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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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beibrachte, auf dem Grasstreifen der Kokosnussplantage zu fahren. Vom Haus aus konnten wir sehen, wie er auf dem Motorrad hockte, das Gesicht zweigeteilt von seinem typischen Grinsen. Das Ganze sah wie eine Pantomime aus, da das Meeresrauschen ihn und das Motorrad übertönte. Big Guy hatte sich den rasierten Kopf eingeölt, so dass sich die Sonne darin spiegelte. Beide Männer schienen ihren Spaß zu haben, und am Horizont schleppte ein Schiff auf seinem Weg nach Porto Novo eine schwarze Rauchfahne über den Himmel.
    Am nächsten Sonntag machten wir uns für den Kirchgang bereit. Fofo hatte dem Pfarrer gesagt, wir hätten unser erstes
Familienerntefest, das manch eine besser gestellte Familie jeden Sonntag feierte.
    Bei Morgengrauen wurde Fofo Kpee wach, schob die Nanfang hinters Haus und bockte sie auf unserem Badestein auf. Dann nahm er die Plastikverkleidung so vorsichtig ab, als zöge er Nahtfäden aus einer Wunde, schüttete Omo in einen Eimer Wasser und rührte so lange darin herum, bis das Wasser schäumte. Sacht wusch er dann mit einem Schwamm den Rahmen und schrubbte die Reifen, als sollten sie nie wieder den Boden berühren. Sobald er den Schaum abgespült hatte, polierte er die Nanfang mit dem Handtuch, das wir drei uns teilten. Nachdem wir gebadet hatten, hockte er sich hin, weichte unsere Füße ein und schrubbte sie für diesen großen Tag mit einem neuen kankan . Er hielt den Schwamm wie eine Schuhbürste und bearbeitete unsere Sohlen, bis ihre natürliche Farbe wieder zum Vorschein kam und die Risse verschwanden.
    Später brachte Fofo Kpee uns zur Kirche; er trug seine neue agbada und eine riesige Sonnenbrille, die ihm Ähnlichkeit mit einem Käfer verlieh. Der Wind fuhr ihm unter die agbada und blähte die Robe auf wie missgebildete Flügel. Es war unsere erste Fahrt: Mit Baseballmütze und Blumenkleid kauerte Yewa auf dem Tank und hielt unsere Familienbibel fest umklammert. Ich hockte in Kordhose und grünem T-Shirt eingezwängt zwischen Fofo und zwei Bekannten. Die Frau hinter mir ließ einen kräftigen, kreischenden, roten Hahn an zusammengebundenen Beinen von der Maschine baumeln. Sie war eine große Frau, und ihr mächtiger Kopfputz schwebte über mir wie ein vielfarbiger Sonnenschirm. Der Mann ganz hinten auf dem Sitz trug auf dem Kopf einen Korb mit Ananas, drei Süßkartoffeln, Orangen, einer Tüte amala -Mehl und fünf Rollen Toilettenpapier.
    Am klaren, verlockend blauen Himmel prangte eine triumphale Vormittagssonne, und auf der Straße drängten sich die Kirchgänger. Fofo Kpee raste los, drückte pausenlos auf die
Hupe und ließ immer wieder das Scheinwerferlicht aufblitzen, um uns den Weg frei zu machen. Die Menge teilte sich wie das Rote Meer beim Anblick von Moses' Stab. Manche Leute winkten uns zu, andere jubelten. Mir schwoll die Brust vor Stolz, und Tränen schossen mir in die Augen, die der Fahrtwind bis zu den Ohrläppchen trieb.
    Als wir zur Pfingstkirche Unseres Erlösers kamen, wartete Big Guy schon am Eingang und grinste wie ein Türsteher. Er hatte sich den Bart rasiert und wirkte in Halbschuhen und grauem Anzug noch größer und furchteinflößender als sonst. Aufrecht wie eine der schmalen das Portal zierenden Säulen stand er da. Die Kirche war ein großer, rechteckiger, noch unfertiger Bau. Das neue Dach blitzte in der Sonne, doch gab es noch keine Türen und Fenster, und die Wände waren noch nicht verputzt. Während die Gläubigen hereinkamen und einen Platz in den Bänken suchten, die vorläufig nur aus aufgebockten Planken bestanden, konnte man hören, wie aberhundert Schuhe über das schlurften, was wir den ›deutschen Boden‹ nannten.
    Fofo stellte das Motorrad unter einem Guavenbaum ab, allerdings erst nachdem er den Grund sicherheitshalber mit dem rechten Fuß abgetastet hatte. Dann faltete er eine große Plane auf und deckte die Nanfang ab für den Fall, dass es regnen sollte, so unwahrscheinlich dies auch sein mochte.
    »Ah, mon ami , guten Morgen!«, grüßte Fofo und schüttelte Big Guy die Hand, als wir zum Portal kamen.
    »Hab ich doch gesagt, das lass ich mir nicht entgehen«, sagte Big Guy und zog uns beiseite, fort vom Eingang. »Bloß hab ich geglaubt, du hättest gesagt, du bringst die andern Kinder mit zur Kirche.«
    Fofo Kpee erstarrte. » Wetin? Was für andere Kinder, Big Guy?«
    Big Guy wandte den Blick ab. »Du weißt ganz genau, wetin ich mein, Smiley Kpee.«
    Big Guy war nicht so aufgeregt oder wütend wie an dem Tag, an dem er uns die

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