Sag, dass du eine von ihnen bist
Nanfang«, sagte ich. »Fofo hat FOA oft darauf mitgenommen.«
»Eine gute Maschine«, sagte die Wache, »ist aber grade in der Werkstatt und wird fit gemacht.«
Ich nickte, als wüsste ich nicht, dass Big Guy die Maschine mittlerweile den beiden Totengräbern übergeben haben dürfte.
»Glaubst du, Big Guy erlaubt, dass Fofo Kpee die Nanfang behält?«, fragte ich und senkte abrupt den Blick.
»Klar«, antwortete er, »die zokẹkẹ gehört ihm doch. Warum guckst denn auf den Boden?«
Ich sprang auf und tat überrascht.
»Alles okay? Wetin ist los mit dir?«
»Ich hab was gesehen.«
Ich sprang auf und wich vom Tisch in Richtung Garderobe zurück. Ängstlich zog Yewa die Füße aufs Bett, was meinem Ablenkungsmanöver nur entgegenkam. Am liebsten hätte sie sich an den Mann geklammert, aber der stand auf und sagte, sie solle lieber auf dem Bett bleiben.
»Was gesehen? Was denn?«, fragte die Wache. » Wetin hast gesehen?«
»Eine Ratte«, sagte ich und wich weiter in Richtung Garderobe zurück.
»Deshalb guckst so bedröppelt aufn Boden? Ihr könnt echt von Glück sagen, dass jede Lücke in euerm Gefängnis verputzt ist und die Fenster geschlossen sind. Ich seh jeden Tag Ratten, Mann. Keine Sorge, ich schlag sie tot.«
Ich hatte mich dem Mantel bis auf Armlänge genähert und hielt die Hände hinterm Rücken, als rechnete ich damit, in die Garderobe zu fallen. Meine Finger zuckten nervös. Der Mann hatte einen Schuh ausgezogen, um ihn als Waffe zu benutzen, und ließ den Strahl der Taschenlampe unter das Bett und durch das Zimmer wandern. Dann zog er Fofo Kpees Schuhkarton vor, leerte ihn aus, fand aber nichts. Zentimeter für Zentimeter näherte ich mich der Garderobe. »Sehen Sie auch noch in der andere Ecke nach!«, forderte ich ihn auf. »Hoffentlich sind keine Ratten in unser Zimmer gelaufen.«
Kaum berührte ich den Mantel, fischte ich die Schlüssel aus der Brusttasche und ließ sie in die Tasche meiner Shorts gleiten. In selben Moment drehte sich der Mann um, aber ich tat, als würde ich hinfallen, und riss dabei viele Kleider zu Boden.
»Tut mir leid, monsieur «, sagte ich.
»Tja, ist doch bloß eine Ratte«, sagte er lachend und beendete die Jagd. »Bist du ein Mädchen oder was? Musst doch keine Angst haben! Hast heut Nacht Ärger mit einer Ratte, dann ruf mich, klar?«
»Ja, monsieur «, antworteten wir beide.
In meinem Innersten tobte es vor Freude, und ich begann, mir in Gedanken unsere Flucht auszumalen. Die beste Gelegenheit bot sich mitten in der Nacht, wenn der Wachposten schlief. Ich hatte mir noch nicht den Kopf darüber zerbrochen, wohin wir laufen würden, machte mir deshalb aber keine Sorgen. Erst mal freute ich mich, dass die Freiheit zum Greifen nahe schien. Bis zum entscheidenden Augenblick musste ich jetzt nur noch meine Aufregung zügeln. Wie an dem Tag, an dem Fofo mit uns fortlaufen wollte, fand ich es richtig, Yewa nichts zu sagen, bis es so weit war. Ich durfte kein Risiko eingehen.
Der Wachposten wiederholte mit uns die Lektion über das Verhalten auf hoher See und erklärte noch einmal, warum wir Salzwasser trinken sollten. Wir fühlten uns wohl in seiner Nähe.
Als wir in unseren Raum zurückgebracht wurden, war ich nervös und aufgedreht und grinste pausenlos ins Dunkel. Meine Finger tasteten nach den Schlüsseln, die sich zugleich kühl und warm anfühlten. Sie waren leicht und nur etwa halb so lang wie mein Zeigefinger. Obwohl ich keine Löcher in meiner Hosentasche hatte, fürchtete ich, die Schlüssel im Dunkeln zu verlieren. Immer wieder steckte ich eine Hand in die Tasche, strich über die Schlüssel und lernte ihre genauen Konturen kennen. Yewa plapperte ohne Punkt und Komma über den Wachposten und das Wohnzimmer, als kämen wir gerade von einem Picknick zurück.
Irgendwann wurde ich müde von all der Aufregung und sagte Yewa, ich müsse schlafen. Ich wollte mich ausruhen und auf die nächtliche Flucht vorbereiten. Erst lag ich auf den Schlüsseln, dann drehte ich mich um. Dann steckte ich eine Hand in die Tasche und hielt die Schlüssel umklammert. Zuletzt nahm ich sie aus der Tasche.
Als sich Yewas Atem und der des Mannes beruhigten und die beiden schließlich eingeschlafen waren, stand ich auf und schlich zur Hintertür, doch fiel mir dann ein, dass die Tür quietschte, also wandte ich mich zum Fenster.
Ich kletterte auf die Mörtelsäcke, zog mit fahriger Hand einen Schlüssel aus der Tasche und griff nach dem Vorhängeschloss. Zittrig
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