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Säule Der Welten: Roman

Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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schlagend, würden sie durch Virgas Himmel gleiten, bis sie irgendeinem Nichtsahnenden in den Schoß fielen. Irgendwo würde man eine Welt mit Schwerkraft für sie finden; es waren mythische Wesen, zu schön, um sie einfach sterben zu lassen.
    Nun legten Corinnes Männer die Hebel um, die Flosse von Spyre abkoppelten. Venera schwebte, plötzlich schwerelos, in der offenen Tür und sah eine Mauer aus Renn-Efeu rasend schnell hinter den Wolken entschwinden.
    Sie ließ sich ins Innere treiben. Niemand sprach ein Wort. Erschöpft schauten sich die Männer und Frauen, die in dem schmalen Vorzimmer der winzigen Nation zusammengepfercht waren, in die Augen. Flüchtlinge waren sie jetzt alle; man merkte ihnen an, dass sie damit
rechneten, vielleicht schon in den nächsten Minuten Opfer eines grausamen Schicksals zu werden. Natürlich hatte keiner von ihnen eine Vorstellung, wie dieses Schicksal aussehen könnte, und Venera wusste nicht, ob sie über so viel Verwirrung lachen oder weinen sollte.
    »Ganz ruhig«, sagte sie zu einer schluchzenden Frau. »Wir müssen hoffen, nicht verzweifeln. Der Ort, an den wir gehen, wird Ihnen gefallen.«
    Stille. Dann fragte jemand: »Und wo gehen wir hin?«
    Und eine andere Stimme sagte: »Nach Hause.«
    Venera horchte auf. Die Stimme kannte sie nicht, aber den Akzent …
    Ein Mann sah sie unverwandt an. Er hielt sich mit einer Hand an einer von Flosses Metallstreben fest, schien sich aber in der Schwerelosigkeit ganz heimisch zu fühlen. Sie erkannte jedoch die Fetzen, die er trug - er war einer von den Gefangenen, die sie aus dem Grey-Hospital befreit hatte.
    »Sie sind nicht von hier«, sagte sie.
    Er grinste. »Und Sie sind nicht Amandera Thrace-Guiles«, sagte er. »Sie sind die Frau des Admirals.«
    Sie war wie vom Donner gerührt. »Was?«
    »Ich habe Sie bei unserer Befreiung nur von ferne gesehen«, sagte der Mann. »Und als wir hierher nach Flosse kamen, habe ich Sie aus den Augen verloren. Alle redeten über die rätselhafte Herrin von Buridan. Aber jetzt erkenne ich Sie wieder.«
    »Ihr Akzent«, sagte sie. »Das ist Slipstream .«
    Er nickte. »Ich gehörte der Expedition an - ich war an Bord der Arrest . Ich nahm auch an der großen Schlacht
teil, als wir die Falkenformation besiegten. Als Ihr Mann sie besiegte. Ich habe gesehen, wie er die Krähe in das feindliche Schlachtschiff bohrte wie ein Messer in das Herz eines Menschen. Ich habe auch noch gesehen, wie das Drecksding hochging, bevor sie mich mit dem Netz aus der Luft fischten und ins Gefängnis warfen.« Jetzt war sein Gesicht wutverzerrt.
    Venera schlug das Herz bis zum Hals. »Sie haben gesehen, wie Chaison … starb?«
    »Wie er starb?« Der ehemalige Flieger sah sie ungläubig an. » Wieso starb? Er ist nicht tot. Ich saß zwei Wochen mit ihm in einer Zelle, bevor mich die Falken an Sacrus verkauften wie einen Sack Getreide.«
    Venera wurde es schwarz vor den Augen, und unter Schwerkraft wäre sie vornüber gefallen. Der Mann sprach ungerührt weiter: »Ich hätte mir in diesen Wochen mehrmals gewünscht, er wäre tot. Es ist nicht leicht, einen kleinen Raum mit einem anderen zu teilen, besonders mit einem Menschen, vor dem man früher großen Respekt hatte. Mit der Zeit sieht man alle seine Fehler.«
    Venera hatte sich so weit erholt, dass sie krächzte: »Ja, ich weiß, wie er sein kann.« Dann wandte sie sich ab, um ihre Tränen zu verbergen.
    Der riesige Metallflügel schoss ratternd durch die Luft. Hinter der offenen Tür, vor der sich Bryce und Sarto abzeichneten, schien der Himmel zu brodeln. Die auseinanderbrechende Welt wirbelte Wolken und Luft durcheinander. Der Schall holte Flosse schließlich ein, ein nicht enden wollender Missklang, als würde ein Glockenturm in die Luft gesprengt. Das Geläut sollte die Prinzipalitäten eigentlich warnen, rechtzeitig Schutzmaßnahmen
gegen die Katastrophe zu ergreifen. Aber wenn sich quadratkilometergroße Metallteile irgendwo durch ein Habitatrad pflügen sollten, wäre ohnehin nichts zu machen.
    Venera war es, als kämen die Wirbelstürme und der grässliche Lärm aus ihrem eigenen Herzen. Er war am Leben! Absurderweise stellte sie sich mit einem Mal vor, wie sie ihm die ganze Geschichte erzählte - sie fing mit Garth an, der sie gerettet hatte, schilderte ihre ersten Eindrücke von Spyre von der Warte eines dachlosen, baufälligen Steinwürfels aus; beschrieb Klein-Spyre und Sacrus und den Buridan-Turm. Eben waren das alles noch nackte Tatsachen gewesen,

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