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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einmal neu anzufangen. Daher stellt jeder anständige Abzug einen gewissen Wert dar, vor allem in Farbe. Wenn Sie in der Tat die endgültigen Drucke in ausgezeichneter Qualität haben, mit vollen Rändern und ohne Flecke, sind Sie ein gemachter Mann. Ich könnte vom richtigen Käufer dafür eine Viertelmillion für Sie erzielen, wahrscheinlich mehr.«
    »Für beide zusammen oder für jeden einzeln?«
    »Oh, für jeden einzeln. Speziell beim gegenwärtigen Klima. Die Japaner sind versessen auf Impressionisten, und Mary Cassatt steht ganz oben auf ihrer amerikanischen Liste. Ich nehme an, daß ihre wichtigen Gemälde demnächst siebenstellige Summen erzielen werden. Die Drucke stellen ja eigentlich eine Verbindung zwischen der westlichen und der asiatischen Gefühlswelt dar, - sie war stark von der japanischen Druckkunst beeinflußt. So etwas spricht die Leute an. Auch dreihunderttausend käme für einen wirklich guten Druck durchaus in Frage.«
    »Danke, Eugene.«
    »War mir ein Vergnügen. Sagen Sie Ihrem Freund oder Ihrer Freundin, es handelt sich um eine erstklassige Investition, und ganz ehrlich gesagt steht die volle Anerkennung dieser Künstlerin erst noch bevor. Wenn er oder sie allerdings tatsächlich verkaufen will, ist es nicht nötig, damit nach New York zu gehen.«
    »Ich werde es ausrichten.«
    »Bonsoir, Alex.«
    Ich schloß die Augen und stellte mir für eine Weile all die Nullen vor. Dann wählte ich meinen Auftragsdienst und erfuhr, daß Robin angerufen hatte.
    Ich wählte ihre Werkstattnummer. Als sie abhob, sagte ich: »Hallo, ich bin’s.«
    »Hi, ich wollte nur sehen, wie es dir geht.«
    »Ganz gut, bin immer noch hier draußen bei einem Fall.«
    »Und wo ist hier?«
    »Pasadena, San Labrador.«
    »Ah«, sagte sie, »altes Geld, alte Geheimnisse.«
    »Wenn du wüßtest, wie recht du hast.«
    »Extrasensorische Wahrnehmung«, alberte sie, »wenn niemand mehr Gitarre spielt, arbeite ich mit Kaffeesatz.«
    »Oder Börsianern.«
    »Nein, das nicht! Ich will nicht in den Knast.« Ich lachte.
    »Jedenfalls…«, sagte sie. »Wie geht es dir?«
    »Fein.«
    »Was macht Mr. Panics Gitarre?«
    »Wirklich nur ein Kratzer. Es war nicht mal entfernt ein Notfall. Ich glaube, er wird allmählich verrückt, nimmt sich selbst zu wichtig.«
    Ich lachte wieder. »Ich würde dich wirklich gern wiedersehen, wenn ich ein bißchen Luft habe.«
    »Klar«, meinte sie, »wenn du Luft hast.«
    Schweigen.
    »Bald«, sagte ich, obwohl ich keinerlei Grund zu der Annahme hatte. »Um so besser.«
    Ich kehrte ins Restaurant zurück. Auf meinem Tisch standen ein Korb mit Brot und ein Glas Eiswasser. Das Brot roch gut, Vollkornbrotscheiben und mit Anis gewürzte Baguettes, aber Madeleines ›leichte‹ Mahlzeit hatte mich gesättigt, und so schob ich es beiseite. Die Frau, die mich bedient hatte, bemerkte es, und ich meinte sie zusammenzucken zu sehen. Ich hob also die Speisekarte auf. Sie kam zu mir herüber, den Stift gezückt. Ich bestellte den teuersten Kaffee, den sie im Angebot hatte, und eine Schale Riesenerdbeeren.
    Sie brachte die Erdbeeren zuerst, die Werbung log nicht, sie waren so groß wie Pfirsiche, dann den Kaffee ein paar Minuten später, noch schäumend.
    Ich lächelte sie an. Sie sah aus, als hätte sie Sorgen.
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    »Tolle, phantastische Erdbeeren.«
    »Wir bekommen sie aus Carpenteria. Möchten Sie etwas frische Sahne dazu?«
    »Nein, danke.« Ich lächelte und ließ den Blick über die Straße wandern. Ich fragte mich, was wohl hinter der Fassade dieser Koryphäe vor sich ging. Vermutlich rechnete er gerade aus, wie viele Therapiestunden er brauchte, um einen Stich kaufen zu können, der eine Viertelmillion Dollar wert war. Ich überlegte, wie ich die Gabneys ansprechen sollte.
    Als die Besitzerin ein paar Minuten später wiederkam, war der Kaffee nur zu einem Drittel getrunken, und nur zwei Erdbeeren waren gegessen. »Stimmt etwas nicht, Sir?«
    »Aber nicht doch, alles ist wunderbar.« Ich nippte, um es zu beweisen, und spießte dann die gigantischste Erdbeere auf meine Gabel.
    »Wir importieren all unsere Kaffees«, sagte sie. »Simpson and Veroni kaufen bei ganz genau demselben Händler, aber sie verlangen den doppelten Preis.«
    Ich hatte keine Ahnung, wer Simpson und Veroni waren, aber ich lächelte und schüttelte den Kopf und sagte: »Sie kalkulieren scharf.« Dieses Einfühlungsvermögen beeindruckte sie nicht. Wenn sie immer so kontaktscheu war, konnte ich mir vorstellen, daß

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