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Säule Der Welten: Roman

Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Gleise; an einer Stelle ragte ein verlassener Scharfschützenturm über dem Streifen auf. Auch er schwankte bedenklich.
    Die Schienen liefen scheinbar perspektivisch zusammen, stiegen aber zugleich mit dem Gelände in einer eleganten flachen Kurve an, die zur Senkrechten wurde, wenn er ihr nur lange genug folgte. Er schaute aber nicht so weit, sondern richtete den Blick auf eine etwa anderthalb Kilometer entfernte Stelle, wo lebhafter Betrieb herrschte.
    Dort prangte wie ein obszönes Graffito eines der verölten Abstellgleise der Konservationisten-Vereinigung. Einige Männer gossen Alkohol in die Tanks einer großen Turbinenlokomotive, die wie ein Götze des Industrialismus auf den Schienen hockte. Andere hatten eine Rangierlok gestartet und zogen damit Waggons beladen mit Eisenplatten und Schutt heran. Die entsprechenden Anweisungen entnahmen sie den fernen Sirenensignalen.
    Mit alledem waren sie so beschäftigt, dass keiner von ihnen bemerkt hatte, was am Himmel passierte.
    »Garth, du bist verrückt.« Er hüpfte von einem Fuß auf den anderen und rang dabei die Hände. In jüngeren Jahren hätte er nicht gezögert. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er nur für solche Eskapaden gelebt. Er verwünschte seine eigene Feigheit und lief stolpernd die Schienen entlang - auf das Lager der Konservationisten zu.
    In letzter Zeit musste sich Garth zunehmend häufiger selbst beweisen, dass er immer noch der Alte war.
Er trug nach wie vor die schwarze Mütze und die langen Koteletten, mit denen sich einst die Schwerenöter geschmückt hatten … dabei war er sich durchaus und schmerzlich bewusst, dass seine beste Zeit vorüber war. Sein langer Ledermantel war über und über voller Risse und Flecken. Das Doppelhalfter, in dem einst die zwei teuersten und elegantesten Duellpistolen von ganz Spyre gesteckt hatten, trug er zwar immer noch, aber nun befand sich nur noch Krimskrams darin. Bei jedem Atemzug rasselte es in seiner Brust, und wenn ihm der Kopf nicht wehtat, dann schmerzten die Beine oder die Hände. Die Schmerzen verfolgten ihn überallhin; sie hatten Krähenfüße eingegraben, wo er früher seine Augen schwarz umrandet hatte, um den Damen mit seinen langen Wimpern zu imponieren.
    Die Lokomotive der Konservationisten fuhr an. Sie kam auf Garth zu, deshalb verließ er vorsichtshalber die Schienen und kauerte sich unter einige Büsche, um sie vorbeizulassen. Er befand sich auf umstrittenem Gebiet, deshalb würde ihn hier niemand zur Rede stellen, aber es würde auch niemanden kümmern, wenn man ihn kurzerhand von einem Zugfenster aus erschoss. Während er wartete, beobachtete er die langsam herabsinkende Frau, um festzustellen, ob sich seine erste Einschätzung bezüglich ihrer Flugbahn bestätigte.
    Garth schaffte es, auch das letzte Stück bis zum Lager der Konservationisten unbemerkt zurückzulegen. Noch ging dort alles drunter und drüber; Männer in steifen Ledermänteln und mit kahlrasierten Köpfen krochen unter den Flüchen eines Aufsehers wie die Ameisen auf einer zweiten, vom Rost zerfressenen Lokomotive
herum. Der erste Zug hatte schon mehrere Kilometer auf der Rundung nach oben zurückgelegt, und wenn Garth der Länge nach über Spyre schaute, könnte er sicherlich viele weitere Züge fahren sehen. Aber das interessierte ihn nicht.
    Die Welt verlor immer wieder einzelne Stücke. Aber das war nicht sein Problem.
    Er schlich sich im Schutz zweier schwankender Stapel mit Eisenbahnschwellen zu einem Haufen Fangnetze, den die Konservationisten hier abgelegt hatten, fischte mit einem Stock, den er unterwegs aufgelesen hatte, eine von den Rollen heraus und zog sie in die Schatten. Bei voller Schwerkraft hätte das Ding mehrere Hundert Kilo gewogen; auch so drückte ihn das Gewicht fast zu Boden, als er es zu einer nahe gelegenen Baumreihe trug.
    Gerade kam die Frau auf ihrer langgezogenen Spirale wieder vorbei, tiefer jetzt und ziemlich schnell. Ihre Gewänder rauschten im Gegenwind, und das dunkle Haar flatterte wie eine Fahne hinter ihr her. Als Garth sah, dass ihre Haut, wo sie freilag, knallrot war, hielt er überrascht inne, nur um danach mit doppelter Anstrengung auf das nächste senkrechte Kabel zuzusteuern.
    Durch Spyres Innenraum zogen sich wie Speichen Tausende solcher Kabel; einige stiegen nur flach an und trafen schon nach wenigen Kilometern wieder auf die Außenhülle der Welt. Andere führten senkrecht nach oben bis zur gegenüberliegenden Seite des Zylinders. Alle standen unter enormer Spannung,

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