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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Hause eine schöne genußreiche Zeit, an welche ich noch jetzt, nachdem alle Stürme des Lebens über mein Haupt gegangen sind und so viele schöne Erinnerungen entlaubt haben, mit süßer Wehmut zurückdenke. Christian Otto war und blieb unter seinen Brüdern der innigste Freund Richters… Richter liebte jenen um so mehr, je häufiger er Gelegenheit hatte, ihm Schonung und Nachsicht zu beweisen; denn Christian Otto hatte eine etwas krankhafte, hypochondrische Natur; es kamen Tage des Trübsinns und der üblen Laune über ihn, wo er mit schonender Rücksicht und Freundschaft behandelt werden mußte, und niemand verstand dies besser als Richter… Wir waren alle jung, lebensfroh, zufrieden; wir ergötzten uns an Gesellschaftsspielen, bei welchen das witzige Schreibespiel obenan stand, und die reinste Heiterkeit herrschte in unsern Abendzirkeln, die oft in den verschiedenen Häusern wechselten.
    »Richter arbeitete mit bewunderungswürdigem Fleiße. In der stillen Holunderlaube des kleinen idyllischen Häuschens am Schloßplatz entstanden viele jener Blätter, welche sich bald zu dem reichen Kranz des Ruhmes winden sollten, der das Haupt des gefeierten Dichters schmückte.«
    Auch Amöne Herold, dem Dichter weit enger verbunden als Helene Köhler, hat später Schilderungen Jean Pauls veröffentlicht. Sie schildert zunächst sein unbefriedigtes Dasein in Töpen: »Denn sobald seine Lehrstunden, die er gewissenhaft abwartete, vorbei waren, eilte er ins Freie, am liebsten in den Wald, legte sich hier unter den ersten besten Baum, starrte unverwandt Wald und Himmel an, zog dann und wann ein weißes Blatt Papier aus der Tasche, schrieb darauf einzelne Worte und eilte nicht selten gleich nach dem Schreiben fort, um zu Hause Gedanken und Bilder, die er sich dort nur angedeutet hatte, weiter auszuführen und auszumalen. Jedem, der ihm unterwegs begegnete, wich er schon von weitem aus; mußte er aber ja einem Bekannten oder Freunde stichhalten, blieb er so einsilbig und kalt, daß man ihn gern wieder sich selbst überließ. Überhaupt suchte er damals nie Umgang, sondern floh ihn vielmehr und galt deshalb für den größten Sonderling, mit dem niemand gern verkehrte. Wer ihn aber näher kennenlernte, fand stets Gelegenheit, Geist und Witz an ihm zu bewundern.« Es ist ein Bild aus seiner zopffreien Zeit, da noch Mißtrauen und Menschenverachtung ihn beherrschten. Wie anders er im Grunde schon damals war, zeigt das Bild, das Spangenberg von ihm entwarf. Bald sollte aber seines Wesens strahlender Kern auch für andere sichtbar werden. Die gleiche Amöne Herold beschreibt ihn auch in der späteren Zeit im Kreis der Freunde und Freundinnen: »Oft, wenn wir uns in der Dämmerstunde um ihn versammelt und er sich und uns mit seinen Phantasieen auf dem Klavier in solche wehmütige Stimmung gebracht, daß uns die Tränen über das Gesicht liefen und er vor Rührung nicht weiterspielen konnte, brach er schnell ab, setzte sich zu uns und sprach uns von seiner Zukunft, seinen Reisen, seiner Frau, die er irgendwo finden würde und die lange schon auf ihn passe, von seinen Kindern (meist waren es drei) und seinem ganzen häuslichen Glück; dann prophezeite er auch wohl, aber immer mit der Miene, mit der er Späße sagte, was er noch für ein großer Mann werden und alle Welt von allen Welten zu ihm kommen und nach ihm fragen würde, wenn er nur erst aus dem Höfer Druck in einen andern mehr hineinkommen, und es würde von ihm im ganzen Lande die Rede sein, und die Höfer würden – dies waren seine Worte – noch große Augen machen über ihre jetzigen kleinen, und Fürstinnen und Prinzessinnen würden uns noch einmal um das Glück seiner Gesellschaft beneiden, – was uns alles freilich sehr unglaublich vorkam.«
    Von den Freundinnen war es Renate Wirth, die allmählich sein Interesse am stärksten gefangennahm. »Renate versteht mich«, trug er in sein Tagebuch ein. Er schreibt Briefe an sie, als sie, wie oft, in Baireuth bei seiner Tante zu Besuch ist. Zum erstenmal tritt Baireuth in sein Gesichtsfeld als himmlisches Eldorado, nach dem seine Gedanken hinfliegen. Er hört von den zauberischen Lustschlössern, der Fantaisie und Eremitage, und phantastische Vorstellungen davon nisten sich in seinem Innern fest. Mit Sehnsucht wartet er auf ein Zusammensein mit ihr. Liebt er sie? Er hat es vielleicht selbst des öfteren geglaubt. Aber in seiner Liebe ist etwas, das die Wirklichkeit flieht. Auch hier hat sein Leben etwas Fliegendes. Er

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