch, als Herder von seiner Zeit gänzlich vergessen und verstorben war, Jean Paul am Schluß seiner »Vorschule der Ästhetik« sein Bekenntnis zu dem großen Ostpreußen erneuerte und sein größtes theoretisches Werk in einen Panegyrikus auf Herder austönen ließ.
    Im allgemeinen wird man die ablehnende Haltung auch bei diesem Buch durchaus begreifen können. Und doch sind Dinge darin, die nur einem großen Dichter und Denker einfallen konnten. In der Zeitsatire wurde weit über das damals Übliche hinausgegangen. Noch hatte kein Schriftsteller der neuen Epoche aus dem von Frankreich her kommenden populären Materialismus die Folgerung des mechanischen Menschen gezogen, im Anschluß etwa an La Mettries Buch » L’homme machine «. Es war den »Teufelspapieren« vorbehalten, uns den Automaten als Menschenersatz vorzusetzen, und Herr von Kempele, der seine künstlichen Spiel und Sprechmenschen vorführt, ist die wohlgelungene Ironisierung einer herzlosen gesellschaftlichen Konvention, wie sie einige Jahrzehnte später im Anschluß an Jean Paul von E. T. A. Hoffmann gegeißelt werden sollte. Oder der launige Einfall, den Romanen und Dramen andere Schlußkapitel und sechste Akte anzuhängen und so eine Unzahl guter Menschen wie Siegwart und Werther oder Schillersche Helden vom Tode aufzuerwecken, ist schon ungemein lustig. Und welche Souveränität in der Sprachbehandlung! Wie Jean Paul in dem noch nicht zwei Seiten langen Aufsatz »Warum ich kein Jesuit geworden?« die Triebe und Gründe gegeneinander aufmarschieren läßt, dafür konnte freilich seine Zeit noch kein Verständnis haben. Aber die Virtuosität Morgensterns ist hier bereits erreicht, wenn nicht übertroffen. Oder das grandiose Bild beim Anblick des Luftfahrers Blanchard: wie er ihn über sich sieht als schwimmenden toten Hecht oder als Styliten auf einer Säule von Luft, oder den über sich Schwebenden mit Treibeis und sich mit Grundeis vergleicht – das hat bereits den großartigen Wurf, mit dem der reife Jean Paul seine Bilder aufschleudert.
    »Habermanns große Tour um die Welt« mit ihren weit auseinandergerissenen Schauplätzen und dem Durcheinanderwirbeln von Ort und Zeit hat Jean Paul selbst besonders geschätzt. Es gewährte ihm, wie er an Christian Otto schrieb, besonderes Vergnügen, »das rechte Bein am arktischen und das linke am antarktischen Pol zu haben«. Aber die Zeitgenossen schüttelten über diesen vorweggenommenen Expressionismus die Köpfe. Hier, wie an so vielen Stellen des Buches, war Saat ausgestreut, die erst später aufgehen konnte. Wieviel aber nimmt die Schrift schon vom späteren Jean Paul vorweg! Erwähnen wir nur noch die Figur des reisenden Bratschisten Habermann, in dem schon der ganze Flötenspieler Vult steckt.
    Unmittelbar an die »Teufelspapiere« schloß Jean Paul eine andere kleinere Arbeit an, die sich im Stil wenig von dem ersten Buch unterscheidet, nur vielleicht noch verwirrender und reicher ist: die »Baierische Kreuzerkomödie«. War schon in den »Teufelspapieren« eine in Hogarths Stil gehaltene Dorfkomödie aufgetaucht, so wurde diese ganze Arbeit gewissermaßen als eine Dorfkomödie aufgebaut, in die die Bauern für einen Kreuzer hineingehen können. Aber dieser Rahmen wird alsbald auch wieder zersprengt, denn »mit dem plombierten Titel will ich nichts haben als etwa – Käufer«, heißt es in der Vorrede. Trotz einzelner lustiger und geistreicher Einfälle ist das Ganze, ebensowenig wie die »Teufelspapiere«, für uns heute nicht mehr recht genießbar. Nur eine Satire daraus, »Meine lebendige Begrabung«, von einem Zynismus, der schon den »Dr. Katzenberger« vorwegnimmt, verdient ausgenommen zu werden, schon weil hier zum erstenmal jenes Motiv des Scheinsterbens auftaucht, das einige Jahre später im »Siebenkäs« zu erschütternder Größe gesteigert wiederkehren sollte. Ein Verleger fand sich für die »Baierische Kreuzerkomödie« nicht. Erst nach Jean Pauls Tode wurde sie von seinem Neffen Förster im »Papierdrachen« herausgegeben.
    Mit diesen Hinweisen auf Jean Pauls damalige Arbeiten haben wir ihren Reichtum keineswegs erschöpft, sondern nur durch die wachsenden Wälder seiner Produktion

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