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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Musik laut aufgedreht und haben uns vorgestellt, wir würden über diese berühmte Straße in Südfrankreich fahren – die mit den Klippen und Tunneln, auf der Grace Kelly tödlich verunglückt ist. Noch so eine tragische Prinzessin. Ich bin aufgewachsen mit Märchen, in denen alle glücklich bis ans Ende ihrer Tage lebten, doch im wirklichen Leben sterben Prinzessinnen bei Autounfällen, lassen sich scheiden oder machen Werbung für Diätprodukte.
    Tash hat mal zu mir gesagt, dass die meisten Menschen sich mit dem Zweitbesten zufriedengeben, aber vielleicht hat das einen Grund. Zweiter ist nicht so schlecht. Ich bin Zweite bei den britischen Jugendmeisterschaften geworden. Wenn man Zweite wird, muss man sich nicht ständig umsehen oder sich Sorgen machen, dass die Leute übergroße Erwartungen an einen stellen.
    Ich hatte einen Albtraum, dass George mit Emily zurückgekommen wäre. Er muss sie beobachten. Wie soll er sonst an ihr Foto kommen? Er hat gesagt, er hätte auch Tash beobachtet, bevor er uns entführt hat, doch ich kann mich nicht erinnern, ihn an dem Abend gesehen zu haben.
    Ich taste nach dem Holzspieß des Satés unter meinem Kopfkissen. Den hab ich neulich vom Tisch genommen, als George nicht aufpasst hat. Ich streiche mit dem Finger über den Holzstab und fühle die Spitze. Ich habe eine Waffe.
    Wahrscheinlich kann ich ihn nicht umbringen, es sei denn, ich steche ihm ins Auge oder ins Ohr. Vielleicht könnte ich warten, bis er schläft.
    Ich erinnere mich an den zerbrochenen Schraubenzieher. Tash hatte dieselbe Idee. Deswegen ist sie mit blutigen Schenkeln zurückgekommen und hat sich auf ihrer Pritsche zusammengerollt. Da hat sie die Hoffnung aufgegeben.
    Ich liege auf dem Rücken, starre an die Decke und versuche, meinen Atem zu beruhigen. Schluss mit dem Hungerstreik. Ich brauche meine Kraft, wenn ich entkommen will. Ich werde essen, aber das ist auch alles.
    Ich stehe auf, gehe zum Schrank und nehme eine Dose Baked Beans heraus. Mit dem stumpfen Dosenöffner brauche ich zwanzig Minuten, um den Deckel zu öffnen. Während die Bohnen aufwärmen, nehme ich eine Rolle Klebeband und knibbele das Ende mit dem Fingernagel lose. Vorsichtig wickele ich das Band um den Spieß, sodass nur das spitze Ende herausragt.
    Das Klebeband ist der Griff. Ich halte es in der Faust und mache eine stechende Bewegung. Besonders überzeugend ist das nicht. Ich versuche es noch einmal. Dann denke ich an Tash, die vor Schmerzen zusammengekrümmt auf ihrer Pritsche liegt. Diesmal klappt es schon besser. Ich denke an Mum und Dad und Phoebe und Ben und die kleine Schwester, die sie bekommen haben, um mich zu ersetzen – und steche dabei die ganze Zeit in die Luft.
    Ich gehe die Szene im Kopf immer wieder durch und stelle mir vor, wie ich den Spieß in seinen Rücken ramme. Wie ich ihn durch die Falltür in das Loch stoße und ein sadistisches Schwein nenne, und er überrascht, verletzt und ängstlich zu mir hochschaut.
    Ich habe noch nie jemandem ernsthaft Gewalt angetan, aber für George werde ich eine Ausnahme machen. Ich werde ihm wehtun. Ich werde ihm heimzahlen, was er getan hat.

34
    »Können Sie mir mal was erklären«, sagt Grievous und trommelt einen Rhythmus auf das Lenkrad. »Warum reden die Leute immer darüber, wie schnell ein Wagen von null auf hundert beschleunigt? Ich meine, was ist so großartig an hundert Stundenkilometern? Als ob wir fürchten müssen, dass Außerirdische bei uns landen, die nur neunundneunzig schaffen und die uns das Gehirn aussaugen, wenn wir nicht in unter zehn Sekunden von null auf hundert beschleunigen können.«
    Er macht eine Pause und erwartet eine Antwort.
    »So habe ich noch nie darüber nachgedacht«, sage ich.
    »Raser haben kein Gehirn«, fügt er hinzu. »Die Aliens hätten gar kein Interesse.«
    Der dichte Verkehr kommt zwischen Ampeln und Kreisverkehren nur noch im Schritttempo voran.
    »Wollten Sie schon immer Detective werden?«, frage ich.
    »O nein, Sir, ich bin erst spät dazugekommen«, sagt er, erfreut über die Frage. Er zieht ein zerknittertes Foto aus seiner Innentasche.
    »Das bin ich«, sagt er. »Der Zweite von links.«
    Ich sehe eine Gruppe Teenager in Kampfmontur, die in der Hocke für die Kamera posiert, die Waffe zwischen den Knien.
    »Sie waren Schulkadett?«
    »Ja, Sir.«
    »Warum sind Sie nicht zur Armee gegangen?«
    »Ich habe die medizinische Prüfung nicht bestanden.« Er zeigt auf die Narbe hinter seinem linken Ohr. »Ich hatte einen Tumor.

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