Sag, dass du eine von ihnen bist
Braffe … nach Braffe!«
» Absolument «, antwortete Fofo.
»Morgen«, sagte Yewa.
»Nein … geht nicht.«
»Mister Big Guy kann uns fahren«, wandte ich ein.
Fofo schüttelte den Kopf. »Ach, non , wollt ihr, dass ich mich schäme, mes enfants ? Wie soll ich nach Braffe, wenn ich's nicht mal hinkriege, mein zokẹkẹ zu fahren? Nein, wir warten. Ich lern es schnell … Und ich hab sowieso grad kein Geld, um nach Braffe zu fahren.«
»Papa und Mama würden sich freuen, uns und die Nanfang zu sehen«, sagte Yewa, stand auf und setzte sich zu mir aufs Bett.
»Opa schüttelt dir bestimmt viele, viele Male die Hand, und Oma tanzt für dich«, sagte ich. »He, lass uns Montag fahren.«
»Montag, Kotchikpa?«, sagte Fofo Kpee ungläubig. »Nee, am Montag, da geh ich als Allererstes zur Schule, Schulgeld zahlen … Schule geht vor Vergnügen, stimmt's, mon peuple ?«
»Stimmt, Fofo«, sagte ich. Als ich meine Schwester ansah, überzog Glück ihr Gesicht, und sie schwatzte pausenlos von unserer Familie im Dorf.
Anderthalb Jahre hatten wir sie nicht mehr gesehen, seit Fofo ins Dorf gekommen war, um uns zu sich zu nehmen. Papa, ein untersetzter, pausbäckiger Mann mit strenger Miene, war bettlägerig und wurde von unserer aufopferungsvollen, tränenreichen Großmutter betreut. Mama, eine Frau wie ein Berg, mit ewigem Lächeln und rastloser Energie, hatte ihre Körperfülle bereits verloren und war so schwach geworden, dass sie nicht mal mehr zum Feld gehen konnte, ohne unterwegs zwei-, dreimal unter den ore -Bäumen am Straßenrand zu rasten. Und niemand, sooft wir auch fragten, wollte uns mehr über die Krankheit unserer Eltern erzählen. Unsere Verwandten flüsterten nur darüber und machten daraus ein großes Familiengeheimnis. Erst durch heimlich belauschte Gespräche habe ich erfahren, dass sie Aids haben, auch wenn ich nicht weiß, was das heißt.
Ehe wir von zu Hause fortgegangen waren, hatten sich un
sere Verwandten im Wohnzimmer unserer Eltern versammelt, und Papa und Mama sagten, wir sollten Fofo Kpee gehorchen und ihnen keine Schande bereiten, indem wir uns in der Grenzstadt undankbar zeigten, in die er uns mitnahm. Sie sagten, von jetzt ab sei Fofo unser Vater und unsere Mutter und ich sollte Yewa ein Beispiel geben und den Namen unserer Familie stets in Ehren halten. Ich versprach, dass ich ein guter Junge sein würde. Fofo sagte, er freue sich, die Kinder seines Bruder in Obhut nehmen zu dürfen, und versicherte, sofern Zeit und Geld es erlaubten, würde er mit uns ins Dorf zurückkehren, damit wir unsere Eltern besuchen konnten und unsere älteren Geschwister, Ezin, Esse und Idossou. Mein Großvater, der sanfte Patriarch unserer großen Familie, betete an diesem Morgen für uns, ehe wir auf der Straße von Glaoué nach Cotonou davonfuhren. Oma schluchzte leise an Papas Seite, der sich weinend mit dem Gesicht zur Wand gedreht hatte. Ich weiß noch, dass unsere Geschwister und jede Menge Verwandte dem Bus nachwinkten, bis wir dann auf dem Weg nach Süden um eine Kurve bogen.
Wenn wir Fofo jetzt nach unseren Eltern fragten, sagte er immer, es ginge ihnen besser. Er behauptete, sie freuten sich darauf, uns zu sehen, und wir würden sie bald besuchen, aber im Moment sei es wichtiger, dass wir uns an unser neues Zuhause gewöhnten und gute Schüler würden. In jener Nanfang-Nacht dachte ich in meiner Aufregung schon daran, was für ein Fest unsere Familie feiern würde, wenn wir auf dem Motorrad ins Dorf fuhren und alle Welt sah, dass einer von ihnen mit was Besserem als einem Raleigh -Rad zurückkam. Ich stellte mir vor, wie wir abstiegen und dass Ezin, Esse und Idossou die Ersten waren, die auf dem Motorrad mitfahren durften. Und ich sah Mama und unsere Tanten, wie sie Töpfe voll mit ob aossin machten, mit Melonensuppe, mit iketi , Maismehl, und mit Bergen von egun , zerstampften Süßkartoffeln; und Papa und seine Brüder würden dafür sorgen, dass es genügend chapalo zum Trinken gab. Ich freute mich schon, all unsere Freunde und Vettern wiederzusehen und ihnen vom prachtvollen Meer und von den vielen Grenzschikanen erzählen zu können. Vielleicht spielten wir sogar eine Runde Fußball mit den zahlreichen Jungen unserer vielköpfigen Familie und noch einer weiteren Familie aus dem Dorf.
Fofo Kpee zog eine Tasche unter seinem Bett hervor, legte sie sich wie ein Baby auf den Schoß und durchwühlte sie, ohne hinzusehen, bis er eine alte, grüne, viereckige Schnapsflasche fand und
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