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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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»Wer bist du? Bist du die Tochter von Waris Dirie?«
    »Nein, das ist mein Patenkind Safa«, antwortete ich für das kleine Mädchen. »Sie hat mich in
Wüstenblume
gespielt.«
    Sofort versuchten auch die anderen Fotografen ein schönes Foto von der Kleinen zu schießen. Safas Schüchternheit war schnell verflogen. Unbekümmert posierte sie vor den Medienvertretern und erklärte auf Französisch, dass sie zum ersten Mal in Europa sei.
    »Aber ich werde sicher bald wiederkommen«, versprach sie.
    Ich musste lachen, ihre selbstsichere, kecke Art erinnerte mich wieder einmal an mich selbst.
    Auch die eleganten Damen, die in prachtvollen Roben und mit funkelnden Schmuckstücken an unserem Tisch Platz nahmen, beeindruckten Safa recht wenig. Munter plauderte sie mit den Millionärsgattinnen und Unternehmerinnen, die von ihr sichtlich begeistert waren. Nachdem die leckersten Speisen serviert worden waren und das typische Charity-Geplänkel abgehandelt war, wurden die Ausschnitte aus meinem Film anmoderiert. Die Lichter gingen aus, alle sahen gebannt nach vorne. Nur der Schein der Kerzen auf den elegant gedeckten Tischen ließ die Konturen der Gesichter der Gäste noch erkennen.
    Wenige Sekunden, bevor Safas Schrei in der Beschneidungsszene durch den Raum hallte, griff ich nach ihrer Hand. Sie war schweißnass. Ich sah zu ihr hinüber und bemerkte die Anspannung im Gesicht des Mädchens, das sich eben noch so fröhlich unterhalten hatte. Zum ersten Mal seit den Dreharbeiten sah sich Safa auf der Leinwand selbst – und jene grausamen Szenen, die ihr im echten Leben aufgrund ihrer Rolle erspart geblieben waren. Ist das zu viel für sie?, fragte ich mich. Oder gab es da noch etwas, das sie in diesem Moment so sehr belastete?
    Just in diesem Moment tippte mich meine andere Sitznachbarin an und hauchte ein entsetztes »Schrecklich!« in meine Richtung.
    Als kurz darauf die Lichter im Raum wieder angingen, bat mich mein Patenkind, mit zur Toilette zu kommen. Dort lehnte sich die Kleine erschöpft an die Wand. Ich kniete vor ihr nieder und sah ihr tief in die Augen.
    »Was ist denn los, Safa?«, fragte ich und gab sogleich selbst eine Antwort: »Die Szene war sehr schlimm für dich, hm?«
    Safa winkte ab. »Das geht schon. Aber weißt du, Waris«, begann sie, und ich hörte aufmerksam zu. »Ich habe mich dabei an etwas erinnert. An etwas, das ich lieber vergessen würde.« Betreten sah die Kleine zu Boden.
    Was würde sie mir jetzt anvertrauen? Was hatte man ihr angetan? »Safa, erzähl es mir«, sagte ich äußerlich ganz ruhig, obwohl mein Herz so sehr raste, dass ich das wilde Pochen regelrecht hören konnte.
    »Meine Oma hat in unserem Haus schon viele Mädchen beschnitten«, vertraute mir Safa nun leise ihr Geheimnis an. »Die Mädchen haben ganz genauso geschrien wie ich in dem Film. Aber ich hatte keine Ahnung, was genau sie da tut. Bis Sophie es uns erklärt hat.«
    Safas Mutter Fozia hatte mir gegenüber ja bereits in Dschibuti eine entsprechende Andeutung gemacht, dennoch war ich mir nicht sicher gewesen, ob sie mir damit nur Angst einjagen wollte. Offenbar hatte Fozia die Wahrheit gesagt. Meine kleine Safa lebte mit einer Beschneiderin unter einem Dach – ihre eigene Großmutter verdiente Geld damit, Mädchen zu verstümmeln.
    »Waris«, unterbrach mein Patenkind meine Gedanken. »Ich habe solche Angst, dass ich eines Tages auch beschnitten werde.« Schluchzend fiel sie mir in die Arme.
    »Liebes«, flüsterte ich. »Bitte vertrau mir. Wir haben einen Vertrag, und ich werde noch mal mit deinem Papa über alles sprechen. Ich bin mir sicher, dass er dir nie Leid zufügen könnte«, betonte ich, ohne zu wissen, ob ich die Wahrheit sagte.
     
    Zurück in Oberammergau, sah ich, dass nur noch in einem der Zimmer Licht brannte: bei Inab. Flüsternd wünschte ich Walter, Sophie und Joanna eine gute Nacht. Safa, die auf der Fahrt eingeschlafen war, hing schwer an meinen Schultern. Langsam tappte ich mit ihr die knarrende Holzstiege hinauf zu ihrem Zimmer, wo ich sie behutsam ins Bett legte. Danach ging ich zu Inab hinüber und klopfte leise an. Nichts rührte sich. Vorsichtig zog ich die Tür einen Spaltbreit auf. Die Achtzehnjährige lag im Bett und las in einem Magazin, das ihr Sophie geschenkt hatte. Schmollend sah sie mich kurz an und drehte sich gleich wieder beleidigt zur Seite. Dennoch ging ich hinein und stellte mich vors Bett.
    »Inab, du hast keinen Grund, sauer auf mich zu sein«, erklärte ich der jungen Frau,

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