Säule Der Welten: Roman
dass die Prinzipalitäten ihre eigenen Schiffe herausgäben. »Sacrus hat selbst keine Schiffe, nicht wahr?«, fragte sie. »Jedenfalls nicht genug, um die Blockade zu brechen, die die Prinzipalitäten errichten würden.«
Margit zuckte die Achseln. »Oh, wir haben sogar mehrere Schiffe. Sacrus ist eine große Nation. Was allerdings die Bewaffnung angeht …« Sie lachte, aber es klang nicht freundlich. »Ich glaube nicht, dass wir eine Flotte der Prinzipalitäten zu fürchten hätten.«
Mit einem Mal fühlte sich Venera von so viel Selbstbewusstsein verunsichert. Margit schlenderte zu dem ramponierten Kasten hinüber und klappte den Deckel auf. »Wenn Sie schon einmal hier sind«, sagte sie, »sollten wir uns über den Schlüssel zu Candesce unterhalten.«
»Lieber nicht.« Venera stand auf. »Mein Wissen ist schließlich der einzige Trumpf, den ich habe. Den werde ich nicht verschleudern.«
Diesmal antwortete Margit nicht. Stattdessen zog sie an einer Klingelschnur, die neben dem Kasten an der Wand hing.
Die Schwerkraft war sehr niedrig, und Venera hatte vermutlich noch genügend Kraft, um das Fenster mit einem einzigen Sprung zu erreichen. Dann könnte sie sich - notfalls mit den Fingerspitzen - am Mauerwerk emporziehen und wäre in weniger als einer Minute auf
dem Dach. Allerdings nicht schneller, als die Soldaten eine Treppe hinaufstürmen könnten, um sie zurückzuholen.
Margit beobachtete, wie sie die Möglichkeiten abwog. Als sich hinter Venera die Tür öffnete und ein großer, schwer gepanzerter Soldat eintrat, lachte die Botanikerin.
»Ich werde Ihnen nicht wehtun«, versprach sie und trat auf Venera zu. In ihrer Hand glitzerte etwas. »Ich will nur sicherstellen, dass Sie von jetzt an kooperieren.«
»So wie damals bei Moss?« Venera deutete mit einem Nicken auf die Spritze in Margits Hand. »Ist es das gleiche Zeug, das Sie ihm verabreicht haben?«
»Richtig. Das war ein Unfall«, sagte die Botanikerin, als der Soldat vortrat und von hinten Veneras Handgelenke packte. »Bei Ihnen passe ich besser auf.«
Das war ein Unfall. Eine Logik, die Venera wohl vertraut war; sie selbst schob oft ihren Opfern die Schuld an den Dingen zu, die sie ihnen antat. Seltsamerweise überzeugte das Argument in diesem Fall nicht.
Margit musste um eine breite Couch herumgehen, um zu ihr zu gelangen. Sie machte den ersten Schritt, und Venera ballte die Fäuste, bog die Unterarme ab und hob dann die Arme in einer eiförmigen Kurve. Das hatte ihr Chaison einmal gezeigt. Der erschrockene Soldat klammerte sich an ihren Handgelenken fest, wurde aber unversehens nach vorne gezogen und geriet aus dem Gleichgewicht, als Venera seine Hände über ihren Kopf zog. Und dann drehte sie sich, er konnte ihre Hände nicht mehr halten, sie brachte sie über die seinen und drückte nach unten. Er fiel schwer auf die Knie.
Sie trat ihm mit dem Fuß ins Gesicht. Sein Helm schlitterte quer durch den Raum, Margit schrie auf, und Venera sprang auf die Couch, schnappte sich die offene Weinflasche und schwang sie nach hinten, um sie auf den Kopf der Botanikerin niedersausen zu lassen.
Margit holte mit der Spritze aus und erwischte Veneras Ärmel. Sie umkreisten sich kurz, dann bekam Venera das Handgelenk ihrer Gegnerin zu fassen, und beide fielen zu Boden.
Die Flasche rollte davon und verspritzte dabei den roten Wein. Venera zog Margits Arm nach oben und biss sie ins Handgelenk. Als die Botanikerin daraufhin losließ, wollte sich Venera die Spritze schnappen. Margit wiederum stürzte sich auf die Flasche.
»Eben wollte ich dich noch umbringen«, zischte Venera. Sie landete auf Margits Rücken, als die Botanikerin die Finger um die Flasche schloss. »Aber ich hab’s mir anders überlegt.« Sie rammte Margit die Nadel in die Schulter und drückte den Kolben durch.
Margit kreischte auf und rollte sich zur Seite. Venera ließ es geschehen. Die Botanikerin hatte die Weinflasche losgelassen, und Venera nahm sie und entleerte sie über dem Holzkasten.
Margit hielt sich die Schulter und rannte fluchend auf den Soldaten zu, der sich gerade aufsetzte. Als sie sah, dass Venera nach einer der brennenden Kerzen griff, schrie sie »Nein!« und wollte zurückeilen.
Es war zu spät. Venera hielt bereits die Flamme an den weingetränkten Kasten, und das ganze Ding fing Feuer. In seinem rötlich gelben Schein rannte Venera durch den nächsten Torbogen. Sie wollte wissen, ob dieser Kasten alles war, was Margit aufzubieten hatte.
»Aha …« Sie stand
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