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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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ein bisschen Wasser drin.«
    »Gott segne Sie, monsieur !«, sagte ich und nahm ihm einen großen, zu einem Viertel mit Wasser gefüllten Plastikeimer ab. Auf dem Deckel lag ein Stoß alter Zeitungen.
    »Geht ordentlich damit um«, sagte er lachend. »Und werft die Zeitungen rein. Morgen leer ich ihn aus.«
    »Ja, monsieur .«
    »Alles wird gut. Ist in Ordnung, wie du dich benimmst, Bursche. Mir egal, ob sie dich verkaufen oder nicht. Hab ja gesagt, mach nur meinen Job.«
    »Danke, monsieur .«
    »Brauchst keine Angst haben. Du hast mehr Mut als dein fofo . Benimm dich anständig, dann behandle ich dich gut, klar? … Wo ist deine Schwester?«
    »Yewa«, rief ich und schaute mich im Dunkeln um. »Sie schläft bestimmt«, log ich.
    »Jetzt schon? Yewa!«, rief er, und seine Stimme hallte im Zimmer wider wie Trompetenschall. »Wo bist du?«
    Stille.
    »Ich hab's doch gesagt. Sie schläft«, sagte ich. »Sie war sehr müde.«
    »Na ja, sorg dafür, dass sie nachher noch was isst«, sagte er unbekümmert. »Ich seh heut Abend wieder nach euch. Und glaub mir, eurem fofo geht's gut.«
    Er drehte sich um, ging hinaus, zog die Tür zum Wohnzimmer hinter sich zu und verriegelte sie. Ein Teil meiner Angst verschwand mit ihm. Ich lauschte auf seine Schritte und hörte das Bett quietschen, als er sich hinlegte.
    Obwohl unsere Lage sich im Laufe einer Nacht von schlimm zu noch viel schlimmer verschlechtert hatte, fand ich den Gedanken tröstlich, ich könnte den Mann glauben machen, dass ich ihn gern hatte. Ich nahm mir vor, ihm für jede noch so kleine Freundlichkeit zu danken und bildete mir ein, ich hätte ein bisschen Einfluss darauf, wie sich die Dinge entwickelten. Wenn wir sehr brav waren, ließ uns der Mann vielleicht ins Wohnzimmer, um nach Fofo zu sehen. Vielleicht durften wir sogar die Fenster öffnen oder doch zumindest die Tür aufmachen. Meine Fantasie begann mit mir durchzugehen, als ich mir all das Gute vorstellte, das passieren mochte, wenn wir nur brav waren. Keinen Moment dachte ich mehr daran, nach Braffe zu fahren. Ich kannte bloß noch den Wunsch, diesen Mann zufriedenzustellen, und den, dass sich Fofo bald erholte.
     
    Als der Mann aus dem Zimmer ging, wünschte ich, Yewa würde aufhören, mir Streiche zu spielen, aber ich hörte nichts, keine Bewegung. Leise flüsterte ich ihren Namen ins Dunkel, erhielt aber keine Antwort. Ich stand da und drehte mich langsam einmal im Kreis, ohne das Geringste sehen zu können. Wie sollte ich da nach ihr suchen, ohne ins Stolpern zu geraten?
    Ich begann, alles in dem kleinen Raum mit Händen und Füßen abzutasten, bis ich mit den Knien an den Mörtel in der Ecke stieß, woraufhin ich beide Arme ausstreckte und langsam in der Hoffnung zusammenführte, Yewa auf diese Weise zu erwischen, doch war sie nicht da, und ich umarmte mich nur selbst. Dann drehte ich den Kopf zur nächsten Ecke, streifte aber mit dem Oberschenkel einen Topf, der ins Wanken geriet. Ich griff danach, klemmte ihn mit der Hüfte fest, biss die Zähne zusammen und war froh, dass er nicht zu Boden krach
te. Auch wenn ich nichts sehen konnte, wusste ich, dass ich mir gerade Hände und Kleider mit Ruß beschmiert hatte. Auf dem Boden fand ich Platz für den Topf und setzte ihn behutsam mit der Unterseite nach oben ab, damit ich nicht aus Versehen hineintrat. »Yewa«, flüsterte ich, »Yewa«, erhielt aber wieder keine Antwort. Erneut ging ich zu den Zementsäcken, auf denen ich vorhin gelegen hatte, aber dort war sie auch nicht.
    Verzweifelt hielt ich inne, setzte mich aufs Bett und hätte am liebsten Yewas Namen zum Himmel hinaufgeschrien. Dann nahm ich die Lebensmittelbehälter und stellte sie ans Fußende, da mir nicht im mindesten nach Essen zumute war. Anschließend krümmte ich mich wie ein Säugling zusammen, vergrub den Kopf in den Kissen und begann, jegliches Zeitgefühl zu verlieren.
    Ich konnte nicht still liegen und vernahm nur Fofos Stöhnen. Dann hörte ich, wie jemand leise durch das Haus schlich. Ich setzte mich auf und lauschte. Die Wache konnte es nicht sein, dafür waren die Schritte zu leicht. Und meine Schwester war es auch nicht, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie sie aus dem Zimmer geflohen sein sollte. Folglich begann ich zu fürchten, dass wir mehr als einen Wachtposten hatten. Die Geschehnisse draußen fesselten mein Interesse allerdings nicht allzu lang. Mir fiel ein, dass ich noch nicht unter dem Bett nachgesehen hatte.
    Langsam erhob ich mich und ging auf Zehenspitzen

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