Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
»Flegeljahren«.
    Hier aber haben wir es mit den letzten persönlichen Eindrücken des Dichters zu tun, die er ins Werk umsetzte. Im allgemeinen war er mit Stoff saturiert, und die neuen Freunde und Bekannten, die er noch fand, konnte er nicht mehr seinem innersten Wesen als Ausdruck anverwandeln. Mehr und mehr legt sich der Schwerpunkt seines Lebens ins Werk. Wohl war es bedeutsam für ihn, daß er durch Johann Arnold Kanne in Verbindung mit jener von Schelling ausgehenden mystischen Richtung kam, die hauptsächlich für die Erforschung der östlichen Religionen von epochemachender Bedeutung werden sollte. Aber ihm selbst trug auch diese Bekanntschaft nichts Neues mehr zu. Sein Weltbild war gerundet und konnte nur noch im einzelnen Ergänzungen oder Bestätigungen erfahren. Kanne nahte sich Jean Paul als Bittsteller. Unter Beifügung seiner »Blätter von Aleph bis Knuph« bat er um »Rat, Tadel, Titel, einen Buchhändler und – Geld«, schon in dieser ersten Annäherung eine Probe seiner Bizarrerie gebend. Jean Paul empfahl ihn als Prinzenerzieher an einem seinem Herzog befreundeten Hof, obwohl es ihn störte, daß Kanne allzusehr »sein und Schlegels Urang-Utang« sei. Kanne füllte die ihm verschaffte Stelle nur mangelhaft aus. »Der trotzig schlaffe Kanne… taugt zu nichts weniger als zu einem Prinzenlehrer – eher – einem Prinzen selber«, schrieb er später. Eine Stelle und damit die Möglichkeit, ungestört seiner Produktion zu leben, verschaffte Jean Paul auch dem in Roßdorf bei Meiningen lebenden Ernst Wagner, der durch seinen gleichfalls an den »Wilhelm Meister« anknüpfenden Erziehungsroman »Willibalds Ansichten des Lebens« Beachtung erringen sollte. Der Herzog machte Wagner auf Jean Pauls Fürsprache zu seinem Kabinettssekretär. Neue Freunde fand Jean Paul in dem Meininger Konsistorialpräsidenten Heim, der eine auch von Goethe geschätzte Mineraliensammlung besaß, und einem Hauptmann von Türke. Ein Fräulein von Hähndrich war in Meiningen seine besondere Freundin. Aber den Verkehr mit einer Reihe kongenialer Naturen fing der Dichter in dem stilleren Meiningen bald an zu vermissen. Häufige Reisen sollten ihm Ersatz bringen, aber sie befriedigten ihn nicht völlig.
    Zweimal reiste er mit dem Herzog nach Weimar. Das erstemal begleitete Karoline ihn. Auch Charlotte von Kalb kam von dem nahen Waltershausen, wo sie sich für immer niedergelassen hatte, herüber. Das erschütternde Erlebnis dieser im Juli 1802 unternommenen Reise war das Zusammentreffen mit Herder. Herders Tage waren gezählt. Der Freund traf ihn gänzlich gebrochen an. Seine Vermögensverhältnisse hatten sich derart verschlechtert, daß er sich von Jean Paul Geld leihen mußte, das er später nur mit Schwierigkeiten zurückgeben konnte. Auf der zweiten Reise, im Januar 1803, sah er Herder zum letztenmal. Wie früher verplauderte er die Abende mit ihm und fand in der Herderschen Familie sein altes »Lebens-Italien«. Herder selbst aber war »leibes- und seelenkrank, sein geistiges wie körperliches Auge siech«. Bis in den Winter hinein schleppte sich der Märtyrer seiner Jahrhundertsendung. Am 18. Dezember 1803 schloß er für immer die Augen. Die einzigartige Tragödie seines Lebens war ausgelitten. »Für mich ist Weimar auch begraben«, schrieb Jean Paul an Herders Frau. Und er hat in der Tat den ihm verhaßt gewordenen Ort nie wieder besucht.
    Merkwürdigerweise trat er gerade bei seinem letzten Weimarer Aufenthalt Schiller ein wenig näher. Bei einem Souper disputierte er »hinter dem gebogenen nackten Rücken der Imhof« eifrig mit Schiller und gewann ihn dabei »wieder etwas lieb«. Seine allgemeine Stellung zu Weimar wurde dadurch nicht geändert. Amalie von Imhoff selbst äußerte sich über Jean Paul: »Er scheint mir ruhiger und zusammenhängender geworden zu sein, wir vertrugen uns recht gut zusammen, was sonst nicht der Fall war, da er mich früher der Kälte beschuldigte. Ich habe seitdem auch manches erfahren und gelitten, und mein Gemüt ist vielleicht weicher geworden, so stimmten wir besser zusammen.«
    Zwischen den beiden Weimarer Reisen wurde Jean Pauls sehnlichster Wunsch, Vater zu werden, erfüllt. Der Brief an Otto, unmittelbar nach der Entbindung geschrieben, ist eins der schönsten menschlichen Dokumente des Dichters. »Am Morgen erklärte die Hebamme,« schrieb Jean Paul am 20. September 1802 dem Freunde, »(eine in Jena echt ausgelernte,) daß nach zwei Stunden die Entbindung sein würde. Um eilf

Weitere Kostenlose Bücher