Saemtliche Werke von Jean Paul
weiter hinten), was mich jetzo nötigt, meinen Sektor plötzlich auszumachen und einzusperren….
Zweites Extrablat t
Strohkranzrede eines Konsistorialsekretärs, worin er und sie beweisen, daß Ehebruch und Ehescheidung zuzulassen sind
Ich gesteh’ es hier, unser aufgeklärtes Jahrhundert sollte man das ehebrechende nennen. Ich sagte allerdings einmal auf dem Marktplatz zu Marseille, ich hielt’ den Bettel für recht, den Ehebruch – schon weit vor München sagt’ ich, man sollte an die Mutterkirche des Ehebettes noch ein Ehefilial stoßen – im Obersächsischen sagt’ ich, wenn jene Gräfin ein ganzes Jahr fortgebar, jeden Tag etwas: so wäre noch jetzo bei Gräfinnen wenigstens das vorhergegangene Jahr zu haben – in den zehn deutschen Kreisen drückt’ ich mich gewiß auf zehn verschiedene Arten aus; – – aber es war damals nirgends der Ort, die Sache klar aus der Physiologie darzutun, als bloß hier.
Sanktorius wars , der sich auf einen delphischen Nachtstuhl setzte und da die Wahrheit aussaß, daß der Mensch alle 11 Jahre einen neuen Körper umbekomme – der alte wird wie der deutsche Reichs-Körper stückweise flüchtig, und es bleibet von der ganzen Mumie nicht so viel sitzen, als ein Apotheker klein geschabt in einem Teelöffel eingeben will. Bernoulli widersprach gar diesem ganz und rechnete uns vor, Sanktorius stolpere, denn nicht in 11, sondern in 3 Jahren dampfe der eine Zwilling-Bruder weg und schieße der andere an. Kurz Russen und Franzosen wechseln den Körper öfter als das Hemd des Körpers, und eine Provinz bekommt allzeit neue Leiber und einen neuen Provinzial miteinander, in 3 Jahren, wie gesagt.
Die Sache ist gar nicht gleichgültig. Denn es ist sonach unmöglich, daß ein Kahlkopf, der sein Ehejubiläum begeht, an seinem ganzen Leibe auf ein Stückchen Haut hellersgroß hinweise und anmerke: »Mit diesem Läppchen Haut stand ich vor 25 Jahren auch am Altar und wurde samt dem übrigen an meine jubilierende Frau hinankopuliert.« Das kann der Jubelkönig unmöglich. Der Ehering ist zwar nicht herunter, aber der Ringfinger längst, um welchen er saß. Im Grunde ists ein Streich über alle Streiche, und ich berufe mich auf andre Konsistorialsekretäre. Denn die arme Braut steigt freudig mit der Statua curulis von einem Bräutigamkörper unter den Betthimmel und denkt – was weiß sie von guter Physiologie –, am Körper habe sie etwas Solides, ein eisernes Stück, ein Immobiliargut, kurz einen Kopf mit Haaren, von denen sie einmal sagen könne: an meinen und an meiner Haube sind sie grau geworden! Das hofft sie; indes schafft unter ihrem Hoffen der Schelm von einem Körper seine sämtliche Glieder, wie ein Student sein verschuldetes Studentengut, nach 3 Jahren infinitesimalteilchenweise bei Nacht und Nebel fort. – Wendet sie sich am Neujahrabend um: so liegt im Ehebette bloß ein Gipsabguß oder eine zweite Auflage neben ihr, die der vorige Körper von sich darin gelassen und in welcher kein altes Blatt der alten mehr ist. Was soll nun eine Frau, wenn der Kubik-Inhalt des Brautbettes und der des Ehebettes so verschieden sind, von der Sache denken? – ich meine, wenn z.B. ein ganzes weibliches Konsistorium (z. B. die Frau Konsistorialpräsidentin, die Vizepräsidentin, die Konsistarialsekretärin) nach 3 Jahren auf dem Kopfkissen ein ganz anders männliches Konsistorium antrifft, als das aufgelöste war, das die Ehe versprach: was soll eine Frau da anstellen, die, wenns eine Konsistorial-Hälfte ist, recht gut weiß quid juris? Sie, sag’ ich, die es hundertmal über dem Essen gehört haben muß, daß eine solche Entweichung des männlichen Körpers eine verfluchte bösliche Verlassung oder desertio malitiosa ist, die sie von ihren Ehepflichten ganz losknüpfet – und es kann vollends eine solche Strohwitwe gar Lutherum de causis matrimonii gelesen haben und sich daraus entsinnen, daß er einer böslich Verlassenen nach einem oder einem halben Jahre eine neue Ehe nicht verbeut….. Sich in besagte neue Ehe zu begeben, wird offenbar die erste Pflicht und Absicht einer solchen Verlassenen sein; da aber der neue restierende Ehemanns-Körper nichts für den fortgedünsteten kann: so wird sie es, um ihn nicht zu kränken, ohne sein Wissen und ohne Rachsucht tun, wenn er etwan auf der Börse ist – oder auf dem Katheder – oder auf der Messe – oder zu Schiffe – oder hinter dem Sessiontisch oder sonst aus.
Inzwischen ist der Mann kein Narr, sondern so viel hat
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