Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
ob er von ihnen liest oder ob er sie irgendwo zu Gesicht bekommt. Das tiefste Erlebnis aber kommt ihm von der Prinzessin Amanda. Ein ganzer Wagen voller junger Prinzessinnen ist in den Ort gekommen, und der schönsten von ihnen, einem wahren Engelsbild, eben der Prinzessin Amanda, darf Nikolaus sogar nahekommen. Sie ist mit ihren Gefährtinnen oder Schwestern auf einem Spaziergang. Bis zum Drehkreuz eines Feldweges ist der Knabe ihnen gefolgt. Als Amanda durch das Kreuz zurückwill, hält er es in seiner Befangenheit, anstatt es zu öffnen, vor ihr fest und hat sie so in der Gabel des Kreuzes gefangen. Es dauert allerdings nur einen Augenblick, aber er genügt, um ihr Antlitz ihm unauslöschlich einzuprägen, zumal er in einem blühenden Orangenzweig eine unendlich wertvolle Trophäe davonträgt. Der Gedanke an die Prinzessin verläßt ihn nicht mehr. In einem Gartenhaus findet er die Wachsbüsten der sämtlichen Prinzessinnen, die überhaupt nur nach Rom gekommen waren, um sich in Wachs bossieren zu lassen. Nachts schleicht sich der kühne Liebhaber an das Gartenhaus und trägt die Wachsbüste der angebeteten Amanda in einem Marktkorbe mit sich. Ein richtiger Prinzessinnenraub. Sorgfältig versteckt er das Bild unter Gerümpel auf dem Boden in einer alten Standuhr, vor der er heimliche Andachten feiert.
    Noch ehe Nikolaus mit einem standesgemäßen Hofmeister die Leipziger Universität bezieht, stirbt der Vater. In der Sterbestunde eröffnet der Apotheker dem Sohne die fürstliche Abstammung und übergibt ihm, ihn nunmehr mit Hoheit anredend, den letzten Diamanten, der für das Studium bestimmt ist. Peter Worble, der den Alten mit seinem vorgespiegelten Ernst zum Narren gehalten, wird von ihm zum Hofmeister bestimmt. Mit bizarrer Laune geht Worble auf die Komödie der fürstlichen Abstammung des Schulfreundes ein. Beruhigt schließt der Apotheker die Augen. Er weiß, im schlimmsten Falle wird Nikolaus Chemie und Botanik studieren und die Apotheke übernehmen, wenn der Diamant verzehrt ist, und seine drei Schwestern als Apotheker ernähren, bis der fürstliche Vater gefunden ist.
    Diese Kindheitsgeschichte hat Jean Paul, wie erwähnt, erst zuletzt dem Roman beigefügt. Der zweite Band zeigt uns Nikolaus als Besitzer der väterlichen Apotheke in seiner Vaterstadt Rom. Niemand mehr scheint an seine hohe Abstammung zu denken, und die Gegenwart verrät auch nur wenig fürstlichen Glanz. Nikolaus ist mit fernen drei Schwestern blutarm, und Worble hat noch weniger, nämlich Hunger. Dieser Hofmeister hat mancherlei Schicksale hinter sich. Zuletzt war er Quintus und Organist in Rom. Aber beide Stellen verlor er durch sein anstößiges Wesen. Als Organist liebte er es, Kirchenlieder, die schon an sich in die Höhe gehen, einige Töne zu hoch auf der Orgel anzustimmen, so daß ein entsetzliches Gequieke den heiligen Raum erfüllt. Lieder, die in die Tiefe steigen, aber fängt er zu tief an, so daß schließlich nur noch einige vereinzelte Bässe dröhnen. Schlimmer aber treibt er es noch als Schulmeister. In seiner Wohnung hielt er sich, der Sitte zuwider, einen männlichen Koch. Leider kam dieser eines Tages mit einem munteren Knäblein nieder und offenbarte sich auf diese Weise als Köchin, die der arme Schelm dann schließlich noch heiraten mußte. Jetzt fristet er sein Leben als Lehrer und Direktor einer Privatmädchenschule, einer »Winkelschule«, in der Jean Pauls Schwarzenbacher Schule travestiert ist. Er ist und bleibt guter Dinge wie zuvor, aber seine Frau macht ihm die Hölle heiß. Eine Variierung des Siebenkäs-Lenette-Themas.
    Dieser Teil des Romans beginnt mit einer Klubsitzung der Freunde in der kleinen Stadt Rom. Sämtliche Klubisten der Stadt nehmen an dieser denkwürdigen Sitzung teil, und nicht nur das, sondern auch sämtliche gesellschaftliche Vereinigungen der Stadt sind hier vertreten: Klub, Harmonie, Ressource und Kasino. Allerdings hat jede Gesellschaft nur ein Mitglied, und nur, weil es diesem Mitglied zu langweilig war, die Abende allein zu verbringen, haben sich alle Klubisten zusammen getan. So treten wir in die stattliche Gesellschaft von drei Mann ein. Peter Worble ist der eine, der Zuchthausprediger Frühauf Süptitz der zweite, der Hofstallmaler Renovanz der dritte. Als vierter fehlt noch der Apotheker. Endlich kommt auch er und ladet zu einem Punsch ein, die Freunde überraschend. In der Tat glaubt er besonderen Anlaß zu einer solchen fürstlichen Einladung zu haben. Zunächst hat er einen

Weitere Kostenlose Bücher