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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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seiner Recherchen für unser Projekt bei drei Operationen von Dr. Foldès anwesend gewesen und begann zu erzählen, wie diese Eingriffe vonstattengingen. Inab zappelte aufgeregt auf ihrem Stuhl hin und her, sie wollte endlich hören, wie man ihr helfen konnte.
    »Es ist wirklich unglaublich«, begann er zu erzählen. »In nur einer halben Stunde schafft es Doktor Foldès, eine Klitoris wiederherzustellen. Dazu entfernt er zunächst mit einem Laser das vernarbte Gewebe. Durch die Hitze des Laserstrahls fließt dabei kaum Blut. Dann zieht er den Nervenstrang der Klitoris, der bis weit in den Körper reicht, ein Stück heraus und vernäht die Wunde.«
    Inab blickte meinen Manager ungläubig an.
    »Ja, das funktioniert wirklich«, bestätigte er. »In einer längeren Operation kann er sogar die Schamlippen wiederherstellen. Er hat seinen Schwerpunkt jedoch auf die funktionelle Rekonstruktion gelegt.«
    »Und wie lange ist man danach krank?«, wollte Inab wissen.
    Idriss war das Thema sichtlich unangenehm. Peinlich berührt, blickte er zu Boden und wäre sicher am liebsten seiner Tochter gefolgt. So offen wurde in seiner Heimat nie über derlei Dinge gesprochen. Dennoch hielten wir es für wichtig und richtig, ihn damit zu konfrontieren, und hatten uns das vorher reiflich überlegt. Immerhin wollten wir ihn als Mitarbeiter vor Ort in Dschibuti engagieren, da musste er über die Einzelheiten informiert sein. Und zwar über alle.
    Walter warf ihm einen aufmunternden Blick zu, dann beantwortete er Inabs Frage. »Die Frauen können noch am selben Tag wieder nach Hause gehen. Es ist allerdings wichtig, dass sie danach psychologisch betreut werden, sie müssen sich mit jemandem austauschen können. Auch wenn Doktor Foldès die körperlichen Narben beseitigen kann, die seelischen Narben der Frauen bleiben erst mal.«
    Die Achtzehnjährige nickte heftig, schließlich wusste sie nur allzu gut, wovon Walter sprach.
    Sophie setzte sich neben sie und legte einfühlsam den Arm um sie. »Wir sind von dieser Operationsmethode so begeistert, dass wir demnächst ein eigenes Desert Flower Center in Berlin eröffnen werden, um möglichst vielen Mädchen zu helfen. Sie werden dort operiert, aber auch beraten und betreut, wann immer sie möchten.«
    Die Augen der Somalierin strahlten.
    »Du, Inab«, fuhr Sophie leise fort, »wirst das erste Mädchen sein, das in Berlin operiert wird.«
    Damit war die Schulung beendet. Unsere Gäste aus Dschibuti hatten sozusagen im Schnelldurchlauf alles Wichtige über unsere Arbeit erfahren, und man merkte vor allem Idriss an, wie sehr ihm das alles zu schaffen machte.
    Hungrig hatte der Vortrag sie auch gemacht, daher gingen alle gemeinsam zum Asiaten um die Ecke unseres Wiener Büros, um sich zu stärken. Nachdem Safa mehrmals vergeblich versucht hatte, ihr Hühnerfleisch mit Stäbchen in Richtung Mund zu führen, gab sie auf und griff mit den Fingern zu.
    Während sich die anderen über ihre Vorstellung amüsierten, blickte Inab traurig zum Fenster hinaus.
    »Was ist denn los, Inab?«, fragte Sophie besorgt, als sie sah, dass dem Mädchen Tränen über die Wangen liefen.
    »Ich bin traurig«, erwiderte die Achtzehnjährige niedergeschlagen und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. »Ich möchte bei euch bleiben. Ich will nicht zurück nach Dschibuti. Hier ist es so schön! Ich will bei euch im Büro arbeiten.«
    Gespannt wartete nicht nur Inab, sondern auch Idriss auf Sophies Antwort. Würde sie dem Mädchen erlauben, hierzubleiben, obwohl sie ihm den Wunsch abgeschlagen hatte? Er kniff die Augen zusammen und hörte sogar für einen Moment auf zu essen. Die Erleichterung war ihm deutlich anzumerken, als die Antwort auch nicht anders ausfiel als bei ihm.
    »Inab, auch wenn du bald zurück nach Hause fährst, ist das kein Abschied für immer. Du kommst uns bestimmt wieder mal besuchen. Und wenn du erst einmal in Dschibuti für uns arbeitest, wirst du viel sehen und erleben. Außerdem kannst du dann etwas Geld auf die Seite legen und irgendwann auf eigene Kosten in jedes Land der Welt reisen.«
    Inab nickte. Ihr war klar, dass bis dahin noch ein weiter Weg vor ihr lag.
     
    Die letzten Tage, die Idriss, Inab und Safa bei ihren neuen Freunden in Wien verbrachten, vergingen wie im Flug. Sophie und Juliana hatten ein dichtes Programm für die kleine Reisegruppe zusammengestellt, ständig gab es etwas Neues zu entdecken und zu erleben.
    Idriss war von der größten Moschee in Wien, wohin Juliana ihn

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