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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Nicht der längste Friede an sich macht, wie die Schweiz zeigt, selbstisch, zaghaft, weichlich, sondern die Regierungsweise, welche nicht mit feurigen Ideen den scheintoten Staatskörper beseelt und anbrütet.« Immer wieder kommt Jean Paul auf diesen Grundgedanken zurück, daß erst von einer Idee her ein Staat seine Seele und sein Leben empfängt.
    Wie aber steht es damit, daß der Friede »verweichlicht«? Ein Krieg »härtet nicht viel stärker aus als der Friede; denn dieser gibt dem Landmann, Seemann, Kaufmann, Handwerksmann, also der Überzahl, Eisenmolken länger zu trinken als die kurzen, mit Schwelgereien unterbrochenen Strapazen einiger Kriegsjahre dem Soldaten«. Und weiter: »Der Körper sei siech, weich, weichlich und weiblich: setzt z. B. ein Mutterherz hinein, so ist er eine Bergfestung und die Kinder werden durch keinen Sturm erobert.« Immer wieder wird darauf hingewiesen, daß der Mut von der Idee, nicht von Abhärtung oder Stärke des Körpers herkommt. »Folglich kann ein Friede ebensogut durch eine Idee – es sei Freiheit oder Religion oder Ehre – den verzärtelten und genußhungrigen Körper gleichsam dem siegenden Geiste vorspannen, als ein Krieg ohne diese Idee den Geist im abgehärteten Körper gleichsam als einen gepanzerten Patienten hinlegt. – Das immer fortdauernde Kriegfeuer brannte doch die Kaiser-Römer nicht härter aus, sondern schmolz sie durch das Verquicken mit dem Golde der Welt nur flüssiger zusammen.« »Ein ewiger Krieg würde ganz anders entkräften als ein ewiger Friede.« »Wollte ein großer Staat nur die Hälfte seines Kriegsbrennholzes zum Bauplatz des Friedens verbrauchen; wollte er nur halb so viel Kosten aufwenden, um Menschen als Unmenschen zu bilden, und halb so viel, sich zu entwickeln als zu verwickeln: wie ständen die Völker ganz anders und stärker da.« »Keine Despotie hebt sich, wie wir ja an den letzten Römern sahen, auf Schwertern aus dem Seelenschlamm.«
    Worin kann nun das Ziel eines Krieges zwischen zwei zivilisierten Völkern bestehen? Landerwerb ist bereits als lohnendes Ziel eines Krieges abgewiesen. Die Völker, die ihre Haut für Landerwerb zu Markte tragen, sind betrogen, denn in nichts bessert sich ihre Lage und ihre Regierung dadurch, daß weitere Einwohner ihnen zugezählt werden. Aber die Freiheit! Die Freiheit ist ein Kriegsziel, des vollen Einsatzes eines Volkes wert. Aber die Freiheit darf nicht darin bestehen, daß man eine andere Freiheit erdrosselt. Wie steht es also nach dieser »Krieg-Erklärung gegen den Krieg« mit einem deutschen Krieg gegen Frankreich, mit einem Befreiungskrieg? Ausgesprochen wird es nicht, daß dieser Krieg notwendig und gerecht wäre. Ausgesprochen wird aber etwas anderes: daß er überflüssig sein könnte, wenn die Franzosen dem zermorschten deutschen Staatswesen wirklich nur die Befreiung bringen und nicht ein neues, unerträgliches Joch auferlegen wollten. Noch ist an Predigen eines Befreiungskrieges in Deutschland ja nicht zu denken. Noch steht Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht, ist Deutschland zerklüfteter als je. Frankreich hat es in der Hand, die friedliche Verschmelzung mit Deutschland herbeizuführen. Der Rheinbund wird ja geradezu als ein Schritt zur deutschen Verwirklichung aufgefaßt. Wenn man es aber nun in Napoleon nur mit einem Eroberer zu tun hat, der in Eitelkeit und Erobererdrang die Welt unterjochen will? Dieser Fall wird deutlich ins Auge gefaßt. Und von hier aus erscheint die ganze Schrift auf einmal nicht an die Deutschen, sondern an die Franzosen gerichtet. Denn nicht die Deutschen sind es ja, sondern die Franzosen, die eine Welt mit Krieg überziehen. Wir müssen uns denken, daß Deutschland unter strenger Überwachung durch die Spione Napoleons stand. Es war ein fast unmögliches Unternehmen, etwas gegen die Macht Napoleons zu veröffentlichen. Eine »Krieg-Erklärung gegen den Krieg«, das sah freilich so aus, als ob das deutsche Volk zum friedlichen Ausharren ermahnt würde. Kein französischer Agent konnte dagegen etwas einwenden. Und gewiß hielt Jean Paul in seiner Schrift seinem Volk auch noch einmal die Furchtbarkeit eines Krieges vor. Niemand sollte den entsetzlichen Riesen unvorsichtig aufwecken. Aber im Grunde bedeutete der Titel doch noch etwas anderes: Eine Kriegserklärung gegen die Entfesseler des Krieges, gegen das Eroberertum, gegen das napoleonische Frankreich! Deutschland war ja gar nicht in der Lage, einen Krieg zu beginnen oder ihm auszuweichen. Es war

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