Sag, dass du eine von ihnen bist
Ausland bringen sollte, ließ die goldenen Farbtupfer der Sonne an sich abperlen; auf seine Leinwand warfen die Kokosnussalleen ihr wogendes Gitternetz. Vom Meer blies der Wind seinen milden, endlosen Atem aufs Land.
»Nur die Ruhe, Big Guy, schau mich an, o jare … du machst dir zu viele Sorgen.«
Mit einem Achselzucken erwiderte Big Guy: » Non , von wegen, ich mach mir absolut keine Sorgen. Du solltest dir lieber welche machen …«
Wir merkten Big Guy an, wie enttäuscht er war. Er spannte die Lippen, bis wir das Rot seiner Nasenlöcher sehen konnten, die Glut seiner Wut, die er mühsam zu beherrschen suchte. Wie gesagt, ich war trotzdem nicht verzagt. Ich hatte Fofo in weit schwierigeren Situationen erlebt und wusste, dass er den Mann schon beschwichtigen würde.
»Was ist mit dem Haus?«, fragte Fofo Kpee und deutete mit einer Handbewegung auf unser Heim.
»Was soll damit sein?«, fragte Big Guy, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen, obwohl Fofo ihn dazu aufforderte.
Das Zinkdach war komplett mit Rost bedeckt, in beiden Zimmern fehlte die Decke. Die Wände waren aus Lehm und mit Zementmörtel verputzt; auf der engen Terrasse standen links und rechts der Tür zwei kleine Bänke. Fofo wollte, dass sich Big Guy auf eine davon setzte, falls er nicht ins Haus ging. Die Traufen wurden von Kokosholzstreben gestützt.
»Gefällt's dir?«, fragte Fofo.
»Fürs Business wird's vorläufig reichen«, sagte Big Guy. »Ich muss wieder los.«
»Siehst du? Siehst du?«, sagte Fofo kichernd. »Wenigstens hab ich eins richtig gemacht.«
»Na ja, später bauen wir uns ein neues, ein viel besseres als das da … größer.«
» Ça ira, ça ira … das sehen wir dann.«
Big Guy verzog sich, noch immer mit Enttäuschung im Blick.
»Uns schulden nur Tote Geld, klar?«, sagte er. »Nur Tote.«
»Wird schon niemand sterben, bestimmt nicht … Wie heißt es bei den Annang? Tote stehen einem nicht im Weg, aber kein Killer lebt ewig«, rief Fofo Kpee ihm lachend nach. »Bis morgen dann, à demain . Und dass du ta famille von mir grüßt!«
Als Big Guy verschwunden war, wussten wir nicht, was wir vom Motorrad halten sollten. Stumm standen wir da und starrten es an wie ein lang verlorenes Familienmitglied, das endlich heimgekehrt war. Fofo Kpee blickte in unsere Gesichter, als hätte er uns ein Rätsel aufgegeben und wollte nun sehen, wem als Erstem die Lösung dämmerte.
»Nanfang!«, rief Yewa verblüfft und brach den Bann. » Zokẹkẹ … zokẹkẹ !«
»Wem gehört das?«, keuchte ich.
»Uns, o «, sagte Fofo mit einem leisen Glucksen. » Finalement haben wir ein zokẹkẹ !«
»Wir? Ein Zokẹkẹ ?«, fragte ich.
» Oui o , Kotchikpa, mein Sohn.«
Wie eine Voodoo-Priesterin ihren Schrein umkreist, so begann Yewa, stumm um das Motorrad herumzugehen, die Hände ausgestreckt, doch zu scheu, um es zu berühren. Sie hatte große braune Augen, die in ihrem schmalen Gesicht leuchteten, als verböte ihnen die Maschine, auch nur zu blinzeln. Ihr Haar war kurz wie das eines Jungen; und sie trug nichts als ihre rosafarbene Unterhose, der Bauch war aufgequollen. Sie ging leichtfüßig, Staubsocken reichten ihr bis zu den Knöcheln. Meine Hände begannen zu schwitzen; sie waren schmutzig, da ich hinterm Haus Holz auf das Kochfeuer geschichtet und dafür gesorgt hatte, dass der Topf mit Abakaliki-Reis nicht vom steinernen Dreifuß fiel. Ich hielt meine Finger vom Motorrad ebenso fern wie von meinen Shorts, rieb sie mir nur am Handteller.
»Wir gehören zu dir«, sang Yewa im Flüsterton der Maschine vor. »Du gehörst zu uns, wir gehören zu dir.«
» Yeah , Tochter«, sagte Fofo, der unser Staunen genoss. »Gott hat unsere Treue zu ihm belohnt … Bald sind wir reich, ha, ha!«
Der plötzlich so fröhliche Ton ließ Yewa innehalten. Sie schaute erst zu mir, dann zu Fofo, als fürchtete sie, von uns getäuscht zu werden. Fofo Kpee öffnete das Köfferchen, das er jeden Tag mit zur Grenze nahm, und zeigte uns die Quittung für das Motorrad aus Cotonou. Das war einfach zu viel. Ich fing an zu klatschen, aber Fofo bat mich, damit aufzuhören, da er für die Leute, die der Lärm anziehen könnte, nicht genug zu trinken hatte. Meine Hände verharrten in der Luft, die Innenflächen einander zugewandt wie zwei entgegengesetzte magnetische Pole, meine Lust, zu klatschen, durch Fofos Warnung erstickt. Dann spürte ich das Glück wie eine Woge
in mir aufsteigen, und ich rannte ins Haus, wusch mir die Hände und
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