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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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spätere »Konjekturalbiographie«, die in Weimar ausgearbeitet werden sollte.
    Werfen wir noch einen kurzen Blick über die Stellung Jean Pauls im literarischen Leben dieser Zeit. Auf der einen Seite hatte er sich die Liebe und Verehrung weiter Kreise erworben. Thümmel, ein erfolgreicher Modeschriftsteller Wielandscher Richtung, besuchte ihn begeistert in Leipzig. Hartknoch, der Freund und Verleger Herders und Klingers, bei dem er einst seinen verunglückten Versuch mit den »Teufelspapieren« gemacht hatte, gestand ihm, daß er eigentlich der Lektüre des »Hesperus« die Rettung vor der Verbannung nach Sibirien verdanke. Dieses Werk hatte ihm die Kraft gegeben, sich gegen die Anschuldigungen der russischen Regierung wirkungsvoll zu verteidigen, nachdem er bereits die Flinte ins Korn geworfen. Jacobi, einer der tiefsten Geister jener Zeit, liebte ihn seit anderthalb Jahren und kannte keinen größeren Wunsch, als mit Jean Paul bekannt zu werden. Von überallher kamen Briefe und Bezeugungen der Verehrung. Aber diese vielseitigen Sympathien wurden aufgewogen durch die erklärte Feindschaft der Bruder Schlegel. Karolinens Bericht über ihr Zusammentreffen mit dem Dichter in Dresden hatte die Empörung der Schlegel auf ihn gelenkt. Im »Athenäum« hatte Friedrich Schlegel endlich offen gegen Jean Paul Stellung genommen. Der strenge Künstler, schrieb er, hasse ihn »als das blutrote Himmelszeichen der vollendeten Unpoesie der Nation und des Zeitalters«. »Seine Frauen haben rote Augen und sind Exempel, Gliederfrauen zu psychologisch-moralischen Reflexionen über die Weiblichkeit oder die Schwärmerei.« Nur »an den grotesken Porzellanfiguren seines wie Reichstruppen zusammengetrommelten Bilderwitzes« könne man sich ergötzen. »Seine Madonna ist eine empfindsame Küstersfrau und Christus erscheint wie ein aufgeklärter Kandidat. Je moralischer seine poetischen Rembrandts sind, desto mittelmäßiger und gemeiner; je komischer, desto näher dem Besseren; je dithyrambischer und je kleinstädtischer, desto göttlicher; denn seine Ansicht des Kleinstädtischen ist vorzüglich gottesstädtisch.« Gerade mit dem letzten Satz hatte Schlegel ins Schwarze getroffen, nur daß er das Klein- und Gottesstädtische, gerade dieses »Göttliche« bei Jean Paul, nicht genügend bewertete. »Sein Schmuck besteht in bleiernen Arabesken im Nürnberger Stil.« Gewiß, aber diese mittelalterliche Fülle ist ja gerade ein Vorzug Jean Pauls. Das war deutsche Vielfalt gegenüber der gräzisierenden Linie, der Schlegel sich damals noch verschrieben hatte.
    Die Schlegel waren geschickte Literaten, und es war mißlich, es mit ihnen verdorben zu haben. Jean Paul fühlte die Gefahr. Auch die »Jenaische Allgemeine Literaturzeitung«, die seinen »Hesperus« noch überschwenglich gelobt hatte, war ihm durch Friedrich Schlegel, der das philologische Ressort an ihr verwaltete, verlorengegangen. Der ängstliche Böttiger, der unter Wieland den »Merkur« leitete, wagte den »Jubelsenior«, die »Holzschnitte« und das »Kampanertal« nur mit sauersüßer Miene anzuzeigen, und die Oerthelsche Entgegnung auf Schlegels Angriffe aufzunehmen, mußte ihm von Wieland erst ausdrücklich befohlen werden. »Wer will mir«, schrieb Jean Paul an Otto, »jetzt mit seinem Saulsspieße nachkommen, da ich jetzt nach Wielands Glauben selber das größte Publikum habe.« Aber er mochte wohl fühlen, daß die Gunst des Publikums veränderlich ist.
    Auch auf philosophischem Gebiet war die feindliche Linie im Vorrücken. Fichte hatte die ganz im Fahrwasser Kants schwimmenden Einleitungen in seine Wissenschaftslehre sowie die ebenfalls kritizistische Schrift »Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung« veröffentlicht. Hamann, Herder, Jacobi wurden in den Hintergrund gedrängt. Jean Paul fühlte alles dieses genauer als irgend jemand, und er beschloß, etwas dagegen zu unternehmen. Am 13. Oktober 1798 schrieb er aus diesem Anlaß seinen ersten Brief an Friedrich Jacobi:
    »Verehrtester Lehrer meines Innersten! – So oft dieses in der Philosophie einen Feind antrifft, so denk ich an Sie als an den königlichen Beschützer seines Glaubens und will mein Schreiben nicht länger verschieben. Und jetzt tu ich’s genötigt, da ich in der neuesten Äußerung des Fichteschen Spinozismus drei Harmonieen ohne einen supramundanen Harmonisten finde, die der Sinnenwelt, die der moralischen und eine dritte prästabilierte, nach Art der drei Tonleitern, der

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