SÄURE

das Bett war eine Miniaturausgabe, das ihrer Mutter. Und überall Regale randvoll mit Spieldosen, Puppengeschirr und Figürchen, drei Puppenhäuser und ein Zoo aus Stofftieren - genau die Bilder, die sie mir vor neun Jahren beschrieben hatte. -Das Zimmer, in dem sie nie geschlafen hatte.
    Das einzige Zugeständnis an die inzwischen junge Erwachsene war ein Schreibtisch neben dem Bett, auf dem sich ein Personalcomputer, ein Nadeldrucker und ein Stapel Bücher befanden.
    Ich nahm die Bücher in die Hand. Zwei Broschüren zur Vorbereitung auf den universitären Aufnahmetest, ›Das Collegespiel: Wie man seine akademische Laufbahn plant‹ und ›Fowlers Führer durch die amerikanischen Universitäten‹ sowie Informationshefte von einem halben Dutzend erstklassiger Colleges. Das aus Harvard mit Eselsohren, in dem Abschnitt über Psychologie befand sich ein Lesezeichen.
    Lehrbücher für die Zukunft in einem Zimmer, das in der Vergangenheit steckte. Als hätte ihr Geist sich weiterentwickelt, während das Übrige stagniert hatte. Hatte ich mir vor neun Jahren eingebildet, sie hätte sich verändert, während das in Wirklichkeit kaum der Fall war?
    Ich verließ das Zimmer, überlegte, ob ich sie im ersten und zweiten Stock suchen sollte und begriff, wie sehr ich sie damit erschrecken könnte. Ich ging hinunter und stand allein in der Halle, ziellos. Eine hohe Marmoruhr mit einem Zifferblatt, das fast zu überladen mit Ornamenten war, als daß man die Zeit hätte ablesen können, stand auf elf Uhr fünfundvierzig. Gina Ramp war nun schon seit fast neun Stunden verschwunden. Ich hatte mehr als die Hälfte dieser Zeit hier zugebracht. Ich ging los, um dem Profi Milo Bescheid zu geben, daß ich mich nun verabschiedete.
    Er stand mit gelockerter Krawatte hinter dem Schreibtisch, die Hemdsärmel nachlässig hochgerollt, das Telefon unter das Kinn geklemmt und schrieb gerade schnell mit. »Hmhm - Ist er im allgemeinen zuverlässig? - Das tut er? - Ich wußte gar nicht, daß ihr Jungs so gut seid - Wirklich? - Tatsächlich - Vielleicht sollte ich daran denken, yeah - Jedenfalls, um wieviel Uhr war das? - Okay, ich weiß, wo das ist. Ich danke Euch sehr, daß ihr euch zu diesem Zeitpunkt mit mir unterhaltet - Yeah, yeah, offiziell, obwohl ich nicht weiß, ob sie tatsächlich etwas tun - San Labrador ist - Yeah, ich weiß. Nur der Form halber allerdings - Ja, danke. Vielen Dank. Bye.«
    Er legte auf, sagte: »Das war die Highway Patrol. Sieht aus, als ob sich meine Reisetheorie bestätigt. Der Wagen wurde möglicherweise gesehen, um halb vier Uhr nachmittags auf der 210, fuhr in östlicher Richtung, draußen in der Nähe von Azuza. Das sind ungefähr zehn Meilen von hier, zeitlich stimmt das also überein.«
    »Was meinst du mit möglicherweise gesehen? Und warum hat es so lange gedauert, es herauszukriegen, wenn er schon heute nachmittag gesehen worden ist?«
    »Die Quelle ist ein Motorradcop außer Dienst. Er war zu Hause, hörte zufällig den Funkverkehr und die Suchmeldung und rief an. Schien gegen halb vier jemanden wegen überhöhter Geschwindigkeit gestoppt zu haben und schrieb gerade das Strafmandat aus, als er zufällig den Rolls, oder einen genauso aussehenden Wagen, in Richtung Osten vorbeirauschen sah. Es ging zu schnell, als daß er sich das Nummernschild hätte merken können, er hat nur gesehen, daß es ein englisches war. Beantwortet das deine beiden Fragen?«
    »Wer saß am Steuer?«
    »Das hat er auch nicht gesehen. Nicht, daß er sie hätte sehen können, die Scheiben sind schließlich getönt.«
    »Hat er dann getönte Scheiben gesehen?«
    »Nein, er hat nur auf den Wagen geachtet, auf die Karosserieform. Scheint, als ob er eine Art Sammler ist, hat einen Bentley ungefähr aus derselben Zeit.«
    »Ein Motorradcop mit einem Bentley?«
    »Hab’ ich mich auch gefragt. Der Bursche, mit dem ich gerade geredet habe, Sergeant bei diesen San-Labrador-Privatbullen, ist ein Kumpel von dem Kerl. Er hat den Anruf persönlich entgegengenommen, er ist auch ein Autofreak, sammelt Corvettes. Eine Menge Bullen sammeln alles, was Räder hat. Sie machen Überstunden, um ihr Spielzeug zu bezahlen. Jedenfalls sagt er, daß manche der alten Bendeys gar nicht so teuer sind, zwanzig Riesen oder so. Wenn du dir ein Wrack kaufst und machst es dir selbst zurecht, kommst du billiger weg. Die Rolls aus demselben Jahr kosten mehr, weil sie seltener sind - es wurden nur ein paar Hundert von diesen Silver Dawns hergestellt. Deshalb hat der