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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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läßt wie bei eener lebendigen.«
    »Is das wahr, oder wollen Sie mir bloß angst machen, Herr Franke?«
    »Es is die volle, reene Wahrheet, off die Sie sich ganz ergebenst verlassen können.«
    »So sind diese Roten ja die echten und richtigen Mordbarbaren! Aber ich lasse mich weder tot noch lebendig schkalpieren. Meine Haut bekommen sie nich, um keenen Preis. Ich wehre mich; ich verteidige meine Haare vom erschten bis zum letzten Oogenblicke. Mir sollen sie nich kommen, denn ich bin Frau Rosalie Eberschbach, geborene Morgenschtern und verwitwete Leiermüllern, und mich sollen sie kennen lernen!«
    Bei der andern Gruppe von Gefangenen, nämlich bei dem Bankier und seinem Buchhalter, ging es weniger lebhaft her. Sie lagen miteinander im Erdgeschosse. Dort brannte keine Lampe; es war finster. Die dortige Feuchtigkeit der Luft und ein zeitweiliges Gurgeln ließen vermuten, daß sie sich in der Nähe der Wasserquelle befanden. Die Mauern waren hier unten so stark, daß das Toben des Unwetters fast gar nicht vernommen wurde. Als man sie an Lassos niedergelassen, und der Deckel sich über ihnen geschlossen hatte, horchten die beiden erst eine kleine Weile. Es blieb rund um sie her still, und nichts verriet die Anwesenheit eines andern Menschen. Darum ergriff der Bankier das Wort, natürlich in englischer Sprache:
    »Seid Ihr ohnmächtig, Mr. Baumgarten, oder hört Ihr mich?«
    »Ich höre Euch, Sir. Es ist allerdings zum ohnmächtig werden. Was haben wir den Indianern gethan, daß sie uns in dieser Weise behandeln?«
    »Hm, das frage ich mich auch. Warum nehmen sie grad uns zwei gefangen und nicht auch die andern?«
    »Was das betrifft, so vermute ich, daß diese es nicht besser haben werden als wir.«
    »Ihr meint, daß sie auch gefangen sind?«
    »Ja.«
    »Habt Ihr einen Grund dazu?«
    »Mehrere. Einer von ihnen ist mir vor allen Dingen maßgebend: Die Roten können uns nicht gefangen nehmen, ohne unsre Gefährten auch festzuhalten, da diese uns sonst jedenfalls befreien würden.«
    »Das ist richtig, aber zugleich auch traurig für uns, denn wir müssen die Hoffnung, befreit zu werden, aufgeben.«
    »Fällt mir nicht ein! Ich hoffe bis zum letzten Augenblicke.«
    »Auf wen?«
    »Zunächst auf Gottes Hilfe. Und sodann erscheint es keineswegs ausgeschlossen, daß wir trotz allem auch auf unsre Gefährten rechnen können. Sie sind wahrscheinlich ebenso eingeschlossen wie wir, aber nicht gefesselt. Sie haben ihre Waffen bei sich. Nehmen Sie dazu, was für Kerls sie sind! Dieser Hobble-Frank ist zwar eine ganz wunderliche, originelle Persönlichkeit, aber gewiß ein unerschrockener, mutiger Mensch und tüchtiger Westmann. Von Hawkens, Parker, Stone und Droll läßt sich ganz dasselbe sagen, und was die übrigen betrifft, so gibt es außer diesem unzuverlässigen Kantor gewiß keinen, der die Hände furchtsam in den Schoß legen wird.«
    »Well, denke das auch. Aber warum hat man sich unser bemächtigt? Das ist es, was ich wissen möchte. Vielleicht eines Lösegeldes halber?«
    »Schwerlich. So etwas wäre die Art weißer Banditen, aber nicht diejenige der Indianer.«
    »Also einfach uns ausrauben?«
    »Auch nicht, wenigstens nicht allein. Wäre es nur das, so hätte man uns sogleich die Taschen geleert, anstatt uns nur die Waffen abzunehmen. Ich bin kein Westmann und kann also nichts Sicheres sagen, aber ich vermute, das Verhalten der Roten ist eine Folge der zwischen ihnen und den Weißen ausgebrochenen Streitigkeiten.«
    » All devils! Dann hätten wir nichts zu hoffen, denn dann wären wir, sozusagen, Kriegsgefangene, und es wird uns wohl an den Kragen gehen!«
    »Wenigstens wird das die Absicht der Roten sein.«
    »Schöne Aussicht! Am Marterpfahle braten und skalpiert zu werden!«
    »So weit sind wir noch nicht! Ich hoffe, wie gesagt, bis zum letzten Augenblicke. Wollen zunächst einmal versuchen, ob wir aus den Fesseln kommen können.«
    Sie gaben sich alle Mühe; sie strengten ihre Kräfte bis auf das Aeußerste an, doch ohne jeden Erfolg; die Riemen waren zu fest. Freilich, wenn Old Shatterhand und Winnetou sich an ihrer Stelle befunden hätten, die wären wohl schon nach einigen Minuten ihrer Banden ledig geworden; aber diese beiden hier waren unerfahren, und es fehlte ihnen derjenige Scharfsinn, welcher selbst aus der übelsten Lage noch einen Ausgang findet. Sie gaben ihre Bemühungen, die Riemen zu zersprengen, auf; sie einander aufzuknoten, daran dachten sie nicht, und doch hätten sie, selbst mit gefesselten

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