Sag, dass du eine von ihnen bist
Satellitenfernsehn mehr!«, verkündete der Polizist.
»Aber das sind unsere Bilder, die sie auf den Satellitenprogrammen zeigen«, warf Madame Aniema ein. »Warum sollten wir dafür bezahlen, dass wir uns selbst und unser Volk am Bildschirm ansehen?«
Der Polizist antwortete: »Weil die Regierung beklagt, dass das Satellitenfernsehen einen falschen Eindruck von den Religionskämpfen gibt.«
»Haben Sie eben nicht gehört«, sagte Ijeoma und wies dabei auf Emeka, »wie dieser Mann da gesagt hat, dass sein Vetter im Fernsehen war? Wir zahlen doch nicht für nix. Haben schließlich schon für diesen Luxusbus geblecht.«
»Regierungsanweisung!«, erwiderte der Polizist.
»Was denn für eine Anweisung?«, fragte Ijeoma und raufte sich verzweifelt den Afro. »Wo haben Sie das denn her? Sitzen Sie nicht hier mit uns im Bus?«
» Amebo , Frau, ist Polizeiarbeit, davon hast du keine Ahnung! Hör auf, uns zu verhören!«
»Bitte, zeigt mir meinen Vetter!«, rief Emeka, und Tränen liefen ihm übers Gesicht. »Bitte, schaltet den Sender wieder ein … Ich will meinen Vetter wiedersehen! Lebt er noch?« Der Polizist sah nicht einmal zu ihm hinüber. »Bitte, nachher gebe ich Ihnen auch, was Sie dafür haben wollen …«
» Nachher? Nachher gibt's bei Satellit nicht«, antwortete der Polizist und beobachtete Emekas Hände wie ein Hund, der darauf lauert, dass ihm sein Herrchen etwas gibt. »Her mit dem Geld, und zwar jetzt … Satelliten- TV , Life Action … E-Kommerz!«
»E-Kommerz?«, fragte Emeka und blickte sich um.
»O ja, E-Kommerz, noch nicht bei euch angekommen? Glaubst du, wir Polizisten kriegen nix mit?«
»Was es auch ist, Bruder, ich bezahl später … ich schwör's!«
»Sehen wir Geld, siehst du deinen Vetter … aber zügig jetzt. Weiße nennen das E-Kommerz.«
»Was denn für Weiße?«, fragte Monica. » Abeg , lass die Weißen raus aus diesem Satellitenkram.«
»Bitte, schrei die Beamten nicht so an«, sagte Emeka zu Monica.
Sie lachte. »Hab ich's nicht gesagt? Jetzt kannst betteln, bis du müde wirst.«
Während Emeka in seinen Taschen nach Geld für die Beamten suchte, meldeten sich auch andere zu Wort und baten Monica, sich nicht an Emeka zu rächen, indem sie die Polizei beleidigte.
»Bitte, zeigt mir meinen Vetter«, sagte Emeka. »Ich weiß, in diesem Kampf würde er Jesus Christus niemals enttäuschen … Ich habe ihn angefleht, mit mir in den Süden zu kommen, aber er hat gesagt, er sei nur in Khamfi zu Hause. Er wurde dort geboren …«
Als der Polizist den Zehn-Naira-Schein sah, den Emeka ihm hinhielt, lachte er und fragte, wann er zuletzt für zehn Naira einen Film gesehen hätte. Aber er habe in Khamfi alles verloren, erwiderte Emeka. Nun, antworteten die Polizisten, dann habe er jetzt eben seinen Vetter auch verloren.
Emeka setzte sich mit einem Gesicht, als habe man ihn aus einer Filmpremiere geworfen. Seine Enttäuschung erfasste den ganzen Bus. Manche weinten, doch wollte niemand der Polizei mehr Geld geben. Am liebsten hätte Jubril Emeka einen Fünfziger zugesteckt, fürchtete aber, eine solch großzügige Geste könnte unnötige Aufmerksamkeit erregen.
Andere beteten laut, dass bald der Tag kommen möge, an dem sie – die talakawas , das elende Volk dieser Erde, der Held dieser schwarzen TV -Komödien – reich genug sein würden, sich die zwingenden Bilder ihres Schmerzes und ihrer Schande ansehen zu können. Das Gemurmel im Bus schwoll an; manche begannen, auf ihren Sitz einzuhämmern. Alle redeten, nur der Häuptling und Jubril blieben stumm. Der Häuptling saß so stocksteif da, wie es die meisten postkolonialen Staatsoberhäupter gern taten. Als Jubril auffiel, dass er der einzige andere Passagier im Bus war, der nicht lauthals die Polizei beschimpfte, schloss er sich dem Protest an, um sich nicht von der Mehrheit zu unterscheiden.
»Ihr Kloleute, ihr macht nur Ärger im Bus!«, schrie einer der Polizisten die Warteschlange der auf den Bildschirm glotzenden, nach hinten vorrückenden Flüchtlinge an.
»Wir machen keinen Ärger, stimmt nicht … biko! «, jammerte einer der Männer und drehte sich mit dem Gesicht zur Toilette um.
»Schnauze! … na du da!«, antwortete der Polizist.
»'tschuldigung«, winselte der Mann. »Okay, gebt uns den Polizeistaat. Wir wollen ja gar keine Demokratie mehr.«
»Ihr seid zu viel für die Warteschlange … ist doch keine Grubenlatrine. Wer jetzt scheißen will, zahlt mir zweihundert!«
Im Bus wurde es still. Die
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