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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Morgenmantel.«
    In dem angrenzenden Bad ist ein Milchglasfenster zerborsten, aber nicht von der Hitze. Jemand hat versucht, es gewaltsam zu öffnen. Die Farbe über den Angeln ist geplatzt. In der Wanne steht kaltes Wasser mit einem Film eingefallenem Schaum. Über der Heizung hängen zwei passende Handtücher. Ein drittes – aus einem anderen Set – liegt in dem geflochtenen Wäschekorb.
    Weiter den Flur hinunter ist Flora Heymans Zimmer. Ihr Kleiderschrank steht offen. Kleider liegen auf dem Bett. Jemand hat sie durchwühlt. Ich werfe einen Blick auf die Größen.
    »Wohnt die Tochter zu Hause?«
    »Sie hat ein möbliertes Zimmer in Oxford«, sagt Drury. »Kommt meistens übers Wochenende nach Hause.«
    »Erzählen Sie mir von dem Verdächtigen.«
    »Augie Shaw, fünfundzwanzig, ein Bursche aus der Gegend. Ist nicht das erste Mal, dass er Ärger hat. Er übernimmt Gelegenheitsjobs in der Gegend – Rasen mähen, Holz hacken, Zäune reparieren und dergleichen. Er hat für die Heymans gearbeitet, seit sie hier eingezogen sind, wurde jedoch vor zwei Wochen gefeuert.«
    »Warum?«
    »Flora sagt, ihr alter Herr hätte Shaw dabei erwischt, wie er im Haus in ihren persönlichen Sachen herumgewühlt hat.«
    »Persönliche Sachen?«
    »In ihrer Unterwäsche.«
    »Wer hat den Brand gemeldet?«
    »Ein freiwilliger Katastrophenhelfer kam an dem Haus vorbei, hat den Rauch bemerkt und die Zentrale alarmiert. Wir haben Augie Shaws Wagen in einer Schneeverwehung am Fuß des Hügels gefunden.
    Etwa eine Stunde später erschien seine Mutter auf dem Polizeirevier von Abingdon und erklärte, Augie hätte uns etwas zu sagen. Er hatte Verbrennungen an den Händen.«
    »Was hat er im Haus gemacht?«
    »Er sagt, er wollte seinen Lohn abholen.«
    »Mitten in dem Schneesturm?«
    »Genau. Shaw sagt, es brannte bereits, als er ankam. Er sei reingegangen und habe versucht, Mrs Heyman zu retten.«
    »Warum hat er keinen Alarm geschlagen?«
    »Er wollte Hilfe holen, doch die Straßen waren so glatt, dass er seinen Wagen in den Graben gesetzt hat. Er ist den restlichen Weg bis Abingdon gelaufen und direkt nach Hause gegangen. Ins Bett. Hat vergessen, es uns zu erzählen.«
    »Er hat es vergessen?«
    »Es wird noch besser. Er hat erklärt, sein Bruder hätte ihm gesagt, er solle nicht zur Polizei gehen.«
    »Wo ist der Bruder?«
    »Er hat keinen. Er tickt, wie gesagt, nicht richtig. Oder er spielt uns was vor.«
    Ich gehe wieder nach unten und folge dem Flur bis zur Terrasse und dem Garten hinter dem Haus, wo stark zurückgeschnittene Rosenbüsche aus dem Schnee ragen. Mein Blick wandert vom Tor zur Scheune und weiter zum Obstgarten, ohne dass ich wüsste, wonach ich suche.
    Mehrmals gehe ich zu dem Zaun und zurück. Ab wann kann man einen Menschen zwischen den Bäumen nicht mehr erkennen? Wie leicht ist es, ein Haus wie dieses zu beobachten, ohne gesehen zu werden?
    Ein Psychologe betrachtet einen Tatort anders als ein Detective. Die Polizei sucht konkrete Indizien und Zeugen. Ich schaue auf das Gesamtbild, markante Orientierungspunkte. So kann zum Beispiel eine Straße eine psychologische Barriere darstellen. Die Leute auf der einen Seite begeben sich vielleicht so gut wie nie auf die andere. Das Gleiche gilt für Gleise und Flüsse. Grenzen bestimmen das Verhalten der Menschen.
    Grievous tritt neben mich in den Garten und klopft den Schnee von seinen Schuhen.
    »Manche Orte bringen einfach Unglück«, sagt er.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hier hat Tash McBain gewohnt.«
    »Wer?«
    »Sie erinnern sich bestimmt«, sagt er. »Sie war eins von den Bingham Girls.«
    Ich krame in meiner Erinnerung und fördere eine halbe Geschichte, eine Schlagzeile und ein Foto von zwei Mädchen im Teenageralter zutage.
    »Ihre Familie hat hier zur Miete gewohnt«, erklärt Grievous. »Aber nachdem sie verschwunden ist, haben sie sich getrennt. Geschieden. Sie haben die Ungewissheit nicht ausgehalten.«
    »Die Mädchen sind nicht wieder aufgetaucht?«
    »Nein. Es ist eins der ungelösten Rätsel, über das die Einheimischen bis heute reden. Ich kann mich auch gut daran erinnern. Es wimmelte von Reportern und Fernsehteams.«
    »Haben Sie damals auch an dem Fall mitgearbeitet?«
    »Nein, da war ich noch uniformierter Polizist – Constable auf Probe.«
    »Was glauben Sie, was mit ihnen geschehen ist?«
    Er zuckt die Achseln. »Im Thames Valley werden jedes Jahr fünftausend Menschen vermisst gemeldet, mehr als die Hälfte davon Jugendliche im Alter von zwölf bis

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