Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
Hals. Ich setze mich wieder.
Er isst ein Cremeröllchen. Sein Mund ist voll durchgeweichtem Teig und Marmelade, die er nicht herunterschluckt, bevor er wieder spricht.
»Sehe ich heute irgendwie anders aus?«, fragt er.
»Nein.«
»Du starrst mich an. Warum starrst du mich an?«
»Mache ich gar nicht.«
Er stößt sich vom Tisch ab und erhebt sich. Ich stehe mit ihm auf. Er ist fünfzehn Zentimeter größer als ich und beugt sich über mich.
»Du hast mich angestarrt.«
»Es tut mir leid. Ich mache es nicht noch einmal.«
Seine Wut kommt so plötzlich, als hätte er sie für mich aufgespart und nur darauf gewartet, dass ich einen Fehler mache. Ich habe Angst, doch ich bin auch wütend, weil ich nichts verkehrt gemacht habe.
»Es ist eine schlechte Angewohnheit von mir«, sage ich.
»Vielleicht solltest du sie dir abgewöhnen.«
»Mach ich.«
Ich spüre den Spieß in meinem Rücken. Ich muss es tun, bevor ich mich ausziehe, sonst sieht er ihn.
Seine Miene wird weicher. Er beugt sich vor und küsst mich in die Nähe des Mundes. Er hat immer noch Sahne auf der Oberlippe. Ich muss mich beherrschen, um mich nicht abzuwenden.
Er blickt lächelnd zu der Badewanne. »Bist du so weit?«
»Es ist so kalt«, sage ich. »Ich will nicht baden. Ich bin sauber.« Ich krieche auf das Bett und will nach einem Kissen greifen. »Sie können mich aufwärmen.«
Er lächelt, erfreut über meinen Sinneswandel. Mein Herz pocht wie wild in meiner Brust.
Er setzt sich aufs Bett, streift Schuhe und Socken ab und knöpft sein Hemd auf.
»Ich sollte mir die Zähne putzen«, sage ich, gehe zum Waschbecken und gebe Zahnpasta auf eine Bürste. Ich betrachte mein Gesicht in dem kleinen Stehspiegel. Das ist es, denke ich … jetzt oder nie.
Ich ziehe mich aus, falte meine Kleider ordentlich und schiebe den Spieß zwischen den fadenscheinigen Pullover und die ausgeblichene Jeans, bevor ich sie ans Bett trage. Er hat einen Babydoll-Schlafanzug für mich bereitgelegt, den ich anziehen soll. Darin sehe ich aus, als wäre ich acht!
Ich ziehe das Höschen an, und er schlägt die Decke zurück, bereits nackt und erregt.
Ich lasse mich von ihm küssen. Ich lasse mich von ihm anfassen. Ich lasse ihn auf mir liegen. Mit der rechten Hand habe ich den Spieß ertastet. Ich drücke ihn an die Matratze, wappne mich und warte auf den Moment.
Dann stoße ich ihn heftig in die Seite seiner Brust, in der ich sein Herz vermute. Ich sehe oder spüre nicht, wie ich es tue. Der Spieß bricht ab, und ich habe den provisorischen Griff in der Hand. Das spitze Ende ragt aus seiner Brust.
Er dreht sich stöhnend zur Seite, als wollte er aufstehen. Ich drehe mich weg und renne durchs Zimmer. Er setzt sich auf und hält sich die Wunde. Das Blut scheint ihn zu beleben. Er brüllt.
Ich nehme einen Backstein und werfe ihn mit voller Wucht. Er trifft ihn seitlich am Kopf, als er versucht aufzustehen. Er fällt nach hinten. Der Stein fällt krachend zu Boden. Ich sollte ihn aufheben und noch einmal zuschlagen. Ich weiß nicht, wie man jemanden umbringt. Vielleicht ist er schon tot. Jedenfalls bewegt er sich nicht.
Ich wirbele herum, schnappe meine Kleider, ziehe Jeans, Pullover und die schmutzigen Stoffschuhe über. Ich nehme seine Jacke, die dick und schwer ist. Alles in mir schreit »Lauf«, doch vorher muss ich Tash finden. Sie muss in einem der anderen Zimmer sein. Ich versuche es an allen Türen, rufe ihren Namen, eher flüsternd als schreiend, aber ich kann sie nicht finden. Vielleicht hat er mich angelogen. Ich kann sie nicht zurücklassen. Ich kann nicht bleiben.
Die meisten Räume sind voller alter Maschinen und verrosteter Tonnen. Einige sind abgeschlossen. Er hat bestimmt einen Schlüssel, er hat eine Kette an seiner Hose. Sie liegt auf dem Stuhl. Ich gehe Richtung Bett, doch ich höre ihn stöhnen und schniefen. Er wendet den Kopf. Seine Augen sind offen.
Ich schreie auf, als er versucht, mich zu packen. Er fällt aus dem Bett, bleibt, nach wie vor seine Brust haltend, auf dem Boden liegen und versucht dann aufzustehen.
Ich renne durch die Räume bis zur Außentür. Sie ist abgeschlossen. Ich drehe mich um und nehme die Treppe. Ich spüre, wie das wackelige Metallkonstrukt unter meinem Gewicht zittert, schwankt und droht, aus der Wand zu reißen. Er schleppt sich hinter mir langsam die Treppe hoch. Ich komme zu einer weiteren Tür. Sie ist angelehnt. Ich schließe sie hinter mir und schiebe eine Tonne, Schutt und zuletzt den Riegel vor.
Es ist
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