Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
sein Land überredet. Er vermag ihm allerlei Neues zu zeigen, ohne aber den Fürsten zu durchgreifenden Änderungen bewegen zu können. Denn die Fürsten können nach dem Ausdruck Jean Pauls zu gleicher Zeit Unrecht begehen und einsehen. Die kleine Fahrt endet für Viktor in St. Lüne. Klothildens Geburtstag wird gefeiert. Den Höhepunkt des Tages bildet ein Konzert, wie es Jean Paul kurz vorher in Hof selbst erlebte. Der Mundharmonikaspieler Franz Koch und der Virtuose auf der Viole d’Amour Karl Stamitz, die der Dichter, wahrscheinlich in Gegenwart Amönens, hörte, machten einen derart starken Eindruck auf ihn, daß er die Wirklichkeit im Roman nicht überbieten zu können glaubte und das Konzert der beiden Künstler mit vollem Namen und allen Einzelheiten in den Geburtstag Klothildens hineinflocht. Wieder gab er hier eine jener »Schwelgereien« des Herzens, an denen der »Hesperus« so reich ist. Flamin bleibt die innere Bewegung des Freundes nicht verborgen. Er ahnt seine Leidenschaft für Klothilden. Matthieu scheint ihn überdies aufzustacheln. Auch die Eltern vermuten, daß Viktor sich ihrer Tochter zu nähern beabsichtige, und fragen Klothilde geradezu, wie sie sich zu einer Werbung Viktors stellen würde. Klothilde antwortet, die eigene Liebe schamhaft verhüllend und das Geheimnis von Flamins Abstammung bewahrend, mit einem »Nein!«, was Viktor bald genug erfährt. In toter, leerer Stimmung geht er nach Flachsenfingen zurück. Ein Briefwechsel mit Emanuel ist seine einzige Freude, da er Klothilde sich für ewig verloren glaubt.
    Es naht die Zeit, da die Äpfel draußen reif werden, und mit ihnen wird das Muttermal auf Flamins Schulterblatt sichtbar. Viktor vermutet, daß Matthieu die Zeit benutzen wird, um sich durch den Augenschein des Males von Flamins Abstammung zu überzeugen. Er will Flamin davor bewahren und schlägt ihm vor, nach St. Lüne zu gehen. Aber in einer Unterredung muß er erfahren, daß Matthieu bereits unter einem Vorwand das Mal gesehen und zur Heilung eines eingeredeten Leidens dem Fürstensohn ein Pflaster auf den Rücken gepappt hat. Mit Schrecken sieht Viktor, daß das Geheimnis in der Tat im Besitz des gefährlichen Junkers ist.
    In seiner Verzweiflung über die Aussichtslosigkeit seiner Liebe gibt sich Viktor dem oberflächlichen Hofleben hin und beginnt mit Joachime, der Schwester Matthieus, zu tändeln. Auch hierin entspricht der Charakter des Helden seinem Vorbild Jean Paul, den die Aussichtslosigkeit seiner Liebe zu Amöne und vielleicht zu Renate zur Verlobung mit der blutjungen und farblosen Karoline trieb. Es war eine Anklage gegen sich selbst, der Jean Paul in diesem Teil des »Hesperus« stattgab. Viktor verkehrt ständig im Schleunesschen Hause und redet sich ein, dem eifersüchtigen Flamin dieses Opfer bringen zu müssen. Aber er ist von Neigung zu der schönen Joachime keineswegs ganz frei. Sie ist geistvoll und nicht gerade schlecht, wenn auch kokett, aber besonders fehlt ihr der Adel echter Liebe und Tiefe. In diese Situation tritt Klothilde hinein, die als Hofdame der Fürstin nach Flachsenfingen gekommen ist. Vielleicht ist Klothilde bereits von Neigung zu Viktor ergriffen. Dann muß sie ihrerseits ihre Liebe für aussichtslos halten, da sie Viktor, weitab vom ernsten Geiste Emanuels, in den Banden Joachimens sieht und außerdem erfahren hat, daß er ihre Berufung an den Hof zu hintertreiben versuchte. Ein magisches Suchen der Seelen beginnt zwischen ihnen. Viktor überschreit sein Herz in dem Hineinstürzen in den Strudel der Vergnügungen. Dennoch versteht die bleiche Klothilde ihn und behandelt ihn mit zarter Rücksicht. »Tarantelwochen« nennt Viktor im Gegensatz zu den herrlich-ernsten Sabbatwochen diese Zeit. Endlich, während einer Vorstellung der »Iphigenie«, in der gleichfalls Bruder und Schwester sich unheilvoll begegnen, läßt Viktor die Hülle fallen und gesteht Klothilden sein Wissen um die Geheimnisse von Flamins Herkunft. Eine rührende und zarte Freundschaft spinnt sich zwischen den Unglücklichen an. »Wer nicht das Sparrwerk und Zellenwerk des Menschenherzens kennt, den nimmt es wunder, daß Viktors Freundschaft gegen Klothilde ein ganzes Honiggewirke von Liebe für Joachime in seine Zellen eintrug.« Es ist der gleiche Vorgang, der in der »Unsichtbaren Loge« Gustav in die Arme der Residentin trieb und den seine persönlichen Kritiker wie Otto und selbst Wernlein nicht als psychologisch richtig anerkennen wollten, obwohl er von

Weitere Kostenlose Bücher