Safer (S)EX (German Edition)
und Jared hatte rotgesehen. Er hatte seinen Vater geschubst und zu Fall gebracht; sein Kopf war dabei auf dem Marmor des Kamins aufgeschlagen. Nachdem er keinen Puls hatte fühlen können, war Jared in Panik so schnell und so weit aus dem Haus in Colorado Springs davongelaufen, wie er nur konnte.
So war er in Denver gelandet, wo P.J. Morgan ihn aufgegriffen hatte, der einzige Mensch, der ihm vom Anfang an aus vollem Herzen uneingeschränkte Anerkennung geschenkt hatte.
Sich als obdachloser Jugendlicher auf der Straße herumzutreiben war beängstigend und gefährlich. Jared und P.J. lebten von der Hand in den Mund und von einem Tag auf den anderen. Die ganze Zeit über hatte er sich schmutzig, hungrig und so verängstigt gefühlt, dass ihn permanent Bauchschmerzen geplagt hatten. Aber zum ersten Mal in seinem Leben hatte er eine Freundin gehabt, bei der er einfach er selbst sein konnte. Sie mussten Tag für Tag um ihr Überleben kämpfen, aber er hatte nie den Zwang verspürt, P.J. irgendetwas vormachen zu müssen – ein Zustand, der so neu und befreiend gewesen war, dass er inmitten dieses Horrorszenarios tatsächlich Momente des Glücks empfunden hatte. Vor jenem Sommer war es immer notwendig gewesen, eine Maske zu tragen, damit die anderen Menschen nicht erkennen konnten, wer der wahre Jared Hamilton war. Denn das hatte immer nur dazu geführt, dass er beiseitegeschoben oder verlassen wurde, und davon hatte er genug gehabt.
Bis zum heutigen Tag neigte er dazu, allen Menschen außer seiner Familie gegenüber vorsichtig und misstrauisch zu sein. Was früher eine Notwendigkeit gewesen war, geschah heute aus Gewohnheit.
Aber das tat überhaupt nichts zur Sache. Der springende Punkt war, dass, obwohl auch P.J. ihn am Ende verlassen hatte, sie trotzdem sein Leben gerettet hatte. Hätte sie ihm damals nicht beigestanden, dann hätte er nicht überlebt, da war er ganz sicher. Es hatte nicht nur daran gelegen, dass sie länger auf der Straße gelebt hatte als er und sich daher besser auskannte. Sie hatte ihn von ganzem Herzen bewundert und an ihn geglaubt – das hatte ihn am Leben gehalten.
Also würde er sich bei ihr revanchieren und die Sache mit Wild Wind Records klären. Dann konnte sie mit ihrer Karriere weitermachen, und er mit seinem Leben.
Und wenn ihm das letztendlich ein klein wenig langweilig vorkam, dann war es eben so.
P.J. beschleunigte und absolvierte die letzten hundert Meter ihres morgendlichen Dauerlaufs im Sprint. Dann verlangsamte sie zum Gehen und bog auf den Parkplatz des Stadions irgendwo in Kalifornien ab, in dem sie heute Abend auftreten würden. Sie sah Jared, der bequem auf einem Klappstuhl vor dem Tourbus saß.
„Hey“, rief sie, während sie zum Abkühlen von der Vorderseite des Busses bis nach hinten ging und wieder zurück.
„Selber hey“, erwiderte Jared. Während sie immer wieder verstohlen zu ihm hinsah, wie er auf dem mit Stoff bespannten Stuhl saß und an einem erfrischend aussehenden Getränk nippte, zog sie ein kleines Handtuch aus dem Hosenbund und tupfte sich den Schweiß von Stirn, Schläfen und Hals. Sie wusste nicht, wie er das schaffte, aber egal, was er anzog: Er sah immer so aus, als wäre er gerade der Titelseite irgendeines edlen Männermagazins entstiegen. Sie erinnerte sich, dass das auch schon in ihrer Zeit auf der Straße so gewesen war. Selbst als Obdachloser hatte er wie ein nobler Privatschüler ausgesehen – vor allem an den Tagen, an denen sie in diesem Jugendzentrum der Kirche hatten duschen können.
Sie hingegen sah immer irgendwie verschwitzt und zerzaust aus. „Das Laufen war heute Morgen nicht so schön wie sonst“, schimpfte sie in gespielter Wut. „Ohne dein Schnaufen in meinem Nacken.“
Er hob nur eine Augenbraue, griff nach einem zweiten Glas, das neben seinem Stuhl auf dem Boden im Schatten stand und hielt es ihr entgegen. „Limonade?“
Argwöhnisch akzeptierte sie sein Angebot. „Was hast du vor?“
Jared grinste von einem Ohr zum anderen. „Vertrauensvoll wie immer, hm?“
„Ich kenne dich.“
„Ja, das tust du. Deshalb müsstest du eigentlich wissen, dass ich dich niemals absichtlich verletzen würde. Tatsächlich habe ich ein paar Neuigkeiten für dich, die dir sogar guttun werden.“
Aus irgendeinem Grund erfüllte sie das mit Sorge, und sie wechselte das Thema. „Wo, zum Teufel, sind wir hier eigentlich?“
„Wie bitte?“
„In welcher Stadt sind wir gerade?“, fragte sie ungeduldig nach. „Ich weiß, dass wir im
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