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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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umbringen, ehe ich heute aus diesem Bus steige. Das könnt ihr mir glauben. Dort, wo ich gewesen bin, habe ich viel gelernt.«
    »Seht ihr, mein Volk, was ich meine?«, rief der Häuptling lachend. »Mein Sohn, wer an vielen Orten gewesen ist, ist deshalb nicht gleich vernünftig. Wie sagt unser Volk: Würde der das Rennen gewinnen, der die meisten Beine hat, schlüge ein Tausendfüßler den Hund um viele Längen …«
    »Klingt vernünftig, Häuptling!«, stimmten die Flüchtlinge ihm begeistert zu.
    »Recht hat er, völlig recht!«
    »Ewig sollt Ihr leben, o !«
    Häuptling Ukongo gluckste und fächelte gegen den Schweiß an, der sich auf seinem Gesicht bildete. Dann pochte er mit seinem Gehstock auf den Boden und sah sich im Bus um, als wäre es sein Wohnzimmer. »Wie gesagt, mein Volk, mit diesem irren Juju sind wir nicht sicher … Aber da wir in einer Demokratie leben, muss die Mehrheit dafür stimmen, dass wir ihn aus dem Bus jagen. Ihr habt doch gesagt, Oberst, dass Ihr im Ausland die Demokratie gelernt habt, nicht? Okay, dann wollen wir sie mal in die Praxis umsetzen … Schluss mit diesen Streitereien und dem endlosen Gerede.«
    »Aber ich streite mich doch nur mit dem Jungen, der mir meinen Platz genommen hat«, erwiderte der Soldat. »Und er ist bereit, ihn mir zu überlassen …«
    »Ihr habt den Jungen verhext!«, warf der Häuptling ein. »Ich bin sein königlicher Vater und muss ihn beschützen!«
    Da begann der Soldat, die Passagiere aus Leibeskräften anzubrüllen und ihnen von den Rebellen in Liberia zu berichten, von den Kindersoldaten in Sierra Leone. Er schwadronierte, wie erbarmungslos die Kindersoldaten seien und dass er viele von ihnen getötet habe, dass er kein Kind mit einer Waffe in der Hand verschonen würde. Er berichtete, dass er Kokain nehmen musste, um mit dem Tempo des Kokainwahns mithalten zu können, das die Kindersoldaten vorlegten.
    Der Häuptling behauptete, seine Geschichten und seine unbändige Energie seien nur eine Masche, um freie und faire Wahlen zu verhindern. Er sagte, sein Volk würde sich nie wieder von einem Soldaten einschüchtern lassen.
     
    Madame Aniema setzte ihre dicke Brille ab und blickte sich blinzelnd im Bus um, als hätte sie endlich eine Lösung für die Bedrohung durch den Soldaten gefunden. Dann förderte sie jene kleine Wasserflasche zutage, aus der zuvor der kranke Mann getrunken hatte, und verkündete, dass sie Weihwasser enthalte. Sie schlug das Kreuzzeichen, erhob sich hastig und machte sich daran, den Bus mit gesegnetem Wasser zu besprenkeln, um den Zauber des Soldaten zu bannen. Man machte ihrer schlanken Gestalt Platz.
    »Heiliger Josef, Schrecken des Teufels!«, rief sie mit schwacher Stimme.
    »Bitte für uns«, antwortete der Bus.
    »Heiliges Herz Jesu!«
    »Erbarme dich unser.«
    Sie spulte eine Litanei der Heiligen ab, die zu Hilfe eilen sollten, und spritzte behutsam Weihwasser auf den Oberst,
der immer noch stinksauer war und brummte, man habe ihn betrogen. Zuletzt herrschte sie den Teufel an, er solle von ihnen weichen. Allmählich aber beruhigte sich der Soldat und schaute ungläubig zu.
    »Hat die Kirche das Wasser gesegnet«, sagte sie, »dringt der Geist Gottes ins Wasser. Jetzt können wir mit dem Soldaten sogar bis Moskau reisen.« Sie wandte sich an den Oberst: »Suchen Sie sich einen Platz und setzen Sie sich. Sie sind jetzt okay. Und danke für das, was Sie für unser Land gegeben haben.«
    »Dann setze ich mich«, erwiderte der Soldat.
    Die Passagiere dankten ihr überschwänglich; manch einer bat sie sogar um eine Predigt. Monica wünschte sich, sie möge auch ihr Baby besprenkeln, was Madame Aniema tat. Dann wurde sie gefragt, warum sie den Kranken nicht mit Weihwasser bespritzt hatte, und sie antwortete, dass es unnötig gewesen sei, da er die Tabletten mit dem heiligen Wasser eingenommen habe, weshalb es dem Kranken jetzt gut gehe, wo immer er auch sei.
    »Sind ja nicht wie diese nyama-nyama- Kirchen!«, rief einer der Katholiken von hinten.
    »Wir wissen, wie wir mit Satan fertig werden«, sagte ein anderer.
    »Sind schließlich schon seit zweitausend Jahren im Kirchengeschäft!«
    »Oberst«, sagte Madame Aniema, »man wird Ihnen Platz machen!«
    »Du hast da genau das Richtige, Frau!«, unterbrach der Häuptling, sie beglückwünschend, stand auf und lächelte in die Runde wie ein Schuldirektor, dessen Schülerin in einem Rededuell gerade einen Erfolg errungen hatte. »Dein heiliges Wasser ist so mächtig wie das,

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