Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
Windschutz des Hügels zu kauern. Die Mauer über einem Fenster ist rußverschmiert, es sieht aus wie Mascara bei einem Teenager im Goth-Look.
Als ich der klaustrophobischen Hitze des Wagens entkomme, spüre ich, wie der Wind an meinen Hosenaufschlägen und meinem Kragen zerrt. Drury führt mich über den Rasen vor dem Haus. Er unterschreibt etwas auf einem Klemmbrett und gibt mir ein Paar OP -Handschuhe.
»Die Opfer sind Patricia Heyman, zweiundvierzig, und William Heyman, fünfundvierzig. Verheiratet, eine Tochter Flora. Sie studiert in Oxford. Mrs Heyman schreibt Kinderbücher, ihr Mann ist freiberuflicher Lektor. Sie haben das Haus vor drei Jahren gekauft. Beide arbeiten zu Hause.«
»Irgendwelche Spuren für ein gewaltsames Eindringen?«
»Die Haustür war aufgestemmt. Gestohlen wurde nichts. Wir haben in einer Schublade neben dem Bett vierhundert Pfund gefunden, und William Heyman hatte sein Portemonnaie in der Hosentasche. Das ist das Problem mit Amateuren.«
»Wie bitte?«
»Sie geraten in Panik und machen Dummheiten. Ein professi oneller Dieb hätte nicht so ein Chaos hinterlassen.«
Der DCI schließt ein Vorhängeschloss auf und zieht eine Sperrholzplatte beiseite. Schnee rieselt vom Dachgesims. Der Eingangsflur sieht weitgehend unberührt aus. Durch eine Doppeltür werfe ich einen Blick ins Wohnzimmer mit einem offenen Kamin in der Ecke und freistehenden Eichenbalken. Das Esszimmer hat eine gewölbte Decke und einen weiteren Kamin, gusseisern und bauchig. Ein feiner Geruch liegt in der Luft, eine Mischung aus Rauch, Butan und Bleichmittel.
Beinahe instinktiv registriere ich die Details: Zeichen eines normalen, alltäglichen Lebens; Tassen im Geschirrständer ne ben dem Spülbecken; Topfkratzer, Gummihandschuhe, Ge müsereste im Komposteimer, eine offene Dose Kakao auf dem Küchentresen. Der Aga-Herd ist kalt.
Drury redet immer noch. »Hier haben wir den Ehemann gefunden, auf dem Bauch liegend. Zwei Schläge auf den Hinterkopf mit einem stumpfen schweren Gegenstand – vielleicht ein Hammer oder eine Axt. Er ist bei dem Versuch zu fliehen über den Boden gerobbt.«
Die Blutspur ist zu einem dunklen Streifen getrocknet.
»Was ist mit seiner Frau?«
»Sie war oben ans Bett gefesselt. Sie lebte noch, als der Täter sie mit Brandbeschleuniger übergossen hat, möglicherweise Feuerzeugbenzin.«
»Das Feuer hat sich nicht ausgebreitet?«
»Es hat das Zimmer beschädigt, ist aber nicht bis an die Decke gelodert.«
Der Geruch von Bleichmittel wird stärker. Hinter einer Tür neben dem Geschirrspüler liegt die Wäschekammer. Gummistiefel stehen aufgereiht – drei Paare für Vater, Mutter und Tochter. In dem Becken weicht ein verschmutztes Kleid.
Im Wohnzimmer stehen zwei Becher auf einem Beistelltisch. Kakao, halb leer getrunken. Ein dritter Becher liegt im Kamin. Auf dem Sims steht eine Flasche Scotch. Offen. Zwanzig Jahre alter Single Malt, ein Tropfen für besondere Anlässe.
An einem Wäscheständer lehnt ein Paar dünner Lederschuhe. Ballerinas, wie Charlie sie trägt.
»Es ist am Donnerstagabend passiert«, fährt der DCI fort, »während des Schneesturms. Die halbe Grafschaft war ohne Strom. Straßen waren gesperrt, Telefonleitungen unterbrochen. Irgendjemand hat mitten in dem Sturm von William Heymans Handy den Notruf angerufen, doch die Zentrale war überlastet, und der Anruf landete in einer Warteschleife.«
»Wie lange?«
»Vier, fünf Minuten. Als die Telefonistin das Gespräch annahm, war der Anrufer nicht mehr dran.«
Drury wirft mir einen bösen Blick zu. »Die Nacht war die reinste Hölle: Dutzende von Unfällen, Leute, die mit ihren Autos stecken geblieben sind. Die M40 sah aus wie ein Parkplatz.«
Er führt mich nach oben. Ich gehe über Laufbretter zum Schlafzimmer, wo mir der widerlich süße Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase steigt, menschliches Fett, ausgelassen und verflüssigt.
Schneeflocken trudeln durch das zerschlagene Fenster und sammeln sich in einer Ecke. Praktisch alle anderen Oberflächen sind mit einer feinen Rußschicht bedeckt. Das Feuer hat sich von der Matratze ausgebreitet. Laken und Decken sind zurückgeschlagen, um die Umrisse eines Körpers auf dem unbeschädigten Stoff zu enthüllen – zwei Arme, zwei Beine, ein Leib, Patricia Heymans Körper hat die Matratze vor den Flammen geschützt.
»Ihre Hände waren über dem Kopf gefesselt«, sagt Drury.
»War sie bekleidet?«
»Spielt das eine Rolle?«
»Ja.«
»Schlafanzug und
Weitere Kostenlose Bücher