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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Lordnichte seine spätere Frau kennen. Er heiratete sie, und sie gebar ihm noch in England einen Sohn, nämlich Flamin. Flamin wurde bei der Lady zusammen mit dem Infanten und Viktor, dem Sohne des Lords, erzogen. Ihr Erzieher war ein indischer Weiser namens Dahore. Übrigens wird aus jener Zeit noch berichtet, daß der Infant an den Blattern unheilbar erblindete.
    Le Baut war bei dem Fürsten in Ungnade gefallen und lebte seitdem mit seiner zweiten Frau und seiner Tochter Klothilde auf seinem Gute St. Lüne. Den Reisepfarrer Eymann, der mit ihm in Ungnade gefallen war und der deshalb die ihm versprochene Stelle als Hofkaplan in Flachsenfingen nicht erhielt, stellte er als Pfarrer in St. Lüne an.
    Diese Vorgeschichte lüftet den Schleier der sonderbaren Beziehungen, in denen die verschiedenen Menschen zueinander stehen. Damit ist die Grundlage für die Entwickelung des Romans gegeben. Noch wissen wir nicht, daß Flamin eigentlich der fälschlich blindgesagte Infant ist. Wirklich erblindet ist vielmehr der wirkliche Sohn Eymanns, der irgendwo im Verborgenen leben soll. Flamin selbst ahnt nicht, daß er der Bruder der von ihm geliebten Klothilde ist. Viktor, auf den Klothilde von Anfang an tiefen Eindruck macht, achtet in ihr die Geliebte seines Herzensfreundes Flamin. Ihm selbst unbemerkt wächst im Innern eine tiefe Leidenschaft zu Klothilde heran. Sie würde von ihm nicht beachtet und jedenfalls mit aller Kraft unterdrückt werden, wenn er nicht auf einmal durch seinen Vater, den Lord, erführe, daß Klothilde und Flamin Geschwister sind und die Liebe Flamins also ein Irrtum des brüderlichen Gefühls ist. Mit einem Schlage wird er sich jetzt seiner Leidenschaft zu Klothilde bewußt und zugleich in einen schweren Konflikt hineingerissen. Mit Flamin hat er bei dem Wiedersehen in St. Lüne den Schwur unverbrüchlicher Freundesliebe getauscht. Wenn er sich Klothilden nähert, muß er dem Freunde als der verächtlichste Verräter an ihrer Freundschaft erscheinen. Lüften darf er ihm das Geheimnis seines verwandtschaftlichen Verhältnisses zu Klothilde nicht, da er dem Vater unverbrüchliches Schweigen gelobt hat. Dem Phantom des Freundes muß er seine Liebe opfern. Bis zu diesem Punkte führt uns der erste Teil des »Hesperus«.
    In einem prachtvollen Aufbau entsteht vor unsern Augen dieser eine ganze Anzahl von Personen einschließende Konflikt. Der Spaziergang der Freunde, ihr Treueschwur auf der Baumkanzel, von der man weit in das Land hinein sieht; das erste Auftreten Klothildens, von der wir sogleich ahnen, daß sie tief in Viktors Schicksal eingreifen wird. Die Gesellschaft im Schlosse Le Bauts. Das Auftreten des Junkers Matthieu, des Sohnes des regierenden Ministers von Schleunes am Flachsenfinger Hof. Der Tauftag im Pfarrhause. Das Handbillett des Fürsten Januar, das Flamin zum Regierungsrat ernennt und ihn, wie Flamin wähnt, der erträumten Verbindung mit Klothilde wieder einen Schritt näher bringt. Die Gespräche mit Klothilde, die von ihrem Lehrer Emanuel in Maienthal erzählt. Magisch wirkt der Name Emanuels auf Viktor ein. Er fühlt, daß ihn das Schicksal irgendwie mit diesem von Klothilde geliebten und angebeteten Mann verknüpft hat, ohne bisher zu ahnen, daß Emanuel sein eigener geliebter Lehrer Dahore ist. Schon hier zeigt sich Viktors beginnende Liebe zu Klothilde, deren leiseste Herzensregung ihm heilig und vertraut ist. Dann die unvergeßliche Szene, da Viktor unter dem Gesange Klothildens das Zimmer verlassen muß, weil ihn der Anprall der Empfindungen überwältigt, und er oben in seinem Zimmer den ersten Brief an Emanuel schreibt und sich dem Unbekannten an die Brust wirft: Das alles zieht wie anhebendes Schicksal an unserm Auge vorüber und schlägt uns in magischen Bann.
    Klothilde wird in der Klosterschule von Maienthal erzogen. Gerade ist ihre liebste Freundin, Giulia von Schleunes, des Junkers Matthieu Schwester, gestorben und hat ihr Herz durch ihren Tod allzu tief verwundet. Auch hier spinnen sich wieder Fäden zur »Unsichtbaren Loge«. Giulia ist offensichtlich Beate, deren früher Tod in dem ersten Roman angedeutet wird und die hier als unendlich rührender Schatten über der ganzen Handlung des Romans herzieht. Klothilde erzählt von ihrem Leben in Maienthal, von dem Leben Emanuels, der mit einem bildschönen erblindeten Jüngling Julius in einer selbst erbauten Lindenhütte wohnt. Wir ahnen, daß dieser blinde Julius der an den Blattern erblindete Sohn des Pfarrers, oder nach

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