Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
gegangen, um den Wagen zu holen.
»Wenn Sie Mr und Mrs McBain sehen, richten Sie ihnen mein Beileid aus. Sagen Sie ihnen, dass ich Natasha nicht die Schuld gegeben habe.«
»Was ist mit deinem Vater?«
Er blickt zu der Doppeltür und lächelt traurig. »Seien Sie nicht zu streng mit ihm. Er hat sich bei einem Skydiving-Unfall das Knie ruiniert, und die Armee hat ihn in Pension geschickt. Der Schmerz geht nicht mehr weg.«
»Und deine Mutter?«
»Sie hat uns schon vor Jahren verlassen.«
»Hat sie ihn oder dich verlassen?«
»Macht das einen Unterschied?«
Draußen hupt ein Auto. Theo wartet.
Callum balanciert auf den Rädern und rollt davon, seine Schultern straffen sich wie die eines Boxers, der auf einen Sandsack eindrischt. Er muss wenden, um rückwärts durch die Schwingtür zu rollen.
Die Frau am Empfang ruft ihm auf Wiedersehen zu, und ein Chor anderer Stimmen wünscht ihm viel Glück. Callum winkt grinsend zurück und richtet sich in seinem Rollstuhl gerader auf – ein Mann mit nutzlosen Beinen, der versucht, so tapfer zu sein wie seine Träume.
Nachdem Tash sich die Idee erst mal in den Kopf gesetzt hatte,
ließ sie nicht mehr locker. Abzuhauen war ihr neuestes Projekt. Ihre Augen leuchteten, wenn sie Pläne schmiedete, wie wir in London leben und mit den Promis abhängen würden.
Sie wurde immer aufgeregter und reihte einen Satz an den anderen, die alle mit »und dann« anfingen.
»Und dann suchen wir uns einen Platz zum Wohnen, nicht in einem besetzten Haus, sondern in einer netten Gegend, Fulham vielleicht oder Notting Hill. Und dann besorgen wir uns einen Job. Ich könnte Schauspielerin oder Model werden. Ich hab nichts dagegen, mich auszuziehen. Nur die obere Hälfte wie Katie Price, weißt du. Nacktmodel. Das machen viele Mädchen und verdienen haufenweise Geld.«
»Ich glaube, dafür muss man achtzehn sein«, sagte ich.
»Ich sehe aus wie achtzehn. Ich hab einen gefälschten Ausweis.«
»Einige dieser Fotografen können echte Schmierlappen sein.«
»Du kommst mit. Wir passen gegenseitig auf uns auf.«
»Werden sie uns nicht suchen, wenn sie dich auf Seite drei der Sun sehen?«
»Bis dahin haben sie es bestimmt aufgegeben. Außerdem kann man sich von seinen Eltern scheiden lassen, wusstest du das? Man nimmt sich einen Anwalt, und er geht vor Gericht und fragt einen Richter.
Und dann werden wir in all die coolen Clubs eingeladen. Wir dürfen direkt zum Eingang vorgehen, ohne Schlange zu stehen. Und dann kaufen wir uns eine eigene Wohnung. Ich krieg ein rundes Bett und automatische Jalousien und bin befreundet mit David Beckham und David Tennant und diesem Typen von den Artic Monkeys, dessen Namen ich mir nicht merken kann.«
Tash war erst ein paarmal in London gewesen, doch sie klang immer wie eine Expertin. Sie wusste genau, wo sie wohnen wollte, wie viel es kosten würde und wo alle Promis lebten. Katie Price kannte sie noch besser als alle anderen, weil sie alle ihre Bücher und die Zeitschriftenartikel über sie gelesen hatte.
Unsere Englischlehrerin Miss McCrudden sagte, wenn Tash ihre Schulbücher so fleißig studieren würde wie ihre Zeitschriften, könnte sie ein Genie sein. Dabei bekam Tash sowieso überall glatte Einsen, sodass sich eigentlich niemand beschweren konnte. Ich war diejenige, die dümmer war als ein Meter Feldweg.
Lady Adolf war nur so nett zu mir, weil Daddy der Schule für den Bau einer neuen Aula einen günstigen Kredit bei seiner Bank organisiert hatte. Wir hatten Spitznamen für jeden an der Schule. Den Physiklehrer Mr Fielding nannten wir Mr Bean, weil er einen seltsamen Überbiss hatte und einen Mini fuhr. Miss Kane, die Sportlehrerin, hieß Miss Trunchbull, weil sie früher Speerwerferin war. (Wenn ihr Matilda nicht gelesen habt, wisst ihr nicht, was das bedeutet.)
Jeder in der Schule wusste, dass Miss Trunchbull eine Affäre mit Mr Bean hatte. Wir beobachteten, wie sie auf dem Schulhof miteinander flirteten, und Tash hat sogar mal mitgekriegt, wie sie sich in einer Nische in der Nähe der Aula küssten. Daraufhin kam sie auf den schlauen Plan, einen Digitalrekorder auf die Fensterbank der Lehrerumkleide in der Turnhalle zu stellen. Es war Mitte Juli, und das Fenster war offen.
Auf der Aufnahme konnte man sofort hören, was sie machten. Mr Bean stöhnte »Oh, oh, oh«, und Miss Trunchbull schrie so laut, dass man nicht wusste, ob sie gevögelt oder gefoltert wurde.
Das hätte das Ende der Sache sein können – ein Spaß, bei dem niemand zu
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