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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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er den Mut hatte, den Verfasser der »Dämmerungen« öffentlich unter den Pensionären des Landes aufzuführen. Etwa um dieselbe Zeit schrieb Herzog Aemil von Gotha dem Dichter: »Ich will Ihnen sagen, daß Ihr feiles Buhlen um die Gunst der das Alte und Unmodige vergessenden Welt mich außerordentlich interessiert hat, und daß es mir damit geht wie der übrigen Welt, die Ihnen wohlwollend zusieht, wie Sie mit alten Lorbeeren um die grauen Locken wie eine Hetäre aus den Schmunzelfenstern de la petite maison und des petites maisons von zwanzig Journalen auf einmal herausblicken und ihre Weihrauch- und Nachtgefäße ohne Unterschied auf uns Deutsche herabsenken und schwenken.«
    Dieser Vorwurf einer geschäftigen und fast journalistischen Vielschreiberei war um so niederträchtiger, da Jean Paul durch Geldnot gezwungen war, seine Kraft in kleinen Beiträgen für Zeitschriften und Taschenkalender zu verzetteln. Drei Buchhändlermessen waren durch die Kriegsläufte ergebnislos vorübergegangen, gewiß ein großer Ausfall für einen Autor, der gewohnt war, von der Hand in den Mund zu leben, und kein Vermögen zuzusetzen hatte. Aber abgesehen davon, daß diese vielen kleinen Arbeiten, die unverhältnismäßig gut bezahlt wurden, seine Einkünfte beträchtlich erhöhten, fand Jean Paul selbst allmählich Gefallen an dieser Art der Produktion, je mehr seine gestaltenden Kräfte nachließen. In gewissem Sinne setzten diese kleinen Arbeiten seine einstige Satirenschreiberei fort. Wie er in der ersten Höfer Zeit unaufhörlich an kleinen satirischen Abhandlungen gearbeitet hatte, so stellten sich ihm auch jetzt unaufhörlich Einfälle ein, die er zu kleinen Beiträgen verwandte. Zum Teil griff er sogar auf Stoffe aus seiner ersten Satirenzeit zurück wie etwa im »Pasquill auf die schönste Frau«. Eine Fülle von Gedanken ist in diesen Arbeiten niedergelegt. Es ist unmöglich, sie auch nur dem Titel nach alle aufzuzählen. Die wichtigsten Erscheinungen der Literatur besprach er in seiner zugespitzt subjektiven Art. Dazwischen gibt es Aufsätze, die in auffälliger Weise bei ihm die Stelle der Lyrik einnehmen, sogar »Streckverse«, wie sie als Polymeter Walts zahlreich in die »Flegeljahre« eingestreut sind. Auch die »Dämmerungen« waren zunächst als Zeitschriftenaufsätze in dem »Deutschen Museum« des Hamburger Verlegers Perthes erschienen. Ihnen schickte er im Laufe der Zeit »Nachdämmerungen« und »Dämmerungsschmetterlinge oder Sphinxe« nach. Nicht immer behielt er den ernsten Ton bei. Er wollte das deutsche Volk nicht nur aufrütteln, sondern auch erheitern. Durchaus heiter war die »scherzhafte Flugschrift«: »Mars und Phöbus – Thronwechsel im Jahre 1814«, mit der er die siegreichen Truppen der Verbündeten nach Frankreich hineinbegleitete. Sie schloß seine politischen Schriften ab.
    Welch eine Spannweite von den prophetischen Donnerworten der »Krieg-Erklärung gegen den Krieg« bis zu diesen letzten kleinen Flugblättern! Sie umspannte einen weltpolitischen Abschnitt von dem ersten Auftauchen bis zum Untergang Napoleons. Es war nicht zufällig, daß Jean Paul am Abschluß der großen Völkertragödie nur noch scherzhafte Töne fand. Ein tieferes Eindringen in die Weltlage versagte er sich. Zum Teil war die Entwickelung so verlaufen, wie er vorausgesagt und gewünscht hatte. Zum andern Teil aber mußte er sich sagen, daß von den seit der französischen Revolution aufgeworfenen Problemen kein einziges gelöst war. Kein einiges großes Deutschland war das Ergebnis des Völkerringens gewesen, sondern eine weiter zwischen den »Schildkrötenschalen« Preußen und Österreich eingeklemmte Nation. War diese Richtung dem Verfasser der »Friedenspredigt« entgangen? Wohl kaum. Aber er äußerte sich nicht mehr zur Weltlage. Er hob sein Herz aus den politischen Verwickelungen der Zeit heraus, um fortan nur noch reine und losgelöste Dichtungen zu schreiben. Dieses Schweigen eines Geistes, der noch eben als Kämpfer in die Welt eingegriffen hatte, besagt mehr, als alle Zeitkritik tun könnte. Der Dichter des »Titan« verstummte, der Jünger Herders zog sich aus den Welthändeln zurück. Er mußte begreifen, daß die Zukunft den erstarkten Mächten Preußen und Österreich gehörte. Die Kantianer und die Romantiker beherrschten das Feld. Herder und er hatten der Zeit die großen Antriebe gegeben. Jetzt rollte sie in anderer Richtung weiter.

Idyllen und Humoreske n
     
    Seltsam verschlingen sich die Linien von

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