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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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eines Tages aufs Krankenbett, von dem sie nicht wieder erstehen soll. Einem durchreisenden Franziskaner, in dem protestantischen Städtchen eine seltene Erscheinung, beichtet sie kurz vor dem Tode. Der Vater muß sich von dieser Beichte mancherlei versprochen haben. Er versteckt sich in einem alten engen Wandschrank hinter einer Tapetentür dicht an dem Bette der Frau und wird so Zeuge ihrer Beichte. Mara aber beichtet dem Mönch, daß der wirkliche Vater ihres Sohnes Nikolaus ein katholischer weltlicher Fürst sei, dessen Namen sie nie zu nennen geschworen habe. Von dem Vater habe er die Nasennarben und den Heiligenschein geerbt. Die richtigen Juwelen ihres Schmuckes, die sie kurz vor der Hochzeit herausbrechen und durch falsche ersetzen ließ, befänden sich hinter dem Bilde des heiligen Nikolaus. Mit diesen Steinen hätte sie einst für eine katholische und fürstliche Erziehung ihres Sohnes sorgen zu können gehofft. Hier stürzt der glückliche Vater aus seinem Versteck hervor, beteuert der Sterbenden seine Verzeihung und läßt den Mönch alles eben Gehörte zu Protokoll geben, um für spätere Ansprüche ein Unterpfand zu haben. Denn nichts scheint ihm leichter, als den fürstlichen Vater an seiner Nase und dem Heiligenschein herauszufinden. Dem Sohn aber gibt er in der Tat mit Hilfe der Steine eine fürstliche Erziehung, wie er sie sich vorstellt, und setzt Nikolaus hierin und auch sonst seinen drei Schwestern erheblich voraus.
    Die ganze Eindrucksfähigkeit der eigenen Kindheit hat Jean Paul in der nun folgenden Kindheit seines Helden dargestellt, immer die Gefahr im Auge behaltend, daß diese starke Empfänglichkeit für alles von außenher Kommende und für die Stimmen der eigenen Brust die Fäden zur Außenwelt einmal verwirren kann. Noch nichts von dem Wahnsinn der späteren Jahre ist in dieser Kindheit zu merken, und doch wird er langsam vorbereitet, aber, und das ist das allmählich Beklemmende daran, durch Einwirkungen, wie sie in keinem Leben ganz fehlen. Abweichungen von dem Gewöhnlichen, wie die fremdartige Religion der Mutter oder das elektrisch geladene Haar, beginnen sich in dem Knaben als Zeichen besonderer Sendung auszuwirken. Zunächst nur in einem Grade, wie man ihn bei fast allen phantasiebegabten Kindern finden wird. Wo wäre auch ein Vorbild, das ein solcher Knabe nicht zu erreichen und schließlich zu übertreffen glaubte! Nach den verschiedensten Richtungen hin wird der Knabe gezogen. Ein großer Seeheld, ein großer Prediger, ein Heiliger, ein Schauspieler, dies alles will Nikolaus werden. Er benutzt seine seltsame Gabe des leuchtenden Haares, sich zum Führer seiner Gefährten aufzuschwingen. Er scheitert an dem Schalk des Freundes Peter Worble, der sich als Vorbedingung seiner Freundschaft auswirkt, Nikolaus von Zeit zu Zeit zum Narren halten zu dürfen. Worble hat von diesem Vorrecht rechtmäßigen und ausgiebigen Gebrauch gemacht.
    Es fehlt nicht an schmerzhaften Zusammenstößen des weichen Herzens mit der Welt. Auch hier malt Jean Paul das eigene Wesen ab, das immer helfen und fördern will und oft das Falsche trifft. Kaum ein Zug, der vom Dichter nicht der eigenen Kindheit entnommen wäre, und fast unmerklich ist alles der Richtung des kommenden Wahnes zugebogen. Auch hierin steckt Abrechnung mit sich selbst: ein wenig anders, und du selbst wärest statt eines großen Dichters ein Narr geworden. Die fürstliche Abstammung des Sohnes hält den Vater übrigens nicht ab, empfindlich zu strafen. Dennoch hat der Alte die künftige Stellung des Sohnes fast immer im Auge. Wo sich eine Gelegenheit bietet, von Höfen und Fürsten zu erfahren und höfisches Wesen kennenzulernen, nutzt der Apotheker sie aus. Ein venerischer Jesuitenpater kommt durch Rom. Der Apotheker heilt ihn aus, läßt dem Knaben dafür von dem Windbeutel Unterricht in höfischem Betragen geben. Nicht anders macht er es mit dem reisenden Armgeiger de Fautle, dessen krause Reden ihm eine neue Bestätigung von der hohen Geburt des Sohnes sind. Alle Auslagen, zu denen er Eigenes und die Diamanten der Mutter verwendet, schreibt er sorglich in dem »Kronbüchlein« auf, das er einst dem Fürsten als Rechnung überreichen wird, wenn er ihm den fertigen Regenten übergibt.
    Naturgemäß liegt auf jugendlichen Liebschaften der Schwerpunkt dieser hingeträumten Jugend. Es gibt kein Mädchen, in das sich der kleine Nikolaus nicht verliebte. Wie er alle Helden und alle großen Männer werden will, so liebt er auch alle Frauen,

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