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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sie eigentlich hier? Nachgucken wie ein heimlicher Homo aussieht?«
    »Kommt ungefähr hin. Ich versuche mir darüber klarzuwerden, wieso das eigentlich passiert ist, damit ich Melissa helfen kann.«
    »Und? Haben Sie es schon geklärt, wieso?«
    »Noch nicht.«
    »Sind Sie auch einer?«
    »Ein was?«
    »Ein Homo, schwul - wie auch immer sie es heute nennen. So wie er, Sturgis. Und ich und…«
    »Nein.«
    »Glück gehabt! - Die gute alte Melissa. Wie war sie früher, als kleines Kind?«
    Ich erzählte es ihm, betonte das Positive, achtete sorgfältig darauf, die Schweigepflicht nicht zu verletzen.
    »Ja«, sagte er wieder, »so habe ich es mir vorgestellt. Ich hätte gern - Ach, zum Teufel damit!« Er erhob sich überraschend schnell, ging zur Küchentür und rief: »Noel!«
    Drucker kam heraus, er trug die rote Pikkolojacke über dem T-Shirt und Jeans und hielt ein Geschirrtuch in der Hand.
    »Du kannst jetzt gehen«, sagte Ramp »Der Doktor hier sagt, sie schläft. Wenn du warten willst, bis sie aufwacht, ist das okay. Ich hab’ hier nichts für dich zu tun. Aber pack mir bitte zuerst einen Koffer, Klamotten, Wäsche, schmeiß es einfach rein. Nimm den großen blauen Koffer in meinem Wandschrank, bring ihn hierher, spielt keine Rolle, wann. Ich bin hier.«
    »Ja, Sir«, sagte Noel und machte dabei ein unglückliches Gesicht.
    »Sir«, wiederholte Ramp und wandte sich mir zu. »Hören Sie das? Respektvoller Junge. Der wird es weit bringen! Harvard, nimm dich in acht!«
    Noel verzog das Gesicht.
    Ramp sagte: »Bestell deiner Mom, sie kann ruhig rauskommen. Ich werde nichts von dem hier essen, werde mich statt dessen hinlegen und schlafen.«
    Der Junge ging zurück in die Küche.
    Ramp sah ihn gehen. »Alles wird sich verändern«, sagte er, »alles.«

26
    Gerade als ich losfahren wollte, trat Noel aus dem Restaurant. Er sah mich und joggte zu mir rüber zum Seville. Er hatte seine rote Jacke ausgezogen und trug über seinem T-Shirt einen kleinen Rucksack. Auf dem Hemd stand Greenpeace. Er sagte: »Entschuldigen Sie.« Ich öffnete das Fenster auf der Beifahrerseite. Er entschuldigte sich noch einmal, indem er »Sir« hinzufügte.
    »Was ist, Noel?«
    »Ich hab’ mich nur gerade gefragt, was Melissa macht?«
    »Sie scheint meistens zu schlafen. Mit voller Wucht hat es sie vielleicht noch nicht getroffen.«
    »Sie ist ein sehr…«, er runzelte die Stirn.
    Ich wartete. Er erklärte: »Es läßt sich schwer ausdrücken.«
    Ich schob die Tür auf. »Kommen Sie rein!«
    Er zögerte einen Augenblick, nahm den Rucksack ab, legte ihn auf den Boden und setzte sich hinein. Er hob den Rucksack auf und legte ihn auf den Schoß. Sein Gesicht war unruhig und schmerzverzerrt.
    »Hübsches Auto«, sagte er, »Achtundsiebziger?«
    »Neunundsiebziger.«
    »Die neuen sind nicht annähernd so gut, zuviel Plastik.«
    »Mir gefällt er.«
    Er spielte mit dem Riemen seines Rucksacks.
    Ich sagte: »Sie haben etwas über Melissa gesagt, etwas, das schwer auszudrücken war.«
    Er runzelte die Stirn. Ein Fingernagel kratzte am Riemen. »Alles, was ich sagen wollte, war, daß sie etwas Besonderes ist, einmalig. Wenn man sie nur so sieht, würde man annehmen, daß sie ganz anders ist als in Wirklichkeit. Vielleicht klingt das sexistisch, aber die meisten wirklich gutaussehenden Mädchen beschäftigen sich hauptsächlich mit oberflächlichen Dingen, - wenigstens ist das hier draußen so.«
    »Hier draußen in San Labrador?«
    Er nickte. »Jedenfalls soweit ich es bemerkt habe. Ich weiß nicht, vielleicht ist das auch allgemein in Kalifornien so, oder auf der ganzen Welt. Ich hab’ nie irgendwo anders gelebt, seit ich klein war. Daher kann ich es nicht richtig beurteilen. Deshalb wollte ich hier weg, in eine andere Umgebung, ohne dieses ganze Getue.«
    »Nach Harvard?«
    Nicken. »Ich habe mich bei einer Menge Unis beworben, hab’ wirklich nicht gedacht, daß sie mich in Harvard annehmen würden. Als es klappte, beschloß ich dann hinzugehen, wenn sich die finanzielle Seite regeln ließe.«
    »Hat das auch geklappt?«
    »Im Grunde ja. Mit dem, was ich gespart habe, einem weiteren Jahr, in dem ich sparen würde, und noch ein paar Dollars zusätzlich, hätte ich es schaffen können.«
    »Hätte?«
    »Ich weiß nicht«, er zappelte herum, zog an den Gurten, »jetzt weiß ich wirklich nicht mehr, ob es am besten ist, wenn ich weggehe.«
    Ich fragte: »Warum?«
    »Ich meine, wie kann ich weggehen, wenn sie so etwas durchmacht? Sie ist nicht

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