Sag, dass du eine von ihnen bist
fragte er mit falschem Mitgefühl und musterte unsere Mienen. » Bien dormi? «
»Ja, wir haben gut geschlafen«, antwortete Yewa, den Mund voll mit Süßkartoffeln und Bohnen.
»Was geträumt?«
»Keine Träume«, antwortete sie.
»Du dey zu still, Pascal … Deine Augen dey rot, dein Gesicht dey geschwollen. Nicht geschlafen?«
»Doch, hab ich«, erwiderte ich leise.
»Und du willst kein chop ?« Er trat ans Bett, schob das Kissen beiseite und setzte sich neben mich. Er saß gleich neben dem Messer. »Iss was, abeg , Boy, chop .«
Ich rang mir ein Lächeln ab, goss mir aus dem Krug etwas Salzwasser ein und nippte daran. »Ich esse später, hab noch keinen Appetit.«
» A ma sé nude din wẹ ya? «, fragte der Mann unvermittelt.
Yewa zuckte die Achseln. »Nein, ich habe letzte Nacht nichts gehört.«
»Und du, Big Boy? Guck nicht so traurig, abeg .«
Bei dem Wort Big bekam meine Maske einen Riss, und das Bild von Big Guy tauchte vor meinem inneren Auge auf. Ich wollte der Wache erzählen, ja, ich wisse, dass sie Fofo Kpee umgebracht und letzte Nacht hinterm Haus vergraben hatten. Ich wollte ihm sagen, er solle sich zum Teufel scheren. Ich dachte daran, das Messer zu ziehen und ihn zu erstechen, war mir aber nicht sicher, ob ich ihn wirklich auf der Stelle töten konnte. Und wenn ich ihn nicht mit dem ersten Stoß umbrachte, würde er mich überwältigen.
Ich beschloss, die Idee mit dem Messer aufzugeben und stattdessen an sein Mitgefühl zu appellieren. Vielleicht würde er uns ins Wohnzimmer lassen, wenn ich ihn darum bat. Und wenn wir nebenan waren, könnte ich mir vielleicht die Schlüssel aus Fofos olivgrünem Kordmantel nehmen.
»Nix gehört?«, fragte er noch einmal, da er offensichtlich mein Zögern bemerkte.
»Nein, nichts«, log ich. »Ist was passiert, monsieur ?«
»Ach was, nein, gar nichts. Big Guy hat's letzte Nacht nur ein bisschen wild getrieben.«
»Big Guy?«, rief Yewa.
»Beruhig dich«, sagte der Mann. »Ich wollte ja bloß wissen, ob er euch gestört hat.«
»Bitte, wie geht es Fofo Kpee«, fragte ich mit gesenktem Kopf, um meinen Kummer zu verbergen.
»Macht Fortschritte. Sie behalten ihn aber noch 'ne Weile im Krankenhaus.«
»Wie lange noch?«, fragte ich.
»Er kommt bald raus … Ich hab ihn gestern Abend besucht.«
Yewa hörte auf zu essen, sah ihn an und fragte: »Ehrlich?«
»Er sagt, ich soll vous deux grüßen … und Pascal, für dich hat er mir eine Nachricht aufgetragen.«
»Eine Nachricht? Was denn für eine Nachricht?«
»Dass du Familienoberhaupt bist, so lange, wie er im Krankenhaus ist … Sollst auf die Kleine hier aufpassen.«
Er langte um mich herum und tätschelte meiner Schwester die Schulter.
»Haben Sie ihm seine Kleider gebracht?«, fragte ich und hoffte aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz, dass er im Nebenzimmer nichts angefasst hatte, vor allem nicht den olivgrünen Mantel.
» L'hôpital besorgt den Patienten was zum Anziehen. Da müssen wir nix von hier mitbringen.«
Ich freute mich, dass sich die Dinge zu meinen Gunsten entwickelten. Jetzt kam es darauf an, nicht die Haltung zu verlieren; und ebenso wichtig war es, das Wohlwollen der Wache zu gewinnen. Ich ahnte, dass ich sie jetzt, da Fofo tot war, mit ihren eigenen Waffen schlagen musste. Und ich war mir sicher, dass ich das Recht hatte, ein noch schlimmerer Mensch als Big Guy zu sein.
»Danke für die Nachricht von Fofo Kpee«, sagte ich.
» C'est rien «, antwortete er. »Kpee ist ein guter Kerl … hat sich bloß ein bisschen danebenbenommen.«
»Und dank auch für Essen, Wasser und Toiletteneimer … für alles. Gott hat Sie uns gesandt.«
»Und was ist mit mir?«, fragte Yewa plötzlich mit kleinlauter, jammervoller Stimme.
» Wetin soll mit dir sein?«, fragte der Mann und blickte mich an.
Dann sahen wir beide zu Yewa hinüber und versuchten, sie zu verstehen.
Sie sagte: »Hat Fofo Kpee dir denn keine Nachricht für mich mitgegeben?«
»Nein!«, antwortete der Mann und äffte dabei Yewas Tonfall nach, in dem sie so oft ›nein‹ sagte; dann kicherte er.
Ich zwang mich zu einem gequälten Lächeln.
»Doch, hat er bestimmt«, ließ Yewa nicht locker und nahm einen Schluck Salzwasser.
»Ach, dis-nous , was für eine Nachricht könnte er mir denn für dich mitgegeben haben?«, stichelte die Wache.
»Dass ich Pascal helfen soll … stimmt doch, Pascal, nicht? Ich bin schließlich kein kleines Mädchen mehr.«
»Stimmt, du bist meine Assistentin«, bestätigte
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