Safer (S)EX (German Edition)
Cowboystiefel fest am Boden. Das andere Bein war angewinkelt und der Stiefelabsatz hinter die oberste Stuhlstrebe gehakt, damit er sein Banjo auf dem Knie abstützen und stimmen konnte. Er stand über das Instrument gebeugt, und sein Hut verdeckte das Gesicht bis zur Unterlippe, unter der sein markantes Kinn mit dem Ziegenbärtchen zu sehen war. Dann, als würde er spüren, dass sie ihn beobachtete, blickte er auf.
Zunächst sah er sie völlig ausdruckslos an, als wäre sie eine Fremde, die aus Versehen auf die Bühne geraten war. Dann, ganz allmählich, richtete er sich auf und erhob sich von seinem Hocker. Ohne sich umzudrehen, legte er sein Banjo auf der frei gewordenen Stuhlfläche ab.
„Heiliger Strohsack“, flüsterte er. „Bist du das, Neil?“ Fasziniert starrte er sie an, bis sie bei ihm angekommen war, und ging dann einmal um sie herum. Als er wieder vor ihr stand, musterte er sich noch einmal von oben bis unten, bevor er ihr in die Augen blickte. „Wow!“ Er schüttelte den Kopf, und Nell sah, dass ihm die Röte den Hals hinaufkroch. „Tut mir leid. Ich bin nicht besonders redegewandt.“
„Du nimmst mich auf den Arm“, meinte Neil, während sich wohlige Wärme von ihrem Herzen bis in die äußersten Extremitäten ausbreitete. „Wow ist genau das richtige Wort, um zu beschreiben, wie ich mich heute fühle. Für Redegewandtheit bekommst du von mir glatt den ersten Preis!“
Hank stieß einen leisen Pfiff aus. „Du siehst fantastisch aus. Ich meine, du siehst immer toll aus. Aber heute … irgendwie noch mehr. Mir ist nie aufgefallen, wie …“ Er beschrieb mit den Händen vage ihre Umrisse. „Wie … äh …“
„Wie dick ich bin?“ Ihre Freude ließ ein wenig nach, und zum ersten Mal fühlte sie sich unsicher über ihre Entscheidung, die weite, bequeme Kleidung aufzugeben. „Fett?“
„Sag mal, spinnst du? Kurvig, meine ich … so weiblich … So kurvig. Ich glaube, ich krieg eine Herzattacke.“
Nell musste grinsen. „Ich habe mich für den Superweib-Look entschieden.“ Ein molliges Superweib, aber immerhin…
Hank nickte ernsthaft. „Du hast dein Ziel voll erreicht.“
„Und da behauptest du, du seist nicht redegewandt!“, spöttelte sie und knuffte ihn sanft in den Bauch. Beim Kontakt mit den brettharten Muskeln musste sie wieder an seinen Anblick ohne Hemd denken und wurde rot. Schnell zog sie ihre Hand zurück.
Einer der Begleitmusiker kam dazu und bat Nell bei einem kleinen Disput über die Sitzordnung der Bläser um Rat. Als sie nach der allseits zufriedenstellenden Schlichtung zurückkehrte, waren mittlerweile auch P.J. und Jared eingetroffen. Sie wirkten anders als nach der Taxifahrt, irgendwie gelöster und zufriedener. Doch Nell hatte keine Zeit, diesen Eindruck näher zu ergründen, da in genau diesem Moment endlich Eddie auftauchte. Ihr Herz begann zu rasen.
Er begrüßte, wie gewohnt, zunächst P.J. und machte ihr ein Kompliment zu ihrem glatten Haar.
„Ich genieße es, solange es hält“, erwiderte P.J. „Was bedeutet: bis zur nächsten Haarwäsche. Ich habe einfach nicht die Geduld, einen Föhn so lange festzuhalten, bis alles trocken ist.“
Dann wandte Eddie sich an Nell. „Und du, meine Zuckerschnute? Du strahlst heute ja auch ganz besonders. Hast du abgenommen oder so was?“
Nell dachte, ihr müsste das Herz stehen bleiben. Einen Moment lang starrte sie ihn nur an.
„Du meine Güte, Eddie“, stöhnte Hank. „Was bist du nur für ein erbärmlicher Idiot!“
Oh, mein Gott, war ihr erster klarer Gedanke. Er interessiert sich kein bisschen für mich. Fast zwei Jahre hatte sie damit zugebracht, für Eddie Brashear zu schwärmen – Eddie Brashear mit seinem schmutzigblonden Haar und seinen Schlafzimmeraugen –, und im Gegenzug hatte er ganz offensichtlich keinen einzigen Gedanken an sie verschwendet! Sie hatte ja auch nicht die geringste Ähnlichkeit mit seinen fast noch minderjährigen blonden Flittchen!
„Du bist wirklich ein Idiot“, stimmte P.J. zu. Jared ging zu Neil, legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie von der Bühne.
„Was ist?“, fragte Eddie erstaunt. „Warum seid ihr alle so komisch?“
„Eigentlich bin ich es, die sich wie eine Idiotin vorkommt“, sagte Nell, als sie am Seitenflügel ankamen.
Jared drückte ihr mitfühlend die Schultern. „Das müssen Sie nicht. Hank hat schon recht: Der Kerl ist ein absoluter Schwachkopf.“
Nell blieb stehen und sah zu ihm hoch. „Wissen Sie, wenn ich zurückdenke, ist das
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