Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume
entscheidende Rolle.«
Engagiert redete Sophie eine gute Stunde weiter, bis Idriss irgendwann artig den Arm hob, wie es Inab und seine Tochter zuvor getan hatten. Auf eine erneute Attacke gefasst, ließ Sophie ihn zu Wort kommen und war umso überraschter über das, was sie nun zu hören bekam.
»All diese Zahlen und grauenvollen Fakten haben mich zutiefst schockiert«, setzte Idriss an. Er klang ehrlich erschüttert. »Ich denke, das alles muss nicht sein. Diese Grausamkeiten müssen ein Ende haben.«
Inab riss erstaunt die Augen auf. Auch Sophie traute ihren Ohren nicht.
Da erhob sich Idriss und versprach feierlich: »Ich will mich eurem Kampf unbedingt anschließen. Für meine Schwestern, meine Landsfrauen und alle Mädchen dieser Welt.«
Sophie bekam eine Gänsehaut vor Rührung. Mit diesem überwältigenden Lohn für ihre Mühe hatte sie keinesfalls gerechnet.
Just in diesem Moment betrat Safa, die von ihrem Spaziergang mit Juliana zurückgekehrt war, den Sitzungsraum. Sie hatte sich nicht länger abwimmeln lassen und wollte dem Vortrag unbedingt weiter beiwohnen. Sie hätte sich keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können, denn als Nächstes wollte Sophie den Somaliern von mir und meiner Arbeit erzählen. Nachdem sie meine Lebensgeschichte und meine Beweggründe für die Gründung der Desert Flower Foundation erläutert hatte, ging sie auf unsere einzelnen Projekte ein.
»Waris und wir anderen Mitarbeiter von der Desert Flower Foundation haben in den letzten Jahren etliche Kampagnen gegen FGM durchgeführt. Sie war die Erste, die mit ihrem Buch
Schmerzenskinder
auf die Tatsache aufmerksam gemacht hat, dass auch in Europa Mädchen beschnitten werden. Daraufhin hat sich sogar Scotland Yard, die berühmte Kriminalpolizei in Großbritannien, gegen die Durchführung verbotener Genitalverstümmelungen durch europäische Ärzte eingesetzt.«
Inab, Safa und Idriss waren schwer beeindruckt. In ihrer Heimat war so etwas völlig undenkbar.
»Aber das ist noch nicht alles«, berichtete Sophie stolz. »Gemeinsam mit einer deutschen Werbeagentur haben wir die Kampagne » STOP FGM NOW « erarbeitet und damit viele Menschen auf das Problem aufmerksam gemacht. Und im Rahmen des Projekts »Together for African women« wurden für etliche benachteiligte Frauen aus besonders armen Verhältnissen Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben sie zu Themen wie Gesundheit, Hygiene, aber auch Haushalt und Finanzen geschult, so wie euch heute.«
Die drei nickten anerkennend.
Nachdem Sophie ihren Zuhörerern noch von dem dauerhaft laufenden Public-Awareness-Projekt berichtet hatte, bei dem wir über unsere Website, Facebook, Twitter, YouTube und meinen Blog Menschen in aller Herren Länder über unsere Arbeit informierten, kam sie auf etwas zu sprechen, das ihr ganz besonders am Herzen lag.
Eindringlich sah sie Inab in die Augen und sagte: »Derzeit arbeiten wir an einer großen Sache, mit der wir sehr vielen Frauen helfen können, die bereits beschnitten worden sind.«
Die Achtzehnjährige setzte sich auf, um Sophies Bericht noch aufmerksamer zu verfolgen. Sie wusste, dass nun von den Rückoperationen die Rede sein würde, über die sie mit Sophie am Tag zuvor gesprochen hatte.
»Doktor Pierre Foldès ist ein sehr engagierter Chirurg«, betonte Sophie. »Im Rahmen seiner zwölfjährigen Arbeit und Forschung hat er eine Methode entwickelt, die beschnittenen Frauen wieder ein normales Leben ermöglicht. Er hat in Paris bereits mehr als fünftausend Patientinnen operiert, und knapp achtzig Prozent der von ihm behandelten Frauen sagen, dass sie seither tatsächlich ein erfülltes Se…«
In diesem Moment fiel Sophies Blick auf Safa, deren Blick interessiert auf ihr ruhte, und sie stockte. Sie hatte die Anwesenheit der kleinen Wüstenblume über ihrer Begeisterung für die Kooperation mit dem Mediziner völlig vergessen.
»Safa, sei doch bitte so lieb und schick uns Walter herein. Du kannst dann Juliana bei der Arbeit helfen. Ich glaube, sie braucht dich ganz dringend«, sagte sie daher und öffnete die Tür zum Büro.
»Na gut.« Folgsam, wenngleich ein wenig enttäuscht, trottete das Mädchen hinaus.
Nachdem Walter Platz genommen hatte, wiederholte Sophie den letzten Satz noch mal und fuhr dann fort: »Keine der operierten Frauen hat mehr Schmerzen beim Urinieren, während ihrer Periode oder beim Geschlechtsverkehr, und viele konnten dadurch ein ganz neues Leben beginnen.«
Ab da führte Walter den Vortrag fort. Er war im Zuge
Weitere Kostenlose Bücher