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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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schwere Schlag, von dem er sich nicht mehr erholen sollte. Im November starb ganz plötzlich, ein Jahr nach dem Tode Max Richters, sein Herzensfreund Heinrich Voß im 43. Lebensjahr. Erst Monate später war er imstande, der Mutter des Freundes sein Beileid auszudrücken. »Ach, er und mein Max liegen in meiner Seele in einem Sarge; auf der Erde erwarte ich niemand mehr, der mich zum zweiten Male so liebt.«
    Es war der Tod des Freundes, der ihn wiederum zu der bereits nach dem Tod des Sohnes begonnenen »Selina« zurückführte. Wir haben bereits gesehen, wie Jean Paul in diesem seinem Schwanengesang die Personen des »Kampanertals« nach Deutschland in die vertrauteren Gefilde zurückgeführt hat. Noch einmal baut er eine selige Welt auf, um in ihr die Gespräche über die Unsterblichkeit der Seele liebenden und geliebten Menschen in den Mund zu legen. Baron Wilhelmi, dessen Hochzeit mit Gione im »Kampanertal« gefeiert wurde, und sein Freund, der Rittmeister Karlson, haben sich zwei herrliche Landsitze, Falkenburg und Wiana, gekauft. Hier leben die Familien, in enger Freundschaft verbunden. Gione ist gestorben, aber sie lebt in ihrer herrlichen Tochter Selina fort, deren Verlobter Henrion ausgezogen ist, um für die Befreiung Griechenlands zu kämpfen. Karlson hat zwei Kinder, Nantilde, Selinas Freundin, und Alex, den Kraftvollen, auf der Erde Heimischen, der sich in den Gesprächen gegen die Unsterblichkeit wendet, aus einem überschäumenden Diesseitsgefühl heraus. Den einzelnen Abschnitten hat Jean Paul die Planeten als Überschriften gegeben. Durch alle Planeten hindurch, vom Uranos bis zur Sonne, sogar auf den freundlichen Monden verweilend, sollte die Unsterblichkeitswanderung gehen. Es hätte in Jean Pauls Art gelegen, zuerst das ganze Buch niederzuschreiben und dann zum Druck durchzuarbeiten. Diesmal verfuhr er anders. Nur wenig war er über die ersten fünf Abschnitte hinausgekommen, als er mit der weiteren Fortführung abbrach und erst diese Abschnitte fertig machte. Deutlich mochte sich ihm das Bewußtsein aufdrängen, daß er das ganze Werk nicht mehr vollenden würde. Christian Otto, der die Schrift nach Jean Pauls Tode herausgab, fügte einige Aphorismen und aus den Studienbüchern über den geplanten Fortgang der Arbeit so viel an, daß wir ihren weiteren Verlauf erraten können. Selina und ihr Freund Henrion sollen danach beide gleichzeitig an ihrem Geburtstag sterben. »Die höchsten, das Gefühl ansprechenden Trostgründe kommen nach Henrions Tode«, hatte der Dichter sich vorgenommen. Wir kennen aus den Romanen die Kraft des Dichters, wenn schon der Höhepunkt der Darstellung erreicht scheint, die Gestaltung noch weit darüber hinauszutreiben. Genau so hatte er es in der »Selina« beabsichtigt. Wie ihm erst nach dem Tode des Freundes die letzten und großartigsten Gedanken über die Unsterblichkeit aufgegangen sein mochten, so wollte er erst nach dem Ferntode des Freiheitskämpfers Henrion das Werk zu seinem Gipfelpunkt hinantreiben. Wie auch der »Komet« noch eine grandiose Steigerung erfahren sollte. Aber die Kraft reichte nicht mehr aus. Voller Ehrfurcht betrachten wir die letzten Ausläufer dieser vielleicht gewaltigsten Schaffenskraft, die die deutsche Dichtung hervorgebracht hat. Am Ende seines Werks steht Selina, diese Synthese von der Zartheit Lianens, von der innigen Stärke Idoines und dem hohen Geistesschwung Lindas. Ein zugleich rührender und gewaltiger Torso, alle Planeten- und Sonnenkreise durchsuchend.
    Unter unendlichen Qualen ging die Arbeit an der »Selina« vorwärts. Jean Paul war nunmehr völlig vereinsamt. Sogar mit dem besten Freunde Emanuel gab es einen Bruch, der anderthalb Jahre anhielt. Ein Baireuther Regierungsrat Krause verfolgte Jean Paul mit feindlicher Gehässigkeit. In der Neckarzeitung veröffentlichte er schließlich einen jedes Maß übersteigenden Aufsatz, auf den Jean Paul energisch zu antworten gezwungen war. Emanuel nahm Jean Paul seine schonungslose Polemik gegen Krause übel und kehrte dem Freunde den Rücken, als dieser auf der Straße mit ausgebreiteten Armen auf ihn zuging. Jean Paul litt außerordentlich, als Emanuel, der ihn in allen praktischen Dingen beraten hatte, fortblieb. Je mehr das Augenübel sich verschlimmerte, desto mehr fehlte ihm auch der geistreiche Plauderer, der bisher jeden Tag in der Dämmerung zu ihm gekommen war, um ihm die Zeit zu kürzen. Das Verhältnis mit Christian Otto hatte schon längst an Herzlichkeit eingebüßt.

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