Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
Vom Netzwerk:
herauszog. Sie war halb voll mit payó . Er schüttelte die Flasche und öffnete sie; für einen Moment vertrieb der beißende Geruch nach selbstgebranntem Gin die Ausdünstungen des neuen Motorrads. Er trank in kleinen Schlückchen; das scharfe Gesöff ließ seine Augen aufblitzen, allerdings funkelte das linke Auge stärker, weil es größer war, und die Narbe sah aus wie eine große Träne, die ihm über die Wange rann.
    » S'il vous plaît «, wimmerte Yewa erneut und glotzte zum Schnaps hinüber. »Ich will heute Nacht bei meiner Nanfang schlafen. Nur heute Nacht.« Wie ein Halbmond ergoss sich das gelbe Lampenlicht über ihr kleines, knochiges, aufwärtsgewandtes Gesicht. Tränen schimmerten auf den erhellten Partien.
    »Du willst doch nur was von dem payó , gib's zu«, sagte Fofo Kpee, aber Yewa tat, als hätte sie ihn nicht gehört. »Mann, Kleine, aus dir wird noch mal eine taffe Businesswoman in Gabun, bist eine verdammt harte Nuss!«
    » Bitte «, sagte Yewa.
    Fofo Kpee gab auf, ließ etwas Gin in den silbernen Flaschenhals fließen und goss ihn dann in ihren Mund. Yewa schluckte, keuchte kurz und schmatzte dann zufrieden mit den Lippen. Danach sagte sie nichts mehr, strich nur sanft über die Speichen des Motorrads, fast, als wären sie die Saiten eines geliebten Musikinstruments.
    »Mach das Zimmer fürs zokẹkẹ fertig, dann geb ich dir noch 'n bisschen«, sagte Fofo. »Ein payó -Kopf wär nicht gut für die Nanfang.«
    Ich ging ins Hinterzimmer, das kleiner als der vordere Raum war, und begann mit dem Aufräumen, um Platz für die Maschine zu machen. Seit dem plötzlichen Wandel in unseren Leben war das Zimmer zur Schatzkammer geworden und hatte sich in letzter Zeit ziemlich gefüllt. Ich hob Päckchen mit Dachnägeln und Dichtungen auf und legte sie zum Stapel gebrauchter Wellblechplatten an der hinteren Wand gleich neben der Tür. In den gegenüberliegenden Ecken des Zimmers standen zwei riesige, schwarze Plastikfässer mit Wasser, die nicht verrückt zu werden brauchten; an der Wand daneben lagen unterm Fenster fünf Säcke mit Dangote -Zement, aus denen feiner, grauer Staub rieselte. Sobald ich anfing, Sachen umzustellen, wurde die Luft stickig. In meiner Nase begann es zu jucken, und ich musste dreimal niesen. Wenn wir das Zimmer ausfegten, wirbelte Staub auf und legte sich wie der Harmattan-Schleier über sämtliche Dinge, auch wenn wir dabei beide Fenster öffneten. Ich machte mich an einem der Fensterriegel zu schaffen, um feuchte Meeresluft hereinzulassen.
    »He, Fenster zu!«, rief Fofo aus dem Wohnzimmer mit vom Gin krächziger Stimme. »Willst wohl den Dieben mein zokẹkẹ zeigen, hä? Hast du 'ne Ahnung, was die Nanfang kostet?«
    »Tut mir leid«, erwiderte ich.
    »Sollte es auch – nuluno! «
    Ich machte mich daran, die Ecke mit dem Geschirr und unseren Lebensmittelvorräten aufzuräumen. Auf einen großen, umgedrehten Holzmörser stellte ich einen Bastkorb mit Tellern und Besteck ab. In der Ecke lehnte der lange schwarze Stößel, dessen Kopf vom Gebrauch weiß und rissig aussah. Dann stapelte ich drei leere Töpfe ineinander und achtete sorgsam darauf, den daran haftenden Ruß nicht zu berühren oder unseren Topf mit egusi- Suppe umzustoßen, die ich für die Nacht
aufgewärmt hatte. Wurde sie jetzt noch mal umgerührt, war sie morgen früh schlecht. Gleich darauf schob Fofo in feierlicher Prozession die Maschine herein, und da stand sie dann mitten im Zimmer wie ein Riese, der alles klein aussehen ließ, wie ein an der Startlinie kniender Athlet.
    In jener Nacht folgte mir das Motorrad ins Land meiner Träume. Suzuki, Honda und Kawasaki schlug ich aus, entschied mich für eine Nanfang und wurde über die Maßen reich. Ich raste damit Kokospalmen hinauf, lernte auf ihren Wedeln zu parken und tankte Kokosmilch statt Benzin. Ich fuhr damit übers Meer und warf hinter mir eine große Heckwelle auf. Ich flog wie in einem Hubschrauber zu fernen Ländern und landete viele Male im Hof meines Vaters in Braffe. Alle meine Klassenkameraden fuhren eine Nanfang, und wie beim Polo spielten wir mit unseren Maschinen Fußball. Ich fuhr meine Nanfang, bis ich alt wurde, das Motorrad selbst aber wurde nicht älter und musste auch nie repariert werden. Am Ende meines Lebens begrub man mich dann auf meiner Maschine, und ich fuhr mit der Nanfang direkt zum Himmelstor, und der heilige Petrus stellte mir gleich einen Passierschein aus.
     
    Vier Tage lang schauten wir Fofo Kpee zu, wie Big Guy ihm

Weitere Kostenlose Bücher