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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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versucht gefühlt hätten, ihre Divinationsgabe in Absicht seines Herkommens, Standes und Amtes in Unkosten zu setzen. Der eine habe gesagt: es ist ein Barbier, der andere: nein, es ist ein empfindsamer Reisender, der seine Reisebeschreibung drucken läßt usw. Durch Mehmel, den er aufgesucht und mit den Worten: ›Sie haben einen gelben Rock an, also werden Sie der Professor Mehmel sein; ich heiße Richter, oder, wenn Ihnen der Name bekannter sein sollte, Jean Paul‹, angeredet habe, sei er ihnen als dieser vorgestellt worden. Sie seien darauf zu Memminger gegangen, wo er, Romer, den Gedanken gefaßt habe, mir ein Billett zu schreiben und mich zum Kommen einzuladen; allein da sich viele Menschen zugedrängt hätten, sei das Haus bald zum Wirtshause geworden, und so habe er es unterlassen. Jean Paul sei sehr wohl aufgeräumt gewesen und würde noch mehr gesprochen haben, wenn ihn – Mehmel hätte zum Worte kommen lassen. Dieser habe sich auf eine ganz widerwärtige Art benommen, immerfort in seiner Manier geschwatzt und bis zur Unart dem trefflichen Geiste gegenüber Hochmut geübt. So sei er Richter immer ins Wort gefallen, sogar einmal mit dem schönen Kompliment: ›Ich weiß, ich verstehe Ihren Sinn schon, ehe Sie ihn aussprechen.‹ Richter habe ihm, wiewohl vergebens, auf alle Art zu wehren gesucht, sogar durch Phrasen vom Kaliber der folgenden: ›Aber Sie lassen mich ja gar nicht zum Worte kommen; freilich, wenn Sie in einem fort reden, muß ich schweigen (die Uhr herausnehmend und vor sich hinlegend): ich gebe Ihnen fünf Minuten Zeit zu reden; hernach müssen Sie mich reden lassen‹ usw. Romer überbrachte mir mehre Äußerungen Jean Pauls über berühmte Männer, z. B. Herder, den er fast vor allen andern ehrte: dieser sei an Weimar gestorben, wo jetzt ein elender Geist herrsche, alle Liebe, aller höhere Sinn verloschen sei; auch Schiller habe jetzt diesen Ort verlassen und sich nach Berlin begeben [kam bekanntlich nicht zur Ausführung]. Goethe sei der unmitteilsamste Mann; wenn er einmal sage: ›Wir haben heute einen schönen Maitag‹, das sei schon viel. (Hiermit stimmt aber eine andere Äußerung nicht wohl überein, daß nämlich die Schlegel viele Gedanken in ihren Schriften Goethen im Umgang abgeborgt hätten.)
    »Um zehn Uhr … trat Mehmel in mein Haus und an seiner Seite, begleitet von einem trefflichen Spitz, dieser Jean Paul, dessen Äußeres mir allerdings bei dem ersten Anblick die Seltsamkeit seines inneren Menschen in etwas abspiegelte. Zuerst von seinem äußersten Äußeren! Er trug Stiefel, lange Hosen, jedoch nicht lang genug, um in die Stiefel hinabzureichen, eine nicht sehr weiße Weste, einen blauen, schon etwas verschlissenen Rock mit schwarzsamtnem Kragen. Er ist von mittlerer Größe und recht wohl gebaut. Sein Gesicht ist nicht schön, jedoch auch nicht unangenehm; en profil gefiel er mir viel besser als en face  . . . Seine Augen sind blau; es herrscht in ihnen kein flammendes oder blitzendes, sondern ein düster und matt glühendes Feuer. Doch sehen sie nicht starr, sondern rollen vielmehr, wiewohl nicht auf die äußern Gegenstände verschweifend, in unsteter Bewegung. Seine Stirne ist ungewöhnlich hoch… Er hat eine starke Glatze; nicht in der Farbe, welche schwärzlich ist, sondern in dem Wuchse gleicht sein Haupthaar Professor Daubs. Er ist nicht gerade dick, doch auch gar nicht so mager, als ich mir nach einer Äußerung in den ›Biographischen Belustigungen‹ vorgestellt hatte, wo er sagt, er habe nicht so viel Fett auf dem Leibe, daß man damit eine Nachtlaterne so lange brennend erhalten könne, als die meisten Polizeiverordnungen begehrten, nämlich von 10 bis 1 Uhr. Aber sein Fleisch ist aufgedunsen und schwammigt, welches besonders an den Händen, die viel zittern, auffällt. (Er ist jetzt 41 Jahre alt.) In der Art, seinen Körper zu tragen, herrscht eine eigne Beweglichkeit, die jedoch sehr verschieden ist von der trippelnden mancher Stutzer, besonders der vorigen Zeit, wo petit maître weniger treffend durch Zierbengel übersetzt ward als heutzutage. Er verändert jeden Augenblick seine Stellung, oder hebt wenigstens einen Fuß um den andern auf, geht hin und wieder usw. Seine Mundart, die vogtländische, klingt nicht sonderlich angenehm; als ich ihn Mädichen, Bändichen sagen hörte, konnte ich mich des Gedankens an die jenaischen Kümmeltürken nicht erwehren.
    »Was den Inhalt seiner Gespräche betrifft, so merkte ich, wiewohl ich ihn

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