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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gethan, so wären die jenseits postierten vier Weißen gezwungen gewesen, sie anzureden, und sie hätten wohl rückwärts fliehen können, um die Ihrigen zu warnen. Da sie aber so lange gewartet hatten, bis diese nachkamen, so waren sie nun alle eingeschlossen. Drüben stand Old Shatterhand mit dem erhobenen Henrystutzen, und neben ihm kniete der Hobble-Frank, damit Davy und Jemmy über ihn hinwegschießen könnten. Die Roten hatten ihre Waffen auf die Aufforderung des ersteren nicht sofort gesenkt, und darum waren die Schüsse gefallen. Fünf tote Utahs lagen am Boden. Die andern konnten kaum an Gegenwehr denken; sie hatten genug zu thun, ihre Pferde zu bändigen, welche durch den außerordentlichen Wiederhall der Schüsse scheu geworden waren.
    »Werft die Waffen weg, sonst schieße ich wieder!« ertönte Old Shatterhands Stimme abermals.
    Und von der andern Seite her erschallte es: »Hier steht Old Firehand. Ergebt euch, wenn ihr euer Leben retten wollt!«
    Und neben diesem rief der Apache: »Wer kennt Winnetou, den Häuptling der Apachen? Wer sein Gewehr gegen ihn erhebt, der verliert seinen Skalp. Howgh!«
    Waren die Utahs der Meinung gewesen, den Feind nur vor sich zu haben, so sahen sie jetzt, daß ihnen der Rückweg auch verschlossen war. Dort stand die mächtige Gestalt Old Firehands und die stolz-schlanke des berühmten Apachenhäuptlings. Neben ihnen hielt, da sonst kein Raum vorhanden war, die Tante Droll mit angeschlagenem Gewehr im Wasser, und zwischen diesen dreien sah man verschiedene Gewehrläufe ragen.
    Kein einziger der Utahs wagte, sein Gewehr wieder zu erheben. Sie starrten nach vorn und nach hinten und wußten nicht, was sie thun sollten.
    Widerstand leisten wäre ihr Verderben gewesen, das sahen sie ein; aber sich so schnell und ohne alle Verhandlung ergeben, das widerstrebte ihnen. Da sprang Droll aus dem Wasser, schritt bis zum Häuptling vor, hielt ihm den Lauf des Gewehres an die Brust und rief ihm zu: »Wirf das Gewehr weg, sonst drücke ich los!«
    Der »große Wolf« hielt den Blick starr auf die dicke, fremdartige Gestalt geheftet, als ob er ein Gespenst vor sich sehe; die Finger seiner Rechten öffneten sich und ließen das Gewehr fallen.
    »Den Tomahawk auch und das Messer!«
    Der Häuptling griff in den Gürtel, nahm die beiden genannten Waffen heraus und warf sie fort.
    »Binde deinen Lasso los!«
    Auch diesem Befehle gehorchte der »große Wolf«. Droll nahm den Lasso und band mit demselben die Füße des Häuptlings unter dem Bauche seines Pferdes zusammen. Dann nahm er dieses letztere beim Zügel, führte es auf die Seite und rief dem Gunstick-Uncle, welcher hinter Old Firehand stand, zu: »Komm her, Onkel, und fessele ihm die Hände!«
    Der Uncle kam steif und gravitätisch herbeigeschritten und antwortete: »An den Gürtel will ich hinten – – ihm die beiden Hände binden.«
    Er schwang sich hinter dem »großen Wolf« auf das Pferd, machte seine Worte zur That und sprang dann wieder ab. Es war, als habe der Häuptling gar nicht gewußt, was mit ihm vorging; er befand sich wie im Traume. Sei Beispiel wirkte. Die Seinen ergaben sich nun auch in ihr Schicksal; sie wurden ebenso entwaffnet und gebunden wie er, und das ging außerordentlich schnell von statten, da alle Weißen nur darauf bedacht waren, zu thun, was der Augenblick erforderte.
    Gern hätte der Hobble-Frank Winnetou begrüßt; Davy und Jemmy hatten ganz dasselbe Verlangen; aber man durfte jetzt nicht an solche Herzensangelegenheiten denken, sondern mußte die Erledigung derselben für später aufheben. Es galt vor allen Dingen aus dem Canon zu kommen. Darum wurde, als der letzte Rote gebunden war und man die erbeuteten Waffen aufgelesen hatte, sofort der Weiterritt angetreten. Voran ritten die Jäger, dann kamen die Roten, und den Beschluß bildeten die Rafters. Winnetou und Old Firehand ritten mit Old Shatterhand voran. Sie hatten ihm still die Hand gegeben, die einzige Begrüßungsart, welche sie einstweilen für nötig hielten. Gerade vor den Gefangenen ritten zwei, welche sich viel näher standen, als sie dachten, nämlich die Tante Droll und der Hobble-Frank. Keiner sagte ein Wort zu dem andern. Nach einiger Zeit nahm Droll die Füße aus den Steigbügeln, stieg im Reiten auf den Rücken des Pferdes und setzte sich verkehrt in den Sattel.
    »Heavens! Was soll das heißen?« fragte Frank. »Wollt Ihr Komödie spielen, Sir? Vielleicht seid Ihr in einem Cirkus als Clown angestellt gewesen?«
    »Nein, Master,«

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