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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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Gegend wie seine Westentasche. »Ich habe damals schon für euch gearbeitet, als ihr euren Film hier produziert habt. Auf der Strecke sind wir jeden Tag gefahren, da die Szenen entlang der Straße nach Ali Sabieh gedreht wurden«, erklärte Hussein, während wir in den hohen Wagen kletterten. »Willst du dich nicht nach vorne setzen, Waris?«, fragte er mich höflich, als ich auf der Rückbank Platz nahm.
    »Nein, ich bleibe hier hinten bei Fardouza«, bedankte ich mich. Ich wollte mich an meinem letzten Tag in Dschibuti mit unserer engagierten Mitarbeiterin auf Somali über die Arbeit der Desert Flower Foundation unterhalten. »Joanna wird dir Gesellschaft leisten, ihr wird so schnell schlecht, wenn sie hinten sitzt.«
    Hussein startete den Motor, und wir bogen vom Hotelparkplatz in die enge Gasse, die uns zu einem Kreisverkehr führte. Von dort ging es direkt auf die Küstenstraße. Inzwischen hatte sich die Sonne wie ein roter Feuerball über den Horizont geschoben und ließ den Indischen Ozean unter ihren morgendlichen Strahlen glitzern. Wehmütig sah ich den Wellen bei ihrem Spiel zu. Schon morgen würde ich nach Europa zurückkehren und all das hinter mir lassen.
    Nach wenigen Kilometern passierten wir das von riesigen Lagerhäusern und mächtigen Öltankern gesäumte Hafengelände von Dschibuti-Stadt. Von dem Hügel, den wir emporfuhren, konnte man den gesamten Hafen und den Golf von Aden überblicken. Die unzähligen Frachtschiffe, so groß wie Inseln, Lastkähne und angsteinflößenden Kriegsschiffe ließen erahnen, welch große Bedeutung dieser Hafen für das kleine Land hat.
    »Waris, siehst du die Berge da vorne?«, fragte Hussein, der auf der Kuppe angehalten hatte. Ich kniff die Augen zusammen. »Dort über dem Meer sieht man bereits Asien. Die Meerenge zwischen Dschibuti und dem Jemen heißt ›Tor der Tränen‹. Wer diese Meerenge kontrolliert, der hat große Macht«, sagte er mit bedeutungsvoller Stimme.
    Fardouza hatte mir bereits von dieser für Dschibuti und die Welt strategisch so wichtigen Stelle erzählt. Dennoch lauschte ich interessiert Husseins Erläuterungen. »Würden wir oder der Jemen das Tor der Tränen absperren, geht in Europa das Licht aus und die Menschen müssen zu Fuß gehen, denn Benzin gibt es dann auch keins mehr.« Der Afrikaner lachte schelmisch und sah mich im Rückspiegel an. »Vielleicht sind deshalb so viele Soldaten aus der ganzen Welt hier bei uns stationiert. Nicht wegen der somalischen Piraten, sondern weil es in Wahrheit um viel mehr geht: um die Energieversorgung des Westens.«
    »Du kennst dich aber gut aus«, sagte ich anerkennend.
    Er ließ den Wagen wieder an und fuhr fort: »Eigentlich sind wir sehr mächtig. Wenn wir hier eine Durchfahrtsgebühr verlangen würden, wären wir sicher nicht mehr eines der ärmsten Länder der Welt.«
    »Du solltest Politiker werden«, merkte Fardouza an.
    Joanna drehte sich zu uns um und fragte: »Weiß jemand von euch, warum die Meerenge so heißt?«
    »An diesem Ort haben Piraten jahrzehntelang ihr Unwesen getrieben«, erwiderte Fardouza. »Sie haben etliche Handelsschiffe überfallen und anschließend versenkt. Heute hat die Meerenge ihren Namen jedoch mehr denn je verdient, denn hier laufen die Flüchtlingsboote mit all den Menschen aus, die sich ein besseres Leben erhoffen. Ihr wisst sicher, wie viele von ihnen sterben, weil die überfüllten Boote kentern.«
    Joanna und ich musterten Fardouza nachdenklich. Selbstverständlich wussten wir von den Flüchtlingsdramen, die sich vor den Küsten Europas abspielten.
    »Bei uns wird darüber kaum in den Medien berichtet«, fuhr Fardouza fort. »Aber natürlich reden die Leute. Viele Menschen aus Ostafrika, Somalia, Äthiopien, dem Sudan und Eritrea wollen nur eines: weg! Weg aus ihren Heimatländern. Ein Teil von ihnen versucht nach Europa zu gelangen, aber ein noch viel größerer Teil will in die arabische Welt. Die Leute träumen von Jobs in milliardenschweren Paradiesen wie Dubai, Katar, Kuwait, Bahrain oder dem Oman. Die Grenzen bei uns sind nicht so gut gesichert wie jene in Europa, die Kontrollen nicht so streng. Schlepper- und Gangsterbanden beuten die Flüchtlinge gnadenlos aus. Die nehmen ihnen alles weg und bringen sie oftmals sogar noch um.«
    Joanna riss schockiert die Augen auf. »Wird dagegen denn nichts unternommen?«
    Fardouza schüttelte den Kopf. »Im Jemen genauso wie in Eritrea gibt es keine Polizei, an die sich die Opfer wenden können. Viele Menschen

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